Zusammenfassung
Unterscheidet man zwischen Exil und Emigration, dann meint ersteres den unfreiwilligen Aufenthalt politischer Gegner eines Regimes in einem Drittland, aus welchem die Exilanten nach Überwindung des feindlichen Regimes ins Herkunftsland, die Heimat, zurückkehren wollen. Emigration steht hingegen für mehr oder weniger freiwillige Wanderungsbewegungen ohne Rückkehrabsicht (was Rückwanderung nicht ausschließt). So betrachtet gab es während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige Exilanten, die vorübergehend in Wien Zuflucht fanden und einige wenige Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen, die in den 1930er-Jahren aus Österreich ins Exil gingen, aber eine deutlich größere Zahl von Emigranten.
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Notes
- 1.
Im österreichischen Rundfunk wurde von 1952 bis 1978 eine Sendung ausgestrahlt, die tatsächlich „Achtung, Achtung Sprachpolizei“ hieß. Die mehreren hundert ausgestrahlten Sendungen verweisen auf die Popularität dieser Art von Weltverbesserung.
- 2.
Bertolt Brecht, Über die Bezeichnung Emigranten, Svendborger Gedichte Brecht (1967), Bd. 9, S. 718.
- 3.
Bertolt Brecht, Flüchtlingsgespräche, Brecht (1967), Bd. 14, S. 1440. Der genannte Geldwert entspricht heute ca. € 76.000.
- 4.
Jeremy Adelman (2013, S. 176) verdanken wir den Hinweis darauf, dass Albert Hirschman als angeblich lettischer Staatsbürger in die USA einreiste und diesen Status bis zur Erlangung der US-Staatsbürgerschaft beibehielt.
- 5.
Vermutlich gelangte Brecht selbst wenige Jahre später mit einem Non-Quota-Immigration Visum in die USA. Schon ein halbes Jahr nach seiner Einreise beantragte er die amerikanische Staatsbürgerschaft, aber als Beweis für die „Wahl eines anderen Landes“ hätte das Brecht wohl nicht durchgehen lassen wollen. Vgl. seinen FBI Akt: https://vault.fbi.gov/Bertolt%20Brecht%20/Bertolt%20Brecht%20Part%201%20of%204/view. Zugegriffen am 02.02.2017.
- 6.
Die anderen Hochschulen, die bis 1918 auf dem späteren Territorium der ČSR bestanden: Technische Hochschule Brünn und Technische Hochschule Prag, wechselten allerdings von der deutschen zur tschechischen Sprache. An beiden Hochschulen lehrten vor 1918 zeitweilig auch Sozialwissenschaftler, wie z. B. Othmar Spann in Brünn.
- 7.
Darüber wie lange Broda in Wien lebte sind sich die spärlichen Quellen über ihn uneins. Vor dem Ersten Weltkrieg scheint er längere Zeit in Paris gelebt zu haben, nach Kriegsende gehörte er zu den ersten Mitarbeitern des Internationalen Arbeitsamts, in den späten 1920er-Jahren ist sein Aufenthalt in den USA belegt, wo er auch 1932 im Alter von 52 Jahren verstarb. Zu seinen Veröffentlichungen zählt die gemeinsam mit Julius Deutsch verfasste Schrift Das moderne Proletariat. Eine sozialpsychologische Studie (1910). S. zum Umfeld: Wirth (2011).
- 8.
Diese in Poppers Autobiografie keinen Niederschlag findende Darstellung folgt dem Personalakt Karl R. Popper, SPSL Archive, Oxford, Bodleian Library, Kopien im AGSÖ.
- 9.
Siehe meinen Beitrag über Soziologie im Nationalsozialismus in diesem Band.
- 10.
In der für Kultur zuständigen Abteilung der US-Besatzungsmacht scheinen deutlich mehr ehemalige Österreicher eine Rolle gespielt zu haben.
- 11.
Archiv der Republik, Bestand Bundesministerium für Unterricht, 5499/50.
- 12.
Archiv der Republik, Bestand Bundesministerium für Unterricht, 32280/50. In dem Gespräch das in diesem Aktenvermerk festgehalten ist, erwähnte Messner auch, dass er nicht ordentlicher Professor werden wolle, weil er dann über kurz oder lang auch das Amt des Dekans übernehmen müsste.
- 13.
Vergleiche meine Darstellung Soziologie in Österreich nach 1945 in diesem Band und Fleck (1990).
- 14.
Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper, Brecht (1967), Bd. 2, S. 458.
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Fleck, C. (2018). Intellektuelle Exilanten in Österreich – österreichische Sozialwissenschaftler im Exil. In: Moebius, S., Ploder, A. (eds) Handbuch Geschichte der deutschsprachigen Soziologie. Springer Reference Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-07614-6_12
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