Zusammenfassung
Welche Funktionen hat eine Parteiendemokratie? Wovon hängt die Qualität ihrer Funktionsweise ab? Diesen grundlegenden widmet sich das vorliegende Kapitel. Hierzu werden zunächst die Konzepte Parteienwettbewerb und Parteiendemokratie definiert. Anschließend werden die zentralen Mechanismen zur Herstellung einer funktionierenden Parteidemokratie erörtert. Entscheidend ist zum einen die Verfügbarkeit institutioneller Kanäle zur Ausübung von Opposition. Zum anderen hängt die Qualität an der tatsächlichen Partizipation der Bürger eines politischen Systems. Der Beitrag schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen theoretischen Befunde und dem Hinweis auf die normative Funktion der Parteiendemokratie: Parteiendemokratien sind autoritären Systemen durch Innovationsleistung und Integrationsleistung überlegen und stabilisieren somit ein Staatswesen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein hinreichen des Ausmaß an Partizipation. Die zeitgenössische Kritik an der Parteiendemokratie erscheint weniger als Phänomen der Kritik am grundlegenden Konzept, sondern dass die Realität nicht mit ihren Ideal übereinstimmt.
Jana Lassen und Johannes Schmitt danke ich sehr für ihre Hilfe bei der Überarbeitung des Beitrages.
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Notes
- 1.
Tatsächlich formuliert Downs explizit und implizit zahlreiche Bedingungen, die Bartolini später als genuin politisch definiert. Die Popularität des Downsianischen Ansatzes liegt trotz (oder gerade wegen) zahlreicher komplexitätsreduzierenden Modellierungsentscheidungen in seiner Brillanz begründet.
- 2.
Der Wettbewerb innerhalb einer Marktwirtschaft wird in der Ökonomie als das Element gedacht, dass bei Störungen eines Gleichgewichts durch spontane Kräfte den bestehenden Mangel oder Überschuss durch entsprechende Produktionsveränderungen wieder in ein neues Gleichgewicht bringt. Entsprechend dachte sich der schottische Nationalökonom Adam Smith den Wettbewerb als einen Prozess zwischen zwei Gleichgewichtslagen. Auch wenn im Prinzip die komplette anschließende Theorieentwicklung der Ökonomie sich auf Smith beruft, verschob der Blickwinkel sich zeitweilig auf das Ende des Prozesses (vgl. Heuß 1978, S. 681). Einem solchen Blickwinkel gilt wohl die Kritik Bartolinis (1995), der den politischen Wettbewerb von daher für grundverschieden vom ökonomischen auffasst. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen der modernen Wettbewerbsauffassung in der Ökonomie und den Vorstellungen Bartolinis gering.
Die Verengung des Blickwinkels auf das Ende des Prozesses führte in der Ökonomie dazu, dass ausschließlich nach den Bedingungen dieses Endzustandes geschaut wurde, ohne den eigentlichen Bewegungsvorgang zu berücksichtigen. Dieser Blickwinkel ist bis heute noch den klassisch-neoklassischen sowie post-keynsianischen Theorien stellenweise zu eigen (vgl. Heuß 1978, S. 681).
- 3.
In den englischen Übersetzungen ist diese Unterscheidung verloren gegangen, weil beides mit competition übersetzt wurde.
- 4.
Siehe auch Übersicht im Anhang.
- 5.
„Innovation wird dabei als, neue‘ Definition alter Probleme, Einfügung neuer Punkte in die politische Tagesordnung, Repräsentation neuer Interessen und neuer Minderheiten, strukturelle Veränderungen im Regierungssystem (,Reform‘) und neue Wege der Organisation und Mobilisierung von Wählern verstanden.“ (Lehmbruch 1976, S. 38).
- 6.
Zwischen den Disziplinen scheint es aber eine stärkere Trennung bei der Art der analytisch fundierten, normativen Empfehlungen zu geben. Dies wiederum scheint aber in den unterschiedlichen Erklärungszielen und Forschungsinteressen begründet zu sein: Während Ökonomen die Effizienz der Güterallokationen in den Vordergrund stellen und somit naturgemäß alle Störfaktoren einer effizienten Allokation ausschalten wollen, steht in der Politikwissenschaft wie bei den meisten Sozialwissenschaften die Effektivität der politischen und sozialen Integration im Vordergrund. Zur effektiven Herstellung von politischer und sozialer Integration kann häufig ein Eingriff in die ansonsten effiziente Güterallokation notwendig sein.
- 7.
Oder er hat sie bei der Wahl verloren. Auch den negativen Fall müssen wir uns denken. Von daher müsste im Sinne Schumpeters korrekter vom Inventor gesprochen werden. Nur eine durchgesetzte Invention ist exakterweise eine Innovation (vgl. Hesse 1987, S. 214).
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Franzmann, S.T. (2016). Opposition und Staat. Zur Grundlegung der Parteiendemokratie. In: Bukow, S., Jun, U., Niedermayer, O. (eds) Parteien in Staat und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05309-3_3
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