Der Begriff „Jungenpolitik“ erklärt sich bislang nicht von selbst: Wenn es um Geschlechterpolitik geht, taucht er nicht auf. In einschlägigen Fachpublikationen ist er nicht vermerkt. im Internet findet sich dazu nur wenig Substanzielles. wer den Begriff verwendet, erntet skeptische Blicke und wird schnell in eine männerrechtlerisch-revisionistische Ecke gestellt. das alles ist verständlich, denn bislang ist Jungenpolitik nur wenig positioniert. sie muss also definiert, begründet und entwickelt werden.

Jungen und ihre Anliegen wurden bis vor wenigen Jahren weder in Bundes- und Landespolitiken, noch auf der kommunalen politischen Ebene explizit beachtet. Nur geschlechtsneutral, also „als Kinder“ bzw. „als Jugendliche“, wurden Jungen mit einbezogen, gleichsam „mit-gedacht“. Geschlechtsbezogene Aspekte konnten damit aber nicht in den Blick genommen werden, im Gegenteil: Gerade sie blieben oder wurden verdeckt. Erst in den letzten Jahren hat sich diese Lage allmählich verändert: Durch die Medien, die sich auf die Ergebnisse der PISA-Studien oder auf Gesundheitsstatistiken stürzten, durch die breiter aufgestellten Fachdiskurse der Jungenarbeit und -pädagogik, durch Boys’ Day-Initiativen und Großprojekte wie in Deutschland das Netzwerk „Neue Wege für Jungs“, aber auch durch Fachkräfte, die ihre Schwierigkeiten in der Arbeit mit Jungen benannten; in Deutschland wurde gar auf bundesministerialer Ebene ein „Fachbeirat Jungenpolitik“ eingerichtet.

In dieser dynamischen Entwicklungssituation geht es nun darum, einen Begriff der Jungenpolitik zu entwickeln und zu bestimmen, ihn mit Inhalten zu füllen sowie dabei jungenpolitische Interessen zu identifizieren und zu bündeln.