Skip to main content

Opernkritiker – geheime Verführer oder entfremdete Elite? Eine Inhalts- und Wirkungsanalyse von Opernrezensionen

  • Chapter
  • First Online:
Oper, Publikum und Gesellschaft
  • 1845 Accesses

Zusammenfassung

Das Verhältnis zwischen Künstlern und Kulturjournalisten ist seit jeher schwierig. Kunstschaffende beklagen, dass Kritiker ihr Werk nicht verstehen, nicht angemessen würdigen oder unfair beurteilen und damit den Publikumserfolg ihrer Arbeit maßgeblich beeinflussen. Das gilt auch für Opernhäuser. Der Beitrag geht diesen Vermutungen am Beispiel der Bayerischen Staatsoper in München mittels einer Methodenkombination nach. Zunächst wurden alle Opernkritiken zu dortigen Neuproduktionen der Jahre 1995 bis 2004 mit einer systematisch-quantitativen Inhaltsanalyse erfasst. Die Auswertung der knapp 3000 Artikel aus 255 Medien zeigt, dass Kritiker tatsächlich sehr unterschiedlich urteilen und sich dabei am stärksten auf die Inszenierung und die musikalische Leistung der Sänger beziehen. Eine Befragung unter Opernbesuchern in München sowie einige andere Besucherbefragungen liefern zur Bedeutung von Kritiken für das Publikum ein gemischtes Bild: Zwar lesen viele Besucher vorher oder nachher Rezensionen, lassen sich davon aber nicht sehr stark beeinflussen. Die Vorbereitung eines Opernabends mit Hilfe eines Opernführers ist bei jüngeren Opernbesuchern ein Auslaufmodell. Ob Kritiken den Publikumserfolg einer Oper beeinflussen, lässt sich nicht sicher sagen. Dennoch bringt die Analyse zum Zusammenhang zwischen den Rezensionen unterschiedlicher Medien und den Sitzplatzauslastungen der besprochenen Inszenierungen einige bemerkenswerte Resultate.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 74.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Einige Anforderungen wie die Unterhaltungsfunktion bzw. das ‚sinnliche Erlebnis‘ lassen sich leider nicht intersubjektiv (=möglichst objektiv) messen, weil diese bei jedem Leser anders ausfallen können.

  2. 2.

    Folgende Stücke fehlten im Presseclipping der Oper: Macht Masse Mensch, Das Schloß, Marco Polo, Macbeth, Helle Nächte, Elektra, Das Rheingold, Die Meistersinger von Nürnberg.

  3. 3.

    Das ist statistisch eigentlich unzulässig, erlaubt aber in diesem Fall eine einfachere Darstellung. Auch die berechneten Signifikanztests sind streng genommen unnötig, weil stichprobentheoretisch eine Vollerhebung aller Kritiken der ausgewählten Operninszenierungen vorliegt. Dennoch geben die Varianztests einen Hinweis auf die Relevanz der gezeigten Gruppenunterschiede.

  4. 4.

    Der auf den ersten Blick irritierende negative Zusammenhang zwischen der Bewertung des Orchesters und der Gesamtbewertung bei überregionalen Zeitungen ist nicht signifikant und damit wahrscheinlich zufällig zustande gekommen.

  5. 5.

    An den Abenden wurden folgende Opern gespielt: Roberto Devereux, Fidelio, Falstaff, Norma, Moses und Aron, La forza del destino, Rinaldo, Giulio Cesare in Egitto und Tristan und Isolde.

  6. 6.

    Wir beziehen uns mit dieser Einschätzung auf drei Opernbesucher-Befragungen, die wir zwischen 2009 und 2011 in München, Dresden und Zürich durchgeführt haben.

  7. 7.

    r2 korr. = 0,25; Bekanntheit des Komponisten: beta = 0,26; prominenter Dirigent: beta = 0,21; Tage nach Premiere: beta = −0,23; Opernkanon: beta = 0,15; alle p < 0,001.

  8. 8.

    Datenanalytisch wurde hier wieder eine multiple Regression berechnet mit den sieben Kontrollfaktoren für jeden Abend und der metrischen Variable Durchschnittsbewertung, die operationalisiert wurde als der Anteil der Pressebeiträge mit positiver Gesamtbewertung an allen erschienenen Artikeln, mithin als metrischer Wert zwischen 0 und 1.

  9. 9.

    Hinweise zur Berechnung: Für jedes Medium wurde eine separate multiple Regressionsanalyse durchgeführt. Zu erklärende Variable war die Sitzplatzauslastung der BSO an allen Abenden, an denen ein Stück gespielt wurde, über das das Medium berichtet hatte. Als Erklärvariablen fungierten im ersten Schritt: 1) Anzahl Tage nach Premiere, 2) Wochentag (Freitag/Samstag vs. alle anderen Tage), 3) Stück im Kanon deutschsprachiger Opernhäuser (ja/nein), 4) Stück eines der 15 bestbesuchten Stücke (ja/nein), 5) Komponist bekannt (ja/nein), 6) Dirigent prominent (ja/nein) und 7) mindestens ein prominenter Sänger (ja/nein). Im zweiten Schritt kam als eigentliche Erklärvariable die durchschnittliche Gesamtbewertung eines Stückes in dem jeweiligen Medium hinzu.

Literatur

  • Diez, G. (2005). Theater. In E. Schalkowski (Hrsg.), Rezension und Kritik (S. 295–306). Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Hettinger, H., & Kramp, L. (2013). Kultur. Basiswissen für die Medienpraxis. Köln: Halem.

    Google Scholar 

  • Lorenz, D. (2009). Journalismus (2. Aufl.) Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler.

    Google Scholar 

  • Porombka, S. (2006). Kritiken schreiben: Ein Trainingsbuch. Konstanz: UVK/UTB.

    Google Scholar 

  • Reuband, K.-H. (2005). Moderne Opernregie als Ärgernis? Eine Fallstudie über ästhetische Bedürfnisse von Zuschauern und Paradoxien in der Bewertung “moderner” Inszenierungen. In Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.), Jahrbuch für Kulturpolitik 2005: Thema Kulturpublikum (S. 251–267). Essen: Klartext.

    Google Scholar 

  • Reus, G., & Harden, L. (2005). Politische “Kultur”. Eine Längsschnittanalyse des Zeitungsfeuilletons von 1983 bis 2003. Publizistik, 50(2), 153–172.

    Article  Google Scholar 

  • Schalkowski, E. (2005). Rezension und Kritik. Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Schönbach, K. (1977). Trennung von Nachricht und Meinung. Empirische Untersuchung eines journalistischen Qualitätskriteriums. Freiburg: Alber.

    Google Scholar 

  • Tsalikoglou, N. (2002). Journalistische Qualität von Theaterkritiken, Die Bewertung der Qualität von Theaterkritiken in deutschsprachigen Tageszeitungen am Beispiel der Inszenierungen „Die Fledermaus“ bei den Salzburger Festspielen und „Maria Stuart“ am Wiener Burgtheater. Unveröffentlichte Diplomarbeit an der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der Universität Wien.

    Google Scholar 

  • Tsalikoglou, N. (2004). Qualität im Kulturjournalismus. Fachjournalist, 4(13), 10–12.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Wolfgang Schweiger .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2018 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

About this chapter

Cite this chapter

Schweiger, W. (2018). Opernkritiker – geheime Verführer oder entfremdete Elite? Eine Inhalts- und Wirkungsanalyse von Opernrezensionen. In: Reuband, KH. (eds) Oper, Publikum und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12926-2_8

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-12926-2_8

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-12925-5

  • Online ISBN: 978-3-658-12926-2

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics