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Part of the book series: Europa – Politik – Gesellschaft ((EPG))

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Zusammenfassung

Im Mittelpunkt des Kapitels steht eine Rekonstruktion der Erinnerungen der Bürger in Deutschland auf der Grundlage der dort durchgeführten Interviews. Wir beschreiben zuerst, welche historischen Ereignisse von den Bürgern auf die offen gestellte Frage nach bedeutsamen historischen Ereignissen genannt, welche dieser Ereignisse als besonders wichtig angesehen und wie diese räumlich gerahmt und gedeutet werden. Schließlich rekonstruieren wir die strukturierenden Motive, die den Deutungen zugrunde liegen. Unser zentrales Erkenntnisinteresse gilt der Frage, in welchem Verhältnis nationale und transnationale Bezüge in den Erinnerungen der Bürger zueinander stehen. Drei Ereigniskomplexe werden in den deutschen Gruppen ausführlicher diskutiert: der Mauerfall und das Ende der deutschen Teilung, der Nationalsozialismus bzw. der heutige Umgang mit der NS-Zeit sowie die Terroranschläge vom 11. September 2001. Den Mauerfall deuten die Teilnehmer fast ausschließlich national als Ende der deutschen Teilung. Weder nehmen sie auf die Transformationsprozesse in anderen osteuropäischen Staaten Bezug, noch findet eine globale Rahmung statt, z. B. indem der Mauerfall als Ende des Kalten Krieges gedeutet wird. Auch der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg erfahren eine überwiegend nationale Rahmung. Im Mittelpunkt der Diskussion steht der heutige Umgang mit dem Nationalsozialismus und das Empfinden, dass er die nationale Identität beschädigt habe. Weniger bedeutsam für die Teilnehmer ist der dritte Ereigniskomplex, die Terroranschläge vom 11. September 2001.

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Notes

  1. 1.

    Wir werden im Verlauf unserer Interpretation des Interviewmaterials an manchen Stellen auch auf andere qualitative Studien verweisen, die kollektive Erinnerungen in Deutschland analysiert haben, uns dabei aber auf diejenigen Arbeiten konzentrieren, die thematisch ähnlich gelagert sind (vgl. u. a. Sebald et al. 2011; Meyen 2013; Breuer 2015).

  2. 2.

    Dies bedeutet, dass die Teilnehmer z. B. die Wende 1989/1990 höchstens als Teenager miterlebt haben können.

  3. 3.

    Damit sind in der Regel Mitglieder der deutschen Mehrheitsgesellschaft gemeint, die während des Nationalsozialismus keiner spezifischen Verfolgung aufgrund rassistischer oder antisemitischer Zuschreibungen oder ihrer politischen Haltung etc. ausgesetzt waren.

  4. 4.

    Ähnliche Unterschiede zwischen öffentlicher und kommunikativer Erinnerung an die DDR stellt auch Meyen (2013) fest.

  5. 5.

    Dies markiert einen wichtigen Unterschied zur offiziellen Erinnerung an die DDR, in der sowohl die Überwachung durch die DDR-Staatssicherheit als auch die Rolle der demokratischen Opposition während der Wende 1989/1990 eine tragende Rolle spielen. Da die Teilnehmer nur selten Akteure benennen, ist allerdings schwer zu sagen, ob diese Aspekte für sie nicht relevant sind oder ob sie sie aufgrund ihrer Omnipräsenz in der öffentlichen Erinnerung mehr oder weniger stillschweigend als bekannt voraussetzen.

  6. 6.

    Sämtliche Namen von Teilnehmern sind Pseudonyme. Zitate aus den Transkripten werden durch ein Sigel angezeigt (z. B. D2,  S. 8). Dieses gibt die Gruppe (D2) und die entsprechende Seite des Transkripts (8) an.

  7. 7.

    Sämtliche Teilnehmer sind zwischen 26 und 39 Jahre alt, haben die Wende 1989 also höchstens als Kinder oder Jugendliche persönlich miterlebt.

  8. 8.

    Die Formulierung „Mauer in den Köpfen“ war in den 1990er Jahren (aber auch danach) in Deutschland ein geflügeltes Wort und gehörte zu den häufigsten Metaphern zur Beschreibung des langwierigen Prozesses der Angleichung der Lebensverhältnisse in den alten und neuen Bundesländern (vgl. Studentische AG 50 Jahre BRD et al. 2000, S. 147 ff.).

  9. 9.

    Dabei handelt es sich nicht etwa um Entschädigungszahlungen, sondern um Rentenbezüge für geleistete Arbeit. Diese werden erst seit den späten 1990er Jahren gezahlt. 2002 wurde vom Bundestag das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto verabschiedet (vgl. Lehnstaedt 2011).

  10. 10.

    Monika Schwarz-Friesel (2015, S. 18) weist darauf hin, dass bereits die Verwendung der Bezeichnungen „Deutsche“ und „Juden“ als sich gegenseitig ausschließende Kategorien einen antisemitischen Sinngehalt hat, da sie impliziert, dass Juden nicht Deutsche sein können und umgekehrt.

  11. 11.

    Hier ist eine Gruppe dem Belastungs- und eine dem Lern-Paradigma zuzuordnen. Allerdings spielt der Unterschied zwischen diesen beiden Paradigmen bei der Deutung der Terroranschläge vom 11. September 2001 keine entscheidende Rolle.

  12. 12.

    Als Reaktion auf die Anschläge von 11.09.2001 intervenierte im Oktober 2001 eine von den USA geführte Koalition in Afghanistan. Neben dem Sturz der Taliban-Regierung war das Ziel eine Bekämpfung der Terrororganisation al-Qaida, die Verantwortlichen der Anschläge. Der Kriegseinsatz führte zu einer bis heute andauernden militärischen Präsenz zahlreicher NATO-Staaten in Afghanistan. Als Irakkrieg (genauer gesagt als zweiter Irakkrieg) wird die militärische Intervention einer ebenfalls von den USA geführten Koalition der Willigen bezeichnet, die mit Bombardierungen des Irak im März 2003 begann und nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein im Mai 2003 offiziell für beendet erklärt wurde. Bis 2011 waren die USA mit Truppen im Irak präsent.

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© 2017 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Gerhards, J., Breuer, L., Delius, A. (2017). Erinnerungen der Bürger in Deutschland. In: Kollektive Erinnerungen der europäischen Bürger im Kontext von Transnationalisierungsprozessen. Europa – Politik – Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13402-0_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-13402-0_2

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-13401-3

  • Online ISBN: 978-3-658-13402-0

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

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