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Sturz in den Raum: Illusion und ihre Auflösung in Andrea Pozzos barockem Deckenfresko in Sant‘Ignazio und im stereoskopischen Film Dredd

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Die ästhetisch-narrativen Dimensionen des 3D-Films

Part of the book series: Neue Perspektiven der Medienästhetik ((NPM))

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Zusammenfassung

Based on the key scene of Dredd 3D (Pete Travis, 2012) this chapter analyses the cinematic spaces as well as the corresponding perception of space in this film. In the course of a detailed analysis, Feiersinger constitutes what she calls a “spatial narration” of the film, which can be compared to baroque illusory spaces, particularly Andrea Pozzo’s famous ceiling painting The Worldwide Mission of the Society of Jesus (1691–1694). The strategies of creating and dissolving immersion which she observes in Pozzo’s painting can consequently be adapted to Dredd and the medium of stereoscopic film. In contrast to professional film criticism, Feiersinger concludes that the stereoscopic effect is skilfully used as a narrative and aesthetic device in Dredd and used as a reflexive stylistic device.

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Notes

  1. 1.

    Pete Travis: Dredd, DNA Films, Reliance Entertainment mit IM Global 2012.

  2. 2.

    Zum Beispiel Kyle Smith für die New York Post: „All I wanted to do was escape from this aggressively ugly world and its equally unattractive characters. It’s not that the movie is in bad taste or cheesy (though it is) but that all of its hyperviolence adds up to nothing: This thing is dedd“. „Alles was ich wollte war aus dieser aggressiv hässlichen Welt mit ihren gleichermaßen unattraktiven Charakteren zu entkommen. Es ist nicht, dass der Film geschmacklos oder kitschig wäre (obwohl er es ist) sondern dass diese ganze Hypergewalt zu nichts führt: Diese Sache ist tot“ [Wortspiel aus dead und Dredd. Übersetzung L.F.] (2012).

  3. 3.

    So schreibt Björn Becher für Filmstarts.de „Die eingefleischten Anhänger der Vorlage werden von dem grimmig-brutalen Sci-Fi-Actioner mit seinen explodierenden Köpfen begeistert sein, während viele andere Zuschauer mit der (über)stilisierten Zeitlupen-Gewalt, die hier zelebriert wird, wahrscheinlich deutlich weniger anfangen können“ (2012).

  4. 4.

    Für den stereoskopischen Film wird hier die Abkürzung S3D verwendet, die diesen vom auf 3D-CGI basierenden Film abgrenzt. Der Film ist in stereoskopischer Technik mit RED-Kameras gedreht worden, Kameramann war Antony Dod Mantle.

  5. 5.

    Der Charakter Judge Dredd tritt dabei erstmals am 5. März 1977 in der Comicserie 2000AD der gleichen Autoren auf (Feige 2001, S. 273 f.).

  6. 6.

    Erkennbar wird dies in den jeweiligen Einstellungen, die die Gebäude erstmals zeigen - die Dredd zugeordnete Hall of Justice bei 0:07:48 und der Ma-Ma zugeschriebene Komplex Peach Trees bei 0:10:28.

  7. 7.

    Sich auf den Erfinder des Stereoskops, Charles Wheatstone, beziehend, der auf Grund eines körperlichen Erscheinens der Gegenstände sein artifizielles Tiefenbild erst „stereoskopisch“ nannte, machen die Autoren Allison, Wilcox und Kazimi dies auch für den stereoskopischen Film geltend (2013, S. 151).

  8. 8.

    Jesko Jockenhövel bezeichnet diese beiden Arten von Raumsetting, die er als typisch für den stereoskopischen Film charakterisiert, als „zentralperspektivischen“ und „stereoskopischen Modus“ (2014, S. 92 ff.).

  9. 9.

    Classical cinema, also jenes Kino der großen Hollywoodstudios, wird als der Inbegriff des klassischen Erzählfilmes verstanden. Eine grundlegende Studie in der dieses System definiert sowie seine Wirkungsmechanismen, Produktionsbedingungen und Rezeption aufgezeigt werden lieferten Bordwell et al. (2002). Obwohl weiterentwickelt, können die hier etablierten Mechanismen auch noch im neueren Film gefunden werden (Bordwell 2002; Elsaesser und Buckland 2002, S. 26 ff.).

