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Zusammenfassung

Sowohl in der politischen Theorie als auch in den Sozialwissenschaften sind Fragen der Selbstbestimmung und der Gerechtigkeit Leitideen, denn sie regeln das gesellschaftliche Zusammenleben und machen Vorschläge, wie es angeordnet werden kann. Es gibt keine Gesellschaft, die nicht in irgendeiner Weise für sich beansprucht, oder dies zumindest nach außen vorgibt, gerecht zu sein. Der Erreichung eines bestimmten Zieles werden vielfach eine entsprechende Gerechtigkeitskonzeption und ein daraus folgendes Gesellschaftskonstrukt erst nachträglich zugrunde gelegt. Dabei wird von Voraussetzungen ausgegangen, aufgrund dessen Menschen in festgelegten Bereichen gleich behandelt werden sollen, mit dem Ziel, ein höheres Maß an Gerechtigkeit zu erreichen. Die Sphären, die für den Versuch der Gleichbehandlung herangezogen werden, zeigt die Analyse des Verlaufes des politischen Denkens beziehungsweise die Rolle der Frauen darin. Dies bildet eine Grundlage, auf der sowohl die heutige Struktur der Gesellschaft als auch die jeweils gültigen Gerechtigkeitsauffassungen und möglichen Sphären aufgebaut haben. Es erweist sich, dass in der ganzen Entwicklung bis heute vielfach genau die Menschen nicht beachtet werden, die in den relevanten Belangen nicht „gleich“ sind. Sie erfahren in den benachteiligten Bereichen wenig Anerkennung. Dies betrifft viele mehr oder minder unterdrückte Gruppen der Gesellschaft, zu denen auