Zusammenfassung
Thomas Würtz lotet in seinem Aufsatz aus, inwiefern sich in der Entwicklung von Koraninterpretationen der gesellschaftliche Wandel spiegelt. Denn anders als eine gängige, verkürzende Darstellung des Islam glauben macht, ist auch der Koran durchaus Gegenstand intensiver Auslegungsbemühungen. Würtz greift aus dem Lauf der Jahrhunderte verschiedene Beispiele heraus, um zu zeigen, wie sich diese Interpretationen im Lichte anderer gesellschaftlicher Relevanzstrukturen verändern und gegenwärtig auch (wenngleich nicht notwendig in einem positiven Sinne) demokratisieren. Unter anderem kommen dabei Interpretationen eines Koranverses zur Sprache, der sich seinerseits mit Veränderung menschlicher Gesellschaften befasst, was dem Beitrag eine interessante reflexive Perspektive verleiht.
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Hinzugefügt werden sollte allenfalls, dass einzelne Verse wie der prominente Thronvers (Q 2, 255) oder rituell besonders wichtige Suren wie die Eröffnungssure (Q 1 – al-Fātiḥa) oder Yā sīn (Q 36) sowie der letzte Teil des Korans ab Sure 78, der für die Gebetspraxis eine besondere Rolle spielt, schon lange Gegenstand von Teilkommentaren waren (Görke 2014, S. 366).
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Dabei spricht er von „Islamic societies“, wobei auch für den englischen Begriff gilt, dass er sich wohl erst später zu dem abstrakten Begriff entwickelt hat (Schwietring 2011, S. 20), geht aber davon aus, dass das Phänomen abstrakter menschlicher Beziehungen und einer umfassenden Sozialordnung schon vor der Schaffung des Begriff existierte.
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Jules Janssens vermisst bei Calders Aufzählung themenspezifscher Herangehensweisen (s. o.) die philosophische Interpretation (Janssens 2007, S. 2) ganz explizit. Die Auslassung bei der Definition des Genre tafsīr, die auf ihre mangelnde Vollständigkeit und ihren weit weniger ausgeprägten Bezug auf die früheren Autoritäten der Exegese gerechtfertigt sein kann, braucht aber nicht dazu zu führen, die philosophische Exegese für die Verse, an denen sie vorliegt, nicht zu berücksichtigen und wird auch hier im Folgenden eine Rolle spielen.
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Saleh (2004, S. 16) verwirft die Einteilung ebenfalls und erläutert dies damit, dass die Tradition, die einer eigenen Meinung folgt, dabei als „capricious“ abgetan worden sei, was sicher eine damals weit verbreitete Kritik an diesem Konzept wiedergibt, aber eben nicht vorgibt, wie zeitgenössische Leser der Kommentare Interpreten sehen müssen, die eine wohl begründete Meinung abgeben. Die Exegese, die sich darauf stützt, sollte heute auch so bezeichnet werden können, ohne dies zum alleinigen Maßstab der Kategorisierung zu machen.
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Koranzitate folgen alle der Übersetzung von Hartmut Bobzin (2010).
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Hier und bei folgenden Zitaten aus fremdsprachigen Quellen: Eigene Übersetzung.
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Dass der deutsche Übersetzer Hartmut Bobzin hat hier das Pronomen „sie“ kursiv gesetzt und damit wohl betonen wollen, dass es sich um eine wichtige Stelle handelt, da die Menschen selbst zur Verantwortung gerufen werden.
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Man hat ʿAbduh vorgeworfen, er ermächtige den Menschen selbst Schöpfer seiner Taten zu werden, doch ʿAbduh entgegnete, man müsse eigene Kraft und Freiheit des Menschen innerhalb der Regeln, die Gott durch Ursache und Wirkung gesetzt habe, denken, so bleibe Gott alleiniger Schöpfer. Er verwendet auch schon den modernen Begriff Willensfreiheit: istiqlāl al-insān bi-irādatihi. Man kann davon ausgehen, dass Riḍā hier in der Kommentierung ähnlich gedacht hat.
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Würtz, T. (2017). Koranexegese und gesellschaftlicher Wandel. In: Hidalgo, O., Zapf, H., Hildmann, P. (eds) Christentum und Islam als politische Religionen. Politik und Religion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13963-6_14
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