Zusammenfassung
Dieser Beitrag fokussiert die Re(Produktion) von (stereotypisierenden) Geschlechterbildern in der Berichterstattung zum Bundestagswahlkampf 2013 und stellt alle SpitzenkandidatInnen der etablierten Parteien in den Mittelpunkt der Analyse. Anknüpfend an bisherige Studien werden die printmedialen Beschreibungen der KandidatInnen auf geschlechtsspezifische Darstellungsmuster hin befragt sowie auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen und innerhalb der Charakterisierungen hin untersucht. Im Anschluss an eine quantitative Auswertung der Berichterstattung von FAZ, SZ, Bild, Zeit und Spiegel, während der „heißen“ Wahlkampfphase, werden die in diesen Medien präsentierten Geschlechterbilder qualitativ herausgearbeitet. Der Beitrag zeigt, dass in den Beschreibungen aller KandidatInnen sowohl als stereotyp weiblich sowie männlich geltende Eigenschaften zu finden sind, es jedoch eine Frau ist, die in einem eindeutig männlich geprägten Handlungsfeld zu agieren weiß.
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Notes
- 1.
Eine genderspezifische Berichterstattung lag vor, wenn das Geschlecht des/der KandidatIn explizit erwähnt bzw. Charakterisierungen oder Handlungen explizit mit Geschlecht in Verbindung gebracht wurden.
- 2.
Vgl. zur Zuweisung des Charakteristikums „Leitmedium“: Weischenberg et al. 2006, S. 134–135.
- 3.
Trotz der durch die Forschung zugeschriebenen großen Bedeutung des Fernsehens für den Wahlkampf und der abnehmenden Reichweite der Printmedien wurde auf letztere zurückgegriffen, weil ihre Darstellungen für die Berichterstattung anderer Medien richtungsweisend sind.
- 4.
Um an die bisherige Forschung anschlussfähig zu sein sowie aufgrund der unterschiedlichen Verwendung von Bildern zwischen den untersuchten Medien, wurde ausschließlich eine Textanalyse, unabhängig von den zum Text gehörigen Bildern, durchgeführt.
- 5.
Folgende Schlagworte mussten genannt werden: mindestens ein Name der SpitzenkandidatInnen sowie Wahl, Wahlkampf, Bundestagswahl oder 22. September.
- 6.
Trotz des eigentlich achtköpfigen Teams der SpitzenkandidatInnen der Linken wurde ausschließlich die Darstellung Gysis fokussiert, da es sich bei ihm um das populärste Mitglied des Teams handelt, dessen Kandidatur seit Diskussionsbeginn unangefochten feststand.
- 7.
Anlehnend an Eckes (1997) liegen folgende Sets als stereotype Bezeichnungen der Untersuchung zugrunde: Beschreibungen wie „unabhängig“, „dominant“, „selbstsicher“, „ehrgeizig“, „zielstrebig“, „rational“ „willensstark“ sowie synonyme Begrifflichkeiten wurden als stereotype Männlichkeitszuschreibungen verstanden. Dem entgegengesetzt wurden Bezeichnungen wie „abhängig“, „verständnisvoll“, „emotional“, „sanft“, „warmherzig“, „gesprächig“, „anlehnungsbedürftig“ sowie synonyme Beschreibungen als stereotype Weiblichkeitszuschreibungen begriffen. Es ist hervorzuheben, dass in das Codebuch neben diesen Bezeichnungen eine größere Anzahl zusätzlicher Attribute aufgenommen wurde. Diese wurden als nicht eindeutig geschlechtsstereotypisierend verstanden, sondern zielten vielmehr auf generelle Persönlichkeitsbeschreibungen und den Umgang mit anderen Personen oder Beschreibungen, die im Bereich der Politik verwendet werden, ab.
- 8.
Es kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass explizite Attributnennungen, wie sie im Codebuch definiert wurden, weit seltener als erwartet vorkamen. Dies stellt keinesfalls die implizit bzw. eher subtil in den Artikeln durchscheinenden Zuschreibungen an die SpitzenkandidatInnen als weniger aussagekräftig dar. Es wird in der Umsetzung nicht unterschieden, ob eine im Codebuch verankerte Attribuierung explizit oder nur im textuellen Zusammenhang erhoben wurde.
- 9.
Aufgrund der geringen Anzahl der ausgewählten Artikel über die SpitzenkandidatInnen der kleinen Parteien liegt nicht von jedem Medium ein Artikel zu jedem/r KandidatIn vor. Die Analysegrundlage ist so gering, dass die Ergebnisse nur punktuell, jedoch nicht in einer allgemeinen Tendenz interpretiert werden können.
- 10.
Angela Merkels Kinderlosigkeit findet am häufigsten Erwähnung, jedoch nur in vier Prozent der Artikel, in denen sie zentral behandelt wird.
- 11.
Aufschlussreich wäre eine Studie, die einen längeren Analysezeitraum sowie Steinbrücks Tätigkeit als ehemaliger Finanzminister umfasst und somit einen adäquateren Vergleich der medialen Darstellungen Merkels und Steinbrücks ermöglicht. Interessant könnten etwa die Darstellungen im Zuge der Äußerungen Steinbrücks um das Bankgeheimnis in der Schweiz oder Beschreibungen seiner Person während der Finanz- und Wirtschaftskrise sein. Es wäre möglich, dass sich vor diesem Hintergrund stärkere Zuschreibungen, die sich auf seinen Politik- und Verwaltungsstil beziehen, finden lassen.
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Dülcke, D., Futh, S. (2015). Die „Mutter der Nation“ gegen den „Panzerkandidaten“ – Geschlechterbilder in der Berichterstattung der Printmedien zum Bundestagswahlkampf 2013. In: Holtz-Bacha, C. (eds) Die Massenmedien im Wahlkampf. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-06151-7_11
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