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Private Schulen als Anbieter, Eltern als Abnehmer: Theoretische Überlegungen und Forschungsdesign

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Pädagogischer Anspruch und soziale Distinktion
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Zusammenfassung

Allgemein bildende private Schulen in Deutschland haben Konjunktur. Diese Feststellung durchzieht in jüngerer Zeit Fachpublikationen sowie die Presse und wird durch Bildungsstatistiken belegt. Sieht man etwas genauer hin, so stellt sich schnell heraus, dass das Spektrum der privaten Schulen sowohl inhaltlich als auch schulformbezogen sehr groß ist: konfessionelle, reformpädagogisch geprägte und seit einigen Jahren vermehrt auch internationale Schulen auf der einen Seite und Förderschulen, Grundschulen, Haupt- und Realschulen und Gesamtschulen, aber auch exklusive Gymnasien auf der anderen Seite.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. dazu in Deutschland die Unterscheidung zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen: Ersatzschulen unterliegen den Landesgesetzen und haben einen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe. An ihnen können Schüler_innen ihre Schulpflicht erfüllen – im Unterschied zu den Ergänzungsschulen, die nicht in die staatliche Schulstruktur integriert sein müssen, keiner gesonderten Genehmigung bedürfen, aber auch keine Finanzhilfe erhalten. Zu den Voraussetzungen für private Schulen, als „Ersatz für öffentliche Schulen“ anerkannt zu werden, vgl. GG, Art. 7, Abs. 4 (s. u.).

  2. 2.

    Leider geben die einschlägigen Statistiken – wie in Deutschland – keinen Aufschluss über eine anteilmäßige inhaltliche Orientierung der Schulen in freier Trägerschaft; in den Niederlanden kann jedoch, wie im Übrigen auch in Deutschland, davon ausgegangen werden, dass der überwiegende Teil der privaten Schulen konfessioneller Art ist.

  3. 3.

    Auch in Deutschland ist nach 1945 die Bindung an eine der beiden Kirchen erheblich zurückgegangen, nicht aber der Anteil konfessioneller Schulen. Hier werden sogar in den neuen Bundesländern, in denen die Kirchenbindung deutlich geringer ist als in den alten, konfessionelle Schulen, häufig auch als Grundschulen, neu gegründet. Ähnliches spielt sich in anderen Ländern mit einem ehemals kommunistischen Regime ab, beispielsweise in Ungarn (vgl. Dronkers und Robert 2004).

  4. 4.

    Ginge es primär nur um eine Wahl für private und gegen staatliche Schulen, so hätten in den Niederlanden auch die nicht religiösen Eltern durchaus die Chance, eine ihrer Ausrichtung adäquate private Schule zu etablieren, dennoch bevorzugen auch sie häufig konfessionelle Schulen.

  5. 5.

    Vgl. dazu Blundell et al. (2010), die auf der Grundlage von Schulverwaltungsdaten (Sozialstruktur und Schulleistung) für die Jahre 1993 bis 2008 nach Determinanten für die Nachfrage nach privaten Schulen fragen und ihre Ergebnisse mit Modellrechnungen belegen. Für die Schulwahlentscheidungen werden die Altersstufen 7, 11 und 13 Jahre als indikativ identifiziert.

  6. 6.

    In seiner Auseinandersetzung mit Wettbewerb und Markt im Schulsystem weist Zymek darauf hin, dass sich die Schaffung von Quasi-Märkten im deutschen Schulsystem kaum durchsetzen werde, da das die „Aufkündigung zentraler institutioneller und mentaler Prinzipien in der bisherigen deutschen Schulgeschichte“ erfordern würde (vgl. Zymek 2009, S. 82).

  7. 7.

    School Vouchers wurden 1992 auch in Schweden eingeführt. Sie haben zu einem erheblichen Ausbau der freien Schulen geführt und in dicht besiedelten städtischen Gebieten die Wahloptionen zwischen öffentlichen und privaten Schulen gesteigert (vgl. Köppe 2015, S. 241).

  8. 8.

    Auf der Basis dieser Verträge können die Betreiber zwar pädagogisch innovativ sein, ebenso wahrscheinlich ist jedoch ein profitorientiertes Agieren (vgl. Köppe 2015, S. 243).

  9. 9.

    Ganz ähnlich ist die Entwicklung in Schweden, wo die School Vouchers zu zahlreichen Gründungen freier, konfessioneller wie reformpädagogischer, Schulen (fristaende skolor) geführt haben. Von 1992 an, dem Zeitpunkt der Einführung von Schulgutscheinen, ist der Anteil an sogenannten freien Schulen, gemessen an allen Schulen, auf fast 20 % gestiegen. Inzwischen hat diese Entwicklung auch in Schweden die Etablierung profitorientierter Schulketten nach sich gezogen (vgl. Köppe 2015, S. 242).

  10. 10.

    Die Anzahl der Charter Schools würde einen deutlich höheren Anteil vermuten lassen, die Schulen sind jedoch in der Regel sehr klein (Quelle: http://www.urban.org/urban:wire/what-charter-school-groth-means:cities–and-neighborhoods; Zugriff am 20. Februar 2016).

