Zusammenfassung
Eine sehr spezifische Form des Außer-Haus-Essens steht von Ernährungsarmut Betroffenen offen, nämlich die Tafeln. Ihre Existenz und ihr Erfolg sind ein weiterer trauriger Beleg meiner ersten These: Es gibt Hunger und Ernährungsarmut in Deutschland. Und sie stehen exemplarisch für meine zweite Zentralthese: Die gesellschaftliche Teilhabe über Essen ist mindestens ebenso wichtig wie die reine Nahrungssicherung. Die letztere Aufgabe können Tafeln zum Teil erfüllen, alimentäre Teilhabe jedoch nicht. Tafeln sind für viele Menschen ein wesentlicher Faktor der Nahrungssicherung geworden: Aktuell werden mehr als 1,5 Mio. Menschen an 900 Tafeln und über 3.000 Ausgabestellen mit Lebensmittelspenden unterstützt; (Bundesverband Deutsche Tafel 2013a). Die Hälfte der Tafelnutzenden gilt als Stammkunde/-kundin (von Normann 2003, S. 143). An den Tafeln lässt sich exemplarisch zeigen, welche drei gesellschaftlichen Umgangsformen mit Hunger und Ernährungsarmut in Deutschland derzeit vorherrschen: Delegierung – Negierung – Stigmatisierung.
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Notes
- 1.
Paugam 2008, S. 191; Auch für Leibfried et al. (1995, S. 210 ff.) sind die Armutsbilder der deutschen Nachkriegsgesellschaft geprägt von Dramatisierung einerseits und Verdrängung andererseits, und Butterwegge kommt fast 15 Jahre später zu einem noch eindeutigeren Urteil: Armut in Deutschland werde „immer noch geleugnet, verharmlost und verschleiert“ (2009, S. 8).
- 2.
Vgl. Paugam 2008, S. 192; Butterwegge 2009, S. 97 ff. Inwieweit unsere heutigen gesellschaftlichen Vorstellungen von gutem Essen in der Zeit des Wirtschaftswunders ihren Anfang nahmen, ist meines Wissens nicht untersucht. Dass wir aber bis heute gerade in Bezug zu unserer Konsumgeschichte viele Anleihen bei dieser Phase nehmen, legen die Ausführungen zum „Traum vom guten Leben“ von Andersen (1998) nahe; nicht im Zusammenhang mit Essen und Ernährung, aber als deutlicher Bezug wirkt das Geschichtsbild des Wirtschaftswunders beispielsweise im politischen Sprachgebrauch selbst noch in der Wendezeit nach (vgl. Abelshauser 2004, S. 402).
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Pfeiffer, S. (2014). Gesellschaftlicher Umgang mit Hunger: Delegierung - Negierung - Stigmatisierung. In: Die verdrängte Realität: Ernährungsarmut in Deutschland. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04665-1_5
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