Zusammenfassung
Im Zentrum des Beitrags steht die Darstellung der rekonstruierten Perspektive älterer Menschen auf Partizipation und Lebensqualität im Sozialraum. Welche Effekte hinsichtlich der Verbesserung der eigenen Lebensqualität durch Teilnahme an Partizipationsprozessen geraten ihnen in den Fokus? Die Frage wird im Rahmen einer Triangulation aus qualitativen und quantitativen Methoden beantwortet (nicht-teilnehmende Beobachtung,Gruppendiskussionen, Trendanalyse).
Es wird Bezug genommen auf Ergebnisse des Forschungs- und Entwicklungsprojekts „Lebensqualität Älterer im Wohnquartier“ (LiW) der Fachhochschule Dortmund (Laufzeit: 2010–2013). In einem ruhrgebietstypischen Wohnquartier in Gelsenkirchen (Schalke) wurden in Quartierskonferenzen mit ortsansässigen älteren Menschen, den am Projekt professionell Beteiligten und verantwortlichen Akteuren Maßnahmen entwickelt, die geeignet sind, die Lebensqualität Älterer und anderer Generationen im Quartier zu verbessern.
Wie die Ausführungen insgesamt zeigen, sind mit Partizipation im Quartier vielfältige die Lebensqualität verbessernde Prozesseffekte verbunden, z.B. hinsichtlich erfahrener Wertschätzung, Lernen, Netzwerkbildung und Empowerment. Im Beitrag wird abschließend diskutiert welche Bedeutung die Ergebnisse für die Implementation von Partizipation im Quartier haben.
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Notes
- 1.
Der Trägerverbund „Generationennetz Gelsenkirchen e. V.“ (vor 2014 „Seniorennetz Gelsenkirchen e.V.“) ist ein wichtiger reformpolitischer Kooperationspartner und Akteur. Beteiligt sind neben der Stadtverwaltung (Stabstelle Seniorenbeauftragter) über 30 Organisationen (ambulante Pflegedienste, betreuende Dienste, ambulante Wohngemeinschaften, Pflegeheime, Krankenhäuser, Wohnungsbaugesellschaften, die freie Wohlfahrt etc.). Zum Zweck des Verbundes gehört, dass der Verein das Ziel verfolgt, „in Gelsenkirchen Strukturen aufzubauen und zu unterstützen, damit ältere Menschen an der Stadtgesellschaft teilhaben und bis zum Lebensende möglichst selbständig und selbstbestimmt leben können. […] Die Zusammenarbeit mit bürgerschaftlich engagierten Vereinsmitgliedern soll dazu führen, dass Ältere nicht Objekte der Fürsorge, sondern als Expertinnen und Experten in eigener Sache wertgeschätzt werden“ (Seniorennetz Gelsenkirchen 2013).
- 2.
Einkommensarm meint „relative Armut“, 0–50 % vom Median des Äquivalenzeinkommens im Befragungsjahr 2011, entspricht ca. 0–800 €, Datengrundlage: European Union Statistics on Income and Living Conditions (EU-SILC) (Statistisches Bundesamt 2013).
- 3.
Armutsgefährdungsgrenze, 60 % vom Median des Äquivalenzeinkommens, entspricht im Befragungsjahr 2011 ca. bis 1.000 €.
- 4.
Mit dem Bund-Länder-Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ werden Maßnahmen zur Stabilisierung und Aufwertung von durch soziale Missstände benachteiligte Ortsteile (§ 171e Abs. 2 BauGB) unterstützt. In Gelsenkirchen wurde 2010 hierfür erstmals eine eigene Organisationsstruktur eingeführt und mit ihr die Stadterneuerungspolitik gesamtstädtisch und ressortübergreifend verankert (Güntner 2012, S. 462). Der Stadtteil Schalke ist seit 2009 in das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Die Koordination auf Stadtteilebene obliegt dem Stadtteilbüro Schalke, dessen Aufgabe es ist, Projekte an der Schnittstelle von Verwaltung und Akteuren vor Ort zu konzipieren und umzusetzen, die Bewohner_innen zu aktivieren sowie sie frühzeitig an Planung und Entwicklung der Erneuerungsmaßnahmen zu beteiligen. Grundlage für die Entwicklungsrichtung im Stadtteil Schalke bildet das integrierte Handlungskonzept, der „Stadtteilentwicklungsplan Schalke“, in dem der Schwerpunkt von Beginn an auf den baulichen Bereichen lag und mit dem Leitbild „Schalke – Citynaher und preiswerter Wohnstandort mit Vielfalt und kurzen Wegen“ beschrieben ist. Seit der für das Jahr 2011 beschlossenen Mittelkürzungen der damaligen Bundesregierung sind allerdings alle Modellvorhaben für sozial-integrative Maßnahmen nicht förderungsfähig.
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Rüßler, H., Stiel, J. (2015). Partizipation wie Ältere sie sehen – Beteiligung im Quartier aus Sicht älterer Bürger_innen. In: van Rießen, A., Bleck, C., Knopp, R. (eds) Sozialer Raum und Alter(n). Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06600-0_9
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