Zusammenfassung
In dem Beitrag wird herausgearbeitet, dass die Situationsbezogenheit ästhetischer Ereignisse für bisherige Konzeptionen von Kunstautonomie insofern eine Herausforderung darstellt, weil hier weder auf das Subjekt, noch auf das Kunstwerk oder das Kunstfeld fokussiert wird, sondern auf ästhetische Erlebniszeiträume, die in Anlehnung an den Literaturwissenschaftler Michael Bachtin als „Chronotopoi“ bezeichnet werden. Aus dieser Perspektive stellt die Autonomie der Kunst eine graduelle Eigenschaft flüchtiger Ereignisse dar und kann in ästhetischen Erlebniszeiträumen in ästhetischen Praktiken und sozialen Regeln unterschiedlich relevant sein.
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Notes
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Die Kritik an der Kunstautonomie ist selbstverständlich älter, denn schon die modernistischen Avantgarden argumentierten mit ihrer Forderung nach der Vereinigung von Kunst und Leben ja im Grunde autonomiekritisch, allerdings zielten sie auf eine Veränderung des ‚Lebens‘ nach dem Bilde der Kunst, vgl. Peter Bürger (1974).
- 2.
Groys (1992, S. 121, 139 f.) sieht die Autonomieästhetik als Teil der valorisierten Kultur, setzt in seiner Kulturökonomie Ökonomie als axiomatisches Grundphänomen und ersetzt das Konzept der Autonomie durch das Konzept des Werts. Kulturelle Innovationen seien ökonomische Operationen, da sie auf die Neubewertung von kultureller Bedeutung abzielen.
- 3.
Auch wenn Bourdieu keinen Zweifel daran lässt, dass innerhalb der relativ autonomen Felder künstlerischer Produktion soziale Statuskämpfe am Werk sind. Gleichwohl sind für seine Kunstsoziologie die Institutionen oder ‚Felder‘ der Künste kein abschaffbares Manko, sondern eine notwendige Bedingung der Künste wie auch ihrer Analyse als eine spezifische soziale Praxis.
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In dem von der DFG geförderten Forschungsprojekt „Time has come today“ untersuchen wir den Zusammenhang zwischen popmusikalischer Innovation und gesellschaftlichem Wandel in der BRD der 1970er und 1980er Jahre. Siehe dazu auch den Epilog.
- 5.
- 6.
Urban Gwerder (1988, o. S.), Herausgeber des in den 1960er Jahren wichtigen Schweizer Untergrundmagazins „Gotcha“ beschreibt dies rückblickend wie folgt: „Die Rock- und Popmusik wurde in den 60er Jahren, zusammen mit der Untergrundpresse, zum wichtigsten gegenkultürlichen Kommunikationsmittel und Botschaftsträger“.
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„Popmusik“, „-konzert“, „-kultur“ etc. verwenden wir als Oberbegriff für all jene Kulturerzeugnisse, die medientechnisch vermittelt, an ein Massenpublikum gerichtet und von dessen Zuspruch abhängig sind. Nicht gemeint ist also das musikalische Genre „Pop“ im Gegensatz zu „Rock“ etc. In diesem Sinne argumentierend vgl. z. B. Diedrich Diedrichsen (2014).
- 8.
Die folgenden Ausführungen basieren noch nicht auf der Auswertung von Interviews oder Berichten der Teilnehmenden, sie sollen vielmehr die hier entwickelte theoretische Perspektive an Fällen konkretisieren.
- 9.
Vgl. hierzu die Erläuterungen zum Forschungsprojekt ‚Time has come today‘ im Epilog.
- 10.
Mit Blick auf die unterschiedlichen Ansichten über die Legitimität von Wert- und Qualitätsurteilen über Kulturerzeugnisse vgl. Dominik Schrage (2009).
- 11.
Auch in der ‚Diskothekenform‘ gibt es Ausprägungen, in denen der DJ als Star inszeniert wird. Dies ist jedoch lediglich eine zusätzliche Option.
- 12.
„This a very good friend […] One of the most brilliant performers with the most exciting guitar I’ve ever heard: The Jimi Hendrix Experience!“ Brian Jones Ansage ist zu sehen im Dokumentarfilm: Donn Alan Pennebaker (1986): Jimi Plays Monterey, Minute 12:09. Die Besonderheit von Jimi Hendrix, für ein besonders intensives Konzerterlebnis zu stehen, wird mit dem Bandnamen ‚The Jimi Hendrix Experience‘ von vorne herein in seine Öffentlichkeitsarbeit integriert.
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In Bezug auf populäre Musik haben wir diesen Ansatz für ein Projekt im Rahmen des SPP ‚Ästhetische Eigenzeiten. Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne‘ entwickelt. Das Projekt handelt von den ‚Eigenzeiten popmusikalischer Chronotope und ihrem Beitrag zu sozialen Wandel seit den 1960er Jahren‘ und läuft seit April 2014.
- 14.
Für die BRD vgl. Detlef Siegfried (2006).
Literatur
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Schrage, D., Schwetter, H. (2017). „Morgen gehen wir zum Konzert – oder zur Vernissage?“. In: Karstein, U., Zahner, N. (eds) Autonomie der Kunst?. Kunst und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10406-1_15
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