  10. 10.

    Für die perspektivische Konstruktion bei Alberti sind die Paragraphen 19–24 besonders relevant (2002 (1435/1436), S. 93 ff.).

  11. 11.

    Die istoria ist nach Oskar Bätschmann einer der „unklarsten Begriffe“ Albertis, lässt sich aber bezogen auf die Komposition als „eine zusammenhängende Szene mit menschlichen Figuren in körperlicher und seelischer Bewegung in einem Raum“ fassen (2002, S. 31). Bezogen auf die materielle Ebene charakterisiert er istoria als „ein großes Gemälde, kein erzählendes Bild im Kleinformat der Predellenbilder, aber nicht unbedingt ein einzelnes, isoliertes Bild“ (2002, S. 35).

  12. 12.

    Inzwischen kann man die reine Aufnahme dieser Welt bereits erweitern, um ihre tatsächliche Konstruktion mit Hilfe von CGI. In seinen Ausführungen zur „Serie der virtuellen Optik“ in seiner Untersuchung des „transplanen Bildes“ stellt Schröter dar, wie die Gesetze der geometrischen Optik in der virtuellen Optik fortgeführt werden (2009, S. 310 ff.).

  13. 13.

    Dem entsprechen Immersionstheorien, wie sie beispielsweise Christiane Voss referiert, die darauf basieren, dass „die Aufmerksamkeit des Rezipienten von der Umgebung abgezogen und ganz auf das Artefakt gelenkt“ wird (2009, S. 127).

  14. 14.

    Genau diese Einwände wiederholt auch Heath (1986, S. 387 f.).

  15. 15.

    Diese stellen Allison, Wilcox und Kazimi ausführlich dar, geben aber ebenfalls an, dass die Realitätsillusion des stereoskopischen Filmes nicht stabiler ist, als die des zweidimensionalen Filmes (2013).

  16. 16.

    Innerhalb des Continuity Systems ist kein Sprung hinter die Leinwand Ebene erlaubt, da sonst die kohärente Raumillusion aufgelöst wird (Heath 1986, S. 395 f.).

  17. 17.

    Die Veränderungen des Filmbildes sind bei allen Szenen der Drogeneinnahme gegeben und diese sind es wohl auch, auf die Becher mit der Formulierung der „(über)stilisierten Zeitlupen-Gewalt“ (2012) anspielt. Beispielhaft dafür ist die Erstürmung eines Raumes in dem sich vorwiegend Drogenkonsumenten aufhalten. In dieser Szene werden das spritzende Blut sowie weitere Folgen des Waffeneinsatzes der Judges in elegischer Verlangsamung präsentiert.

  18. 18.

    Mit einer Highspeedkamera aufgenommen und in normaler Geschwindigkeit abgespielt entsteht in diesen Szenen eine fließende, langsame Bewegung. Diese Technik ist auch bei Bill Violas Videoinstallationen zu finden und nähert den Film so auf technischer Ebene bereits einem Genre an, das bewusst mit seinen Produktionsbedingungen umgeht.

  19. 19.

    Heath weist eben auch darauf hin, dass der auf der Leinwand zu sehende Frame dem geöffneten „Fenster“ Albertis entspricht (1986, S. 392 f.).

  20. 20.

    Betont wird diese Abgeschlossenheit zum Zuschauerraum durch die Fläche gerade auch, indem hier nicht das beliebte Mittel der negativen Parallaxe mit spritzendem Blut gewählt wird.

  21. 21.

    Andrea Pozzo: Weltweiter Triumpf der Gesellschaft Jesu, Sant‘Ignazio, Rom 1691–1694.

  22. 22.

    Die Ikonographie sowie eine klassische Interpretation stellt Peter Wilberg-Vignau dar (1970), Andrea Pozzo als Künstler wird im Sammelband von Alberta Battisti greifbar (1996).

  23. 23.

    Projektion ist in diesem Fall sogar wörtlich zu nehmen, hat doch Pozzo die Übertragung mithilfe eines von einer Laterna Magica projizierten Rasters vollzogen (Burda-Stengel 2001, S. 87 f.).

