Skip to main content

Achtsamkeit

Zur pädagogischen Relevanz einer Technik der Selbstsorge

  • Chapter
  • First Online:
Pädagogische Anthropologie der Technik
  • 2858 Accesses

Zusammenfassung

Mit der Zunahme der Bewusstseinsforschung ist in den letzten Jahren eine Debatte um die sozialen, kulturellen und pädagogischen Implikationen entsprechender Studien in Gang gekommen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Unser Erkenntnisinteresse an „Praktiken der Achtsamkeit“ schließt u. a. an praxistheoretische Überlegungen von Andreas Reckwitz an: „Indem sich die sozial-kulturelle Welt aus praxeologischer Perspektive nicht als Ensemble von Subjekten, von Handlungen, von Normen oder von Zeichen, sondern als eine Agglomeration sozialer Praktiken in Zeit und Raum – genauer: sozialer Praktiken, die ein bestimmtes Zeitregime und ein bestimmtes räumliches Arrangement aktiv hervorbringen – darstellt, setzt die praxistheoretische Sicht eine Materialität der Kultur, das heißt eine Verortung des Kulturellen auf der Ebene der sinnhaft regulierten, auf ihre Weise öffentlichen Bewegungen des Körpers sowie der verwendeten und wirksamen Artefakte voraus; gleichzeitig geht sie vom implizit-praktischen Charakter der in diesem Sinne inkorporierten (und auch in Artefakten gespeicherten) kulturellen Ordnungen des Wissens aus. Diese Implizitheit des Wissens – der interpretativen Schemata, des praktischen know how und der emotional-affektiven Identifizierungen – macht sowohl die reproduktive Tendenz der Praktiken zur routinisierten Wiederholung als auch ihre logische Unsystematizität und damit Unberechenbarkeit (mit Bourdieu die ,Logik der Praxis‘ statt der ,Logik der Logik‘) nachvollziehbar. Praktiken bezeichnen genau diese Doppelstruktur von Körperbewegungen/Artefaktarrangement und inkorporierten impliziten Wissensordnungen, welche erstere kulturell regulieren, ohne ihnen gegenüber vorgängig zu sein“ (Reckwitz 2006, S. 3). Praktiken der Achtsamkeit lassen sich dementsprechend auf der Grundlage pädagogisch-anthropologischer Lerntheorien bestimmen, da es bei ihrer Untersuchung nicht vorrangig um die Aspekte des Lernens geht, die intentional-konzeptionell beeinflussbar und insofern „einzuüben“ sind. Stattdessen interessiert uns die durch die Praktiken erzeugte Körper- und Geisteshaltung. Erst diese gegenstandstheoretische Bestimmung macht sie als lerntheoretischen bzw. pädagogisch-anthropologischen Forschungsgegenstand relevant.

  2. 2.

    Die im vorliegenden Aufsatz verwendeten Begriffe „Praktiken“ und „Techniken“ sind in ihrer Betonung des Prozessualen verwandt. Auch der Verweis auf Leiblichkeit und Sozialität ist, zumindest wenn wir für den Begriff der Praktik auf Reckwitz und für den Begriff der Technik auf Foucault rekurrieren, in beiden Termini enthalten. Dennoch sind die Begriffe nicht deckungsgleich. So wird im Begriff der Technik – anders als im vorrangig das soziale und körperliche Procedere fokussierenden Begriff der Praktik – stets der Hinweis auf die Instrumentalität der Aktivität mitgeführt.

  3. 3.

    Deshalb sollte, so Metzinger, dieser Unterricht auf gar keinen Fall in die Hände von Religionslehrern gelegt werden. Viel besser geeignet seien bspw. Sportlehrer (vgl. Metzinger 2006, S. 71).

  4. 4.

    Fragwürdig daran ist nicht nur die Intentionalisierung der Achtsamkeit, sondern auch die fehlende Reflexion des Übungsbegriffs. Während der Übungsbegriff in der hiesigen pädagogischen Tradition Teil der Didaktik ist und dort als Festigung des mittels Lehre Gelernten durch Wiederholung verstanden wird, steht der Übungsbegriff in der buddhistischen Tradition eher dem nahe, was wir oben als Praktik bezeichnet haben.

  5. 5.

    In dieser Hinsicht entspricht es der Technik des Kampfsports Aikidos, die als „play“ gelehrt wird und somit als ästhetischer Lernprozess, der jenseits intentional-konzeptioneller Strategien verläuft.

Literatur

  • Anderssen-Reuster, U. (2007). Achtsamkeit in der Psychotherapie und Psychosomatik. Haltung und Methode. Stuttgart: Schattauer.

    Google Scholar 

  • Bahr, H.-D. (2007). Fragment über Muße. In: Ch. Wulf, & J. Zirfas (Hrsg.), Muße. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie, 16 (1), 26–39.

    Google Scholar 

  • Batchelor, M. (2003). Meditation. Freiamt: Arbor.

    Google Scholar 

  • Black, M. (1954). Metaphor. In: Proceedings of the Aristotelian Society 55, 273–294.

    Google Scholar 

  • Black, M. (1977). More about Metaphor. In: Dialectica 31, 431–457.

    Google Scholar 

  • Bourdieu, P. (1976). Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bourdieu, P. (2001). Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Buchheld, N., & Walach, H. (2001). Achtsamkeitsmeditation in Vipassana-Meditation und Psychotherapie. Forschungsstand und aktuelle Perspektiven. In: W. Belschner et al. (Hrsg.), Perspektiven transpersonaler Forschung (S. 65–85). Oldenburg: BIS.

