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Genre- und Medienwechsel: Die Eroberung Amerikas in Chroniken, Literatur und Film

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  • 2054 Accesses

Part of the book series: Neue Perspektiven der Medienästhetik ((NPM))

Zusammenfassung

Der Beitrag widmet sich der Eroberung Amerikas aus gattungstheoretischer Sicht: verschiedene Inszenierungen bzw. Aneignungen derselben historischen Momente verflechten die historiographischen, literarischen und filmischen Texte intertextuell und intermedial miteinander. Basis der Analyse der künstlerischen Texte sind Chroniken, die erstmalig als Hypotexte der künstlerischen Hypertexte modelliert werden. Die historiographischen Hypotexte selbst wiederum stehen in einem Prozess kontinuierlicher Weiterschreibungen in hypertextueller Beziehung zueinander.

Inhaltlich zeichnen sich zwei Möglichkeiten des Umgangs mit Geschichte ab: Eine affirmative, die überkommene Bilder fortschreibt, wird anhand des Kolumbusfilms 1492 - The Conquest of Paradise illustriert. Die andere, diametral entgegengesetzte Möglichkeit besteht in einem filming/writing back, die sich im Neuen Historischen Roman und im Tupi-Kino findet.

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Notes

  1. 1.

    Der Begriff der literarischen und filmischen Aneignung von Wirklichkeit löst die aus dem sozialistischen Realismus stammende Theorie der Widerspiegelung ab und unterstreicht den produktiven Aspekt der Mimesis im Sinne der Poiesis. Vgl. dazu Dill et al. 1994 und Schlickers 2005.

  2. 2.

    In meiner in Kürze im Peter Lang Verlag erscheinenden Monografie La Conquista imaginaria de América: crónicas, literatura y cine gehe ich darauf detaillierter ein.

  3. 3.

    Vgl. die bereits klassische Studie von Menton 1993, für den deutschsprachigen Raum Nünning 1995 sowie in jüngerer Zeit bzgl. des Neuen Historischen Roman Hispanoamerikas Rings 2005; Ceballos 2005; Perkowska 2008.

  4. 4.

    Zamora (1993, S. 6) zufolge transkribierte Las Casas nur die erste und die dritte Reise, der Bericht über die zweite Reise ist verschollen und von der vierten Reise sind einzig die Diktate des Kolumbus an seinen Sohn Hernando überliefert.

  5. 5.

    Vgl. dazu Lustig (2007, S. 86), demzufolge der Tropicalismo eine „Wiederbelegung der modernistischen Ideen nach 1968“ vor allem in der Musik und Kunst ist. Tatsächlich sind bereits ein Jahr zuvor zentrale Werke des Tropicalismo entstanden, u. a. das namensgebende Environment von Héctor Oiticica, und auch im Film wurden autochthone Traditionen mit aktuellen europäischen und anderen Einflüssen verbunden. Siehe auch die Dissertation von Peter W. Schulze: In Strategien kultureller Kannibalisierung werden postkoloniale Repräsentationen vom brasilianischen Modernismo bis hin zum Cinema Novo untersucht.

  6. 6.

    Vgl. Andrade 1972. Darin abgedruckt sind sein 1924 erschienenes Manifesto da Poesia Pau-Brasil/Manifest der Pau-Brasil-Dichtung sowie sein 1928 publiziertes Manifesto antropófago/Anthropophagisches Manifest, dem auch das Tupi-Zitat entnommen ist.

  7. 7.

    So auch mein Landsmann Ulrich Schmidl in seiner Chronik 1567 (Kap. LII, S. 216 f.); Staden floh dann 1554 auf einem französischen Schiff.

  8. 8.

    „In der Sprache von heute [2000] ließe sich sagen, dass die Religion Europa stets in ein Bosnien verwandelt hat.“ (Torres 2007/2000, S. 107).

  9. 9.

    Auf seiner zweiten Reise befreundete Staden sich mit portugiesischen Siedlern und deren Alliierten, den Tupiniquim. Das letzte Insert von Como era gostoso o meu francês erläutert, dass diese sämtlich auf Anordnung des portugiesischen Gouverneurs erschlagen worden sind. Dieses Massaker unterstreicht die Brutalität der Europäer bzw. umgekehrt die Humanität der indigenen Kannibalen.

  10. 10.

    Iracema, um lenda do Ceará (1865) ist ein romantischer Roman von José de Alencar; der allegorischen Lesart zufolge repräsentiert Jean den ersten portugiesischen Siedler, Martim, zu dem die Häuptlingstochter Iracema (ein Anagramm für America) in die Hängematte steigt. Analog muss Seboipepe ihrem Gefangenen Jean hinterherlaufen.

  11. 11.

    Der Begriff stammt ursprünglich von Roman Ingarden, wird hier aber im Anschluß an Schlickers (1997, S. 47 ff.) über das bloße Auffüllen von Unbestimmtheitsstellen hinaus als aktive Aneignung der Sinndimensionen erzählender Texte im Akt der Rezeption aufgefasst, und darüber hinaus als bestimmte Form der Adaptation.

  12. 12.

    Die erste Einstellung von Paraguaçus Blick im zweiten Bild verweist auf die letzte Einstellung von Seboipepes Blick in Pereira dos Santos’ Film, wobei die Naheinstellung dort auf die bereits erfolgte Verspeisung von Jeans Nacken verweist (obgleich sie beim Kauen an einem Knochen gezeigt wird, der eher einem Hähnchenschenkel ähnelt).

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Schlickers, S. (2016). Genre- und Medienwechsel: Die Eroberung Amerikas in Chroniken, Literatur und Film. In: Ritzer, I., Schulze, P. (eds) Transmediale Genre-Passagen. Neue Perspektiven der Medienästhetik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09426-3_15

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