  24. 24.

    Pozzos Traktat Perspectiva Pictorum et Architectorum wurde erstmals 1693 und 1700 in zwei Bänden verlegt. Eine ausführliche Besprechung liefert Werner Oechslin (1996).

  25. 25.

    Ein Deckenfresko, das Verzerrungen durch die Perspektive zu vermeiden sucht, ist beispielsweise das in der ebenfalls jesuitischen Kirche Il Gesù. Von Battista Gaulli etwa zeitgleich gemalt, zeigt es nur Figuren vor offenem Himmel. Battista Gaulli: Der Triumpf des Namen Jesu, Il Gesù, Rom 1676–1679.

  26. 26.

    Dies setzt Burda-Stengel mit der interaktiven Medienkunst in Vergleich, in der der Betrachter tatsächlich Einfluss auf das Werk nehmen kann (2001, S. 110).

  27. 27.

    Die aufschlussreiche Analyse früherer Positionen zum stereoskopischen Film, kann in diesem Rahmen nicht ausreichend geleistet werden. Stellvertretend sei auf hier deswegen nur auf Aufsätze von Rudolf Arnheim (2002 [1932]) sowie Sergeij M. Eisenstein (2013 [1947]) verwiesen.

  28. 28.

    In seiner grundlegenden Analyse der Bildform des Panoramas beleuchtet Stephan Oettermann auch die Funktion des Faux Terrain als Illusionssteigerung (1980, S. 42).

  29. 29.

    Versuche eine Verbindung zwischen Filmraum und Kinoraum herzustellen, lassen sich im Erlebniskino beobachten, wenn der Film in der Kinoarchitektur resoniert. Eine tatsächliche Umfassung des Betrachters verwirklicht sich allerdings auf der Ebene des Tons, der anders als das Bild auch hinter dem Betrachter sein kann. Das Verhältnis von Ton und stereoskopischen Film stellt Ulli Scuda dar (2012).

  30. 30.

    Bereits Burda-Stengel zieht übrigens eine Verbindung von Pozzos Raumillusion zu einer anderen Form der Umfassung des Betrachters, wie sie in der virtuellen Realität computergestützter Apparate gegeben ist (2001, S. 109).

  31. 31.

    Schröter weist bereits auf diese Verdoppelung der Zentralperspektive in der stereoskopischen Fotografie hin. Diese Verdopplung ist die Grundlage, das stereoskopische Bild als ein „transplanes Bild“ zu charakterisieren, da diese „nicht gänzlich auf die Fläche verzichten, sondern sie geregelt vervielfältigen, mobilisieren oder verändern, um mehr Rauminformationen als die perspektivische Projektion zu liefern“ (2009, S. 150).

  32. 32.

    Unterstützend für diese Argumentation können Experimente herangezogen werden, die die Reaktionen der Zuschauer auf das Eindringen von Effekten in negativer Parallaxe in den persönlichen Raum untersuchen. Aufschlussreich ist dabei, dass sich die Reaktionen dabei nicht von jenen unterscheiden, die das Eindringen einer leiblichen Person provozieren (Allison et al. 2013, S. 159).

  33. 33.

    Voss spricht sich für den Reiz der Fiktion als ausgestellte Künstlichkeit im Film allgemein aus. Anders als von klassischen Immersionstheorien angegeben, ist eine vollständige Einfühlung des Betrachters gar nicht erstrebenswert, sondern gerade der Möglichkeitscharakter begründet das Zuschauervergnügen (2009).

  34. 34.

    Abschließend möchte ich mich bei Michael Diers (Humboldt-Universität zu Berlin) und den an seinem Doktorandenkolloquium Teilnehmenden für die produktiven Gespräche bedanken.

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Feiersinger, L. (2016). Sturz in den Raum: Illusion und ihre Auflösung in Andrea Pozzos barockem Deckenfresko in Sant‘Ignazio und im stereoskopischen Film Dredd . In: Spöhrer, M. (eds) Die ästhetisch-narrativen Dimensionen des 3D-Films. Neue Perspektiven der Medienästhetik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09422-5_6

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