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Bedingungsfaktoren des „radikalen“ Islamismus: Welche Rolle spielen Formen der Religiosität und gesellschaftspolitische Einstellungen?

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Muslimische Milieus im Wandel?

Zusammenfassung

Während religiöse Verhaltensweisen und die religiöse Selbsteinschätzung von MuslimInnen (oftmals im Vergleich zu den europäischen Mehrheitsbevölkerungen) in den letzten Jahren häufig erhoben wurden, sind Untersuchungen über verschiedene Muster islamischer religiöser Identität und ihrer politisch-ideologischen Konsequenzen bisher kaum vorhanden. Dieses Kapitel analysiert, ob es einen Zusammenhang zwischen muslimischer Religiosität und gesellschaftlich-politischen Einstellungen gibt und unter welchen Bedingungen sich radikale Einstellungsmuster bei MuslimInnen der ersten und zweiten Generation in Österreich manifestieren. Empirisch wird dazu das Ausmaß zur Neigung von islamisch begründeter Gewaltakzeptanz im Kontext religiöser Dimensionen analysiert, anschließend wird die Beziehung zwischen Religiosität und gesellschaftlich-politischer Ideologie untersucht.

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Notes

  1. 1.

    Dieser wird in der ländervergleichenden Untersuchung (SCIICS-Studie: Six Country Immigrant Integration Comparative Survey) mit den folgenden Statements gemessen: „Christen/Muslime sollen zu den Wurzeln des Christentums/Islam zurückkehren“; „Es gibt nur eine Auslegung der Bibel/des Korans und alle Christen/Muslime müssen sich daran halten“; „Die Regeln der Bibel/des Korans sind mir wichtiger als die Gesetze von… (des jeweiligen Landes)“. Zustimmung zu allen drei Aussagen fanden sich bei 45 Prozent der MuslimInnen der sechs Länder; den einzelnen Aussagen stimmten zwischen 13 Prozent und 21 Prozent ChristInnen Aussagen zu, knapp 4 Prozent stimmten allen drei Aussagen zu (Koopmans 2013, S. 22 f.)

  2. 2.

    Die Abgrenzung religiöser Gebote (mit ihrem stark symbolischen Charakter, wie Rituale, Speise- und Bekleidungsvorschriften) gegenüber einem „fundamentalistischen“ Religionsverständnis definieren auch Untersuchungen zum evangelikalen Protestantismus in den USA in dem Anspruch, eine „wörtliche“ Auslegung des heiligen Textes zu sein (Woodberry and Smith 1998, Bartkowski 2001). Darin seien die Regeln der Lebensführung und die Sanktionen festgelegt, die als unabänderlich gelten.

  3. 3.

    Chi-Square Automatic Interaction Detectors (“exhausted chaid”); es werden die signifikanten Zusammenhänge geprüft und gezeigt, wo der höchste Wert ist.

  4. 4.

    „Gewaltakzeptanz“ (bzw. islamische Radikalität, 2 Items: ‚Strafe gemäß Scharia‘, ‚Gewalt ist gerechtfertigt‘): Cronbach Alpha = 0,86 (Eltern-Generation) bzw. 0,80 (Kind-Generation).Wurde eine Frage im unterstützenden Bereich beantwortet, die andere aber eher oder ganz abgelehnt, fällt sie in den „mittleren“ Bereich, wurden beide Fragen im negativen Bereich beantwortet, steht dies für Ablehnung einer radikalen Einstellung.

  5. 5.

    Die Dimensionen wurden auf Basis konfirmatorischer Faktorenanalysen geprüft und zu Skalen zusammengefasst: „Orthodoxie“ (3 Items): Cronbach Alpha = 0,70 (Eltern-Generation) bzw. 0,77 (Kind-Generation); „Islamische Gesetze“ (5 Items): Cronbach Alpha = 0,68 (Eltern-Generation) bzw. 0,75 (Kind-Generation); „Transzendenz“ (5 Items): Cronbach Alpha = 0,87 (Eltern-Generation) bzw. 0,88 (Kind-Generation).