    Google Scholar 

  • Buchheld, N., & Walach, H. (2006). Die historischen Wurzeln der Achtsamkeitsmeditation. Ein Exkurs in Buddhismus und christliche Mystik. In: T. Heidenreich, & J. Michalak (Hrsg.), Achtsamkeit und Akzeptanz in der Psychotherapie. Ein Handbuch (S. 25–46). Tübingen: Dgvt.

    Google Scholar 

  • Ernst, Ch., & A. Nehring (2013). Populäre Achtsamkeit – Kulturelle Aspekte einer Meditationspraxis zwischen Präsenzerfahrung und implizitem Wissen. In: Ch. Ernst, & H. Paul (Hrsg.), Präsenz und implizites Wissen. Zur Interdependenz zweier Schlüsselbegriffe der Kultur- und Sozialwissenschaften. Bielefeld: transcript.

    Google Scholar 

  • Foucault, M. (1993). Technologien des Selbst. In: Ders. et al. (Hrsg.), Technologien des Selbst (S. 24–62). Frankfurt/M.: S. Fischer.

    Google Scholar 

  • Göhlich, M. (2005). Pädagogische Organisationsforschung. Eine Einführung. In: Ders., Ch. Hopf, & I. Sausele (Hrsg.), Pädagogische Organisationsforschung (S. 9–24). Wiesbaden: Springer.

    Google Scholar 

  • Göhlich, M. (2007). Scholé, Arbeit und Organisation. In: Ch. Wulf, & J. Zirfas (Hrsg.), Muße. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie, 16 (1), 40–47.

    Google Scholar 

  • Gruber, H. (1999). Kursbuch Vipassana – Wege und Lehrer der Einsichtsmeditation. Frankfurt/M.: Spirit.

    Google Scholar 

  • Kabat-Zinn, J. (2009a). Gesund durch Meditation. Das große Buch der Selbstheilung. Ulm: Fischer.

    Google Scholar 

  • Kabat-Zinn, J. (2009b). Im Alltag Ruhe finden. Meditationen für ein gelassenes Leben. Ulm: Knaur MensSana TB.

    Google Scholar 

  • Kaltwasser, V. (2008). Achtsamkeit und Präsenz. Die Lehrkraft als Ruhepool. Pädagogik, 60 (11), 16–19.

    Google Scholar 

  • Kaltwasser, V. (2013). http://www.verakaltwasser.de/achtsamkeit/forschungsergebnisse/index.html#630118a08a0eeca0b. Zugegriffen: Januar 2013)

  • Kant, I. (1998). Kritik der Urteilskraft und Schriften zur Naturphilosophie. Werke in sechs Bänden, Bd. 5. Darmstadt: WBG.

    Google Scholar 

  • Kant, I. (1983). Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Stuttgart: Reclam.

    Google Scholar 

  • Lohmann-Haisler, A. (2012). Stressreport Deutschland 2012. Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012. http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd68.html. Zugegriffen: Januar 2013.

  • Majumdar, M. (2000). Meditation und Gesundheit. Eine Beobachtungsstudie. Essen: KVC.

    Google Scholar 

  • Mannheim, K. (1980). Strukturen des Denkens. Hrsg. von D. Kettler, V. Meja, & N. Stehr. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Metzinger, T. (2006). Neurobics für Anfänger. In: Gehirn & Geist, 6, 68–71.

    Google Scholar 

  • Reckwitz, A. (2006). Aktuelle Tendenzen der Kulturtheorien. Nachwort zur Studienausgabe 2006 von Die Transformation der Kulturtheorien. http://www.velbrueck.de/ws/3-938808-20-9.pdf. Zugegriffen: Januar 2013.

  • Rustemeyer, D. (2009). Diagramme. Dissonante Resonanzen: Kunstsemiotik als Kulturtheorie. Weilerswist: Velbrück.

    Google Scholar 

  • Sauer, S., & Kohls, N. (2011). Mindfulness in Leadership: Does Being Mindful Enhance Leaders’ Business Success? In: S. Han, & E. Pöppel (Hrsg.), Culture and Neural Frames of Cognition and Communication. Vol. 3 (S. 287–308). Heidelberg: Springer.

    Google Scholar 

  • Walach, H., Gander Ferrari, M.-L., Sauer, S, & Kohls, N. (2012). Mind-Body-Practices in Integrative Medicine. In: Religions 3, 50–81.

    Google Scholar 

  • Wulf, Ch. (2007). Homo Pictor or the Making of the Human Being Through Imagination. In: Ch. Wulf, & S. Suzuki (Hrsg.), Mimesis. Poiesis and Performativity in Education (S. 25–44). Münster u. a.: Waxmann.

    Google Scholar 

  • Wulf, Ch., & Hüppauf, B. (2006). Einleitung. Warum die Bilder die Einbildungskraft brauchen. In: Ch. Wulf, & B. Hüppauf (Hrsg.), Bild und Einbildungskraft (S. 9–47). München: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Wulf, Ch., & Zirfas, J. (2007). Die Muße. Vergessene Zusammenhänge einer idealen Lebensform. In: Ch. Wulf, & J. Zirfas (Hrsg.), Muße. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie, 16 (1), 9–11.

    Google Scholar 

  • Wulf, Ch. et al. (2009). Editorial. Handlung und Leidenschaft: Jenseits von actio und passio. In: Ch. Wulf, K.-P. Köpping, & B. Schnepel (Hrsg.), Handlung und Leidenschaft: Jenseits von actio und passio. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie, 18 (2), 10–12.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Michael Göhlich .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Göhlich, M., Engel, J. (2020). Achtsamkeit. In: Bilstein, J., Winzen, M., Zirfas, J. (eds) Pädagogische Anthropologie der Technik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11683-5_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-11683-5_5

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-11682-8

  • Online ISBN: 978-3-658-11683-5

  • eBook Packages: Education and Social Work (German Language)

Publish with us

Policies and ethics