  11. 11.

    Der Anteil privater allgemein bildender Schulen an allen allgemein bildenden Schulen ist dagegen deutlich höher als der Anteil der Schüler_innen und liegt bei 25 %. Die Diskrepanz hat, wie bei den Charter Schools, ihren Grund in der geringeren Schülerzahl der privaten Schulen.

  12. 12.

    Private Grundschulen bedürfen der besonderen Begründung, als Ersatzschulen werden sie nur aufgrund einer konfessionellen Bindung oder einer besonderen pädagogischen Ausrichtung anerkannt.

  13. 13.

    Zur Finanzierung von privaten Schulen vgl. Weiß 2015, S. 140 f., S. 148–151. Laut Urteil des VGH Mannheim vom 12.01.2000 gelten 120 EUR pro Monat als angemessen (Az.: 9 S 317/398 – juris); unter Einbeziehung des Preisanstieges dürfte inzwischen ein Schulgeld von 160 EUR im Monat als verfassungsrechtlich unbedenklich gelten.

  14. 14.

    Zu der Komplexität der Berechnung der Finanzierung vgl. Weiß 2015. – Die laufenden Finanzhilfen an die privaten Schulen seitens der Länder differieren von Bundesland zu Bundesland; im Schnitt kann davon ausgegangen werden, dass ein Schüler an einer privaten Schule mit ungefähr 70 % dessen finanziert wird, was in einer öffentlichen Schule für ihn ausgegeben würde (vgl. Berechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft nach Weiß 2015, S. 150).

  15. 15.

    Diese Annahme geht die auf die frühen Untersuchungen von Coleman aus den achtziger Jahren zurück (vgl. Chubb und Moe 1990; Coleman et al. 1982; Coleman und Hoffer 1987; Dronkers und Robert 2004 und Dronkers und Avram 2009, S. 896).

  16. 16.

    Die Frage nach den der Wettbewerbssituation geschuldeten Effekten ist nicht eindeutig zu beantworten. Während Wößmann (2007) die Ansicht vertritt, der Wettbewerb, etwa zwischen staatlichen und privaten Schulen, führe insgesamt zu besseren Lernergebnissen, sind andere Autoren eher skeptisch (vgl. Zymek 2009, S. 83). Zwar wird generell in der neueren erziehungswissenschaftlichen Diskussion auf die „Effekte Neuer Steuerung“ verwiesen, denen zufolge auch Kontrollen schon als ein Moment der Steuerung angesehen werden (vgl. Bellmann 2006, S. 499), deren Auswirkungen auf den Wettbewerb sind jedoch ungeklärt: Bellmann hält sie gerade am Beispiel Schwedens für weniger effizient als gemeinhin angenommen (vgl. Bellmann und Waldow 2006). Böhlmark und Lindahl (2007, 2008) verweisen hingegen auf einen „competition effect“. Auch Weiß (2008, S. 168) kommt zu einer eher zurückhaltenden Einschätzung. Hinsichtlich der Schulqualität, gemessen an der Leistungseffizienz, verweist er eindeutig auf die Eingangsselektivität (vgl. Weiß 2015, S. 144 ff.).

  17. 17.

    Waldow (2014) modifiziert diese Sicht: Er sieht im englischen Elitendiskurs die Meritokratie weiterhin als Begründungsnorm im Sinne einer „normativen Selbstdefinition“ (ebd., S. 47), auf der Ebene des faktischen Operierens komme jedoch die Parentokratie hinzu.

  18. 18.

    Vgl. dazu Bellmann und Weiß (2009), die die nicht intendierten Effekte der neuen Steuerungssysteme einer kritischen Analyse unterziehen.

  19. 19.

    Daten, etwa zur Leistung der Schüler_innen, geben interessierten Eltern Informationen, die sie bei der Entscheidung für eine Schule nutzen können. Mit der Veröffentlichung dieser Daten verschärfen die Schulen potenziell die Parentokratie, indem sie entweder eine Schulwahl befördern oder aber zu einem Legitimationsverlust einer Schule beitragen können (vgl. Bellmann 2006, S. 490; Waldow 2014, S. 53 f.).

  20. 20.

    Hierbei stütze ich mich vorrangig auf Maaz et al. (2006) (vgl. dazu auch Kraul et al. 2014).

  21. 21.

    Die Auseinandersetzung um diese These wird in Helsper et al. (2014) geführt; Kritik üben vor allem Rademacher und Wernet (2014).

  22. 22.

    Vgl. dazu zerrissene und inkonsistente Habitusformen bei Bourdieu (Bourdieu und Wacquant 1996, S. 160 f.; nach Helsper et al. 2014, S. 16).

  23. 23.

    Vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 1992–2013.

  24. 24.

