Zusammenfassung
Der aus den Wirtschaftswissenschaften stammende Begriff des Clusters benennt eine heterogene Akteurskonstellation, die sich aus unterschiedlichen KollektivakteurInnen wie privatwirtschaftliche Unternehmen, Hochschulen und anderen und deren Beziehungen zusammensetzt. Den Anfang der theoriebezogenen Ausführungen dieses Kapitels macht folglich eine Diskussion des wirtschaftswissenschaftlichen Konzeptes regionaler Cluster. Als zentrale Aspekte, die in den anschließenden (Unter)Kapiteln erörtert und kritisch reflektiert werden, erweisen sich in dieser Diskussion die Bezüge auf eine so genannte gute Kooperation, auf Konkurrenz und Rivalität und auf Vorteile räumlicher Nähe (2.2). Die Auseinandersetzung mit der empirischen Clusterforschung verdeutlicht, dass diese aus unterschiedlichen Diskurssträngen besteht, in denen jeweils spezifische Aspekte der Heterogenität regionaler Cluster thematisiert werden. Und sie legt offen, dass die empirische Clusterforschung zwar auf zentrale Aspekte so genannter guter Kooperation verweist, diese aber nicht theoretisch durchdringt (2.3). Die Diskussion über eine gute Kooperation macht klar, dass Kooperationen in Konflikte übergehen oder mit Wettbewerb verkoppelt sein können und dass etwa Vertrauen auch in Misstrauen, positive Reziprozität in ihr Gegenteil umschlagen kann. Da es sowohl der theoriebezogenen als auch der empirischen Clusterforschung an soziologisch überzeugenden Konzepten der Konkurrenz, der Rivalität und der Konfrontation fehlt, folgt eine Auseinandersetzung mit konfliktsoziologischen Ansätzen, die es nahe legt, Analysen der Entstehung und Reproduktion regionaler Cluster an die Aktivitäten und denen ihnen zu Grunde liegenden Regeln und Praktiken zurückzubinden. Sie verdeutlichen zudem, dass eine Analyse unbefriedigend bleibt, solange die Aktivitäten nicht in Zusammenhang mit ihren Kontexten, insbesondere ihren materiellen Kontexten gestellt werden (2.4). Anschließend steht eine Diskussion der Beschaffenheit dieser Kontexte im Vordergrund. Argumente in neueren sozialgeografischen Arbeiten legen es nahe, regionale Cluster nicht mit Hilfe dichotomer Mehrebenenmodelle etwa des Lokalen und des Globalen zu analysieren. Regionale Cluster lassen sich vielmehr als Milieus oder Orte begreifen, in denen menschliche AkteurInnen und nichtmenschliche Entitäten in heterogenen Netzwerken und Arrangements miteinander verknüpft sind, vielfältige Aktivitäten ausüben und in Konfigurationen sozialer Praktiken eingebunden sind (2.5). Abschließend erfolgt eine Auseinandersetzung mit vor allem zwei praxistheoretischen Ansätzen, nämlich der Theorie sozialer Praxis von Pierre Bourdieu und dem social site Ansatz von Ted Schatzki. Beide Ansätze dienen der Rahmung und Einklammerung der zuvor behandelten Diskurse und Diskursstränge. Sowohl die feldtheoretischen Überlegungen Bourdieus als auch die Kontextualisierungstheorie von Schatzki erweisen sich als hochgradig anschlussfähig an die genannten Diskurse. Schatzkis Ansatz bietet mit dem ausgearbeiteten Konzept sozialer Praktiken ein Hilfsmittel, um die Entstehung und Reproduktion der Wirklichkeiten regionaler Wirtschaftscluster an die in der empirischen Forschung im Zentrum stehenden Aktivitäten der AkteurInnen anzuknüpfen. Der Vorteil eines solchen poststrukturalistischen, anordnungs- und praxistheoretischen Ansatzes liegt darin, die durch die Aktivitäten der involvierten individuellen und kollektiven AkteurInnen erzeugten Wirklichkeiten in ihren Vielfältigkeiten, Unterschiedlichkeiten und permanenten Wandlungen analysieren zu können (2.6).
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Jonas, M. (2014). Praxistheoretische Kritik der regionalen Clusterforschung. In: Zur Inszenierung eines Wirtschaftsclusters. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05181-5_2
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