  6. 6.

    81 Prozent der ex-jugoslawischen, hauptsächlich aus Bosnien und Kosovo stammenden muslimischen Eltern-Generation in dieser Stichprobe kamen als Flüchtlinge bzw. AsylwerberInnen nach Österreich; während 39 Prozent der aus der Türkei stammenden die Arbeitsmigration und weitere 54 Prozent Familienzusammenführung angaben.

  7. 7.

    Die Untersuchung von Brettfeld und Wetzel (2007) zeigt, dass die Zustimmung der Muslime zu rechtsstaatlichen Institutionen so groß ist wie in der Gesamtbevölkerung. Eine repräsentative Untersuchung in Österreich im Jahr 2008 zeigte, dass auch bei gut einem Fünftel der ÖsterreicherInnen eine autoritäre Haltung anzutreffen ist (Friesl, Polak und Hamachers-Zuba 2009, S. 223).

  8. 8.

    So weisen internationale Vergleiche auch auf den empfundenen inneren Zwiespalt bei Christen hin: vier von 10 Deutschen und 29 Prozent der Amerikaner empfinden es als einen „natürlichen Konflikt, als tiefgläubiger Christ in der modernen Gesellschaft zu leben“; vgl. Pew Global Attitudes Project 2006.

  9. 9.

    Die Items wurden zu Skalen zusammengefasst und die Summenscores dichotomisiert. Die Skala „Israel-Juden“ besteht aus den Items „Die Bedürfnisse des palästinensischen Volkes können nicht befriedigt werden, solange Israel existiert“ und „Der Einfluss der Juden auf das Weltgeschehen ist zu groß“.

  10. 10.

    Die türkischstämmigen MuslimInnnen zeigen zwar ein deutlich geringeres Ausmaß an Gewaltakzeptanz, doch stimmen beide Herkunftsgruppen in ihren religiösen und ideologischen Orientierungen weitgehend überein.

  11. 11.

    Dies soll nur mit Vorbehalt interpretiert werden, da in der Stichprobe Frauen stärker vertreten sind als Männer.

  12. 12.

    Subjektive Diskriminierung wurde mit dem Index der Wahrnehmungen, in der Nachbarschaft, im Umgang mit Ämtern und Behörden, auf öffentlichen Plätzen oder in Verkehrsmitteln, schlecht behandelt oder benachteiligt worden zu sein, gemessen. Das „kollektive Selbstbild“ ist ein Index aus den Problemeinstufungen, „mit Terror in Verbindung gebracht werden“, „Unwissenheit und Vorurteile über Muslime“, und „Einstellung zu muslimischer Kultur und Lebensweise“.

  13. 13.

    Frage: „Wie sehr fühlen Sie sich als Muslim?“ (4-stufige Antwortskala)

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Tab. A1: Religiöses Verhalten, Eltern- und Kind-Generation (Prozentangaben)
Abb. A1
figure 6

Eltern-Generation: Aufsplitterung von Gewaltakzeptanz nach Formen religiöser Praxis. Quelle: Muslimische Familien im Wandel, n = 363 Dyaden

Abb. A2
figure 7

Kind-Generation: Aufsplitterung von Gewaltakzeptanz nach Formen religiöser Praxis. Kind-Generation Quelle: Muslimische Familien im Wandel, n = 363 Dyaden

Tab. A2 Korrelationen: Gewaltakzeptanz und Religionsdimensionen; Eltern-Generation. (Korrelationskoeffizienten, Pearson).
Tab. A3 Korrelationen: Gewaltakzeptanz und Religionsdimensionen; Kind-Generation. (Korrelationskoeffizienten, Pearson).

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Weiss, H. (2016). Bedingungsfaktoren des „radikalen“ Islamismus: Welche Rolle spielen Formen der Religiosität und gesellschaftspolitische Einstellungen?. In: Weiss, H., Ateş, G., Schnell, P. (eds) Muslimische Milieus im Wandel?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12297-3_4

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