    Internate sind nicht in diese Studie eingegangen. Das hat mehrere Gründe: Die Wahl eines Internats ist in der Regel von anderen familiären Kriterien bestimmt als die Wahl einer privaten Tagesschule. Darüber hinaus ist es die Frage, ob Internate, vor allem diejenigen mit Elitecharakter, nicht Züge einer totalen Institution tragen und schon deshalb die Schulwahl der Eltern hier anderen Kriterien unterliegt als die Wahl einer privaten Tagesschule (van Zanten 2014). Ferner kann angenommen werden, dass Internatsschüler_innen zahlenmäßig eine relativ marginale Rolle spielen. Zwar weist die Bildungsstatistik diesbezüglich keine Zahlen aus, geht man aber mit FOCUS ONLINE (http://www.focus.de/familie/schule/internate/deutsche-internate-ueberblick-mit-webtipps_id_2954751.html; letzter Zugriff am 26.02.2016) von insgesamt 130 Internaten in Deutschland aus und legt für sie jeweils eine durchschnittliche Schüler_innenzahl von 300 zugrunde, so kommt man auf maximal ca. 40.000 Internatsplätze. Das würde bedeuten, dass ca. 0,4 % aller Schüler_innen ein Internat besuchen. Derartige Angaben sind jedoch nicht sehr belastbar: Unterschiedliche Anbieter geben unterschiedliche Auskünfte: Während der Verband der Internatsvermittlungen von 10.000 Internatsplätzen in Deutschland ausgeht, geben die beiden großen Internatsplattformen (http://www.internate-portal.de und http://www.internat-vergleich.de) 250 Internate in Deutschland an, machen jedoch keine Angabe zu deren durchschnittlicher Schülerzahl. Ein weiteres Problem ist, dass bei der Schulwahl der Eltern berücksichtigt werden müsste, dass ein Teil der Schüler_innen über das KJHG und nicht aufgrund einer freien Elternwahl ein Internat besucht, und nicht zuletzt bleiben bei allen diesen Schätzungen Schüler_innen, die in ein Internat im Ausland geschickt werden, unberücksichtigt.

  25. 25.

    Der Fragebogen findet sich im Anhang.

  26. 26.

    Zu einer ausführlichen Zusammenstellung und Diskussion der Ergebnisse für alle Privatschuleltern in L-Stadt vgl. Kraul et al. 2014.

  27. 27.

    Item: „Welche andere(n) Schule(n) haben Sie bei Ihrer Wahl in Erwägung gezogen?“ Problematisch bei diesem Vorgehen war allerdings, dass diese Frage nur von einer Minderheit der Eltern beantwortet wurde, und zwar vorrangig von den Gymnasialeltern und von den Eltern, die als weiterführende Schule eine Schule mit mehreren Bildungsgängen gewählt hatten, kaum dagegen von denen, die ihr Kind in einer reformpädagogisch-alternativen oder einer internationalen/bilingualen Schule ab Klasse 1 angemeldet hatten. Entsprechend konnte zu jenen Schulen keine Vergleichsschulen ermittelt werden.

  28. 28.

    Vgl. dazu im Einzelnen Kraul et al. 2014.

  29. 29.

    Die Fragebögen wurden jeweils persönlich überbracht und abgeholt, ferner gab es nach einer ersten Auswertung in allen Schulen ein Rückmeldegespräch, das u. a. für die Erarbeitung eines Leitfadens für die Interviews genutzt wurde. Weitere Termine in den Schulen kamen durch die Interviews mit den Schulleiter_innen sowie die Gruppendiskussionen mit Eltern zustande. An den Schulbesuchen und Erhebungen waren Natalia Bergau, Johanna Brauns und Michaela Nietert beteiligt.

  30. 30.

    Auf gesonderte Interviews mit Lehrer_innen und Schüler_innen wurde aus forschungspragmatischen Gründen verzichtet; beide Akteursgruppen werden daher nur aus der Perspektive der Schulleiter_innen sowie der Eltern aufgegriffen.

  31. 31.

    Die Transkriptionsregeln wurden weitgehend von Bohnsack et al. (2001) übernommen; im Einzelnen s. Anhang.

  32. 32.

    Auch an diesem Arbeitsschritt waren Natalia Bergau, Johanna Brauns und Michaela Nietert beteiligt.

  33. 33.

    Die Elterngruppen für die Diskussionen kamen auf der Basis freiwilliger Meldungen zustande; vorausgegangen war eine Projektvorstellung im Elternkreise, teilweise auch ein Hinweis der Schulleitungen auf das Projekt. Die Teilnahme an den Gruppendiskussionen lag zwischen vier und zehn in der Regel in der Schule aktiv tätigen Müttern und Vätern, deren Kinder unterschiedlichen Klassenstufen angehörten. Letzteres hatte den Vorteil, dass die Eltern ihren Blick auf die Schule und die Schullaufbahn ihrer Kinder aus verschiedenen Klassenperspektiven richten konnten.

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Kraul, M. (2017). Private Schulen als Anbieter, Eltern als Abnehmer: Theoretische Überlegungen und Forschungsdesign. In: Pädagogischer Anspruch und soziale Distinktion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11695-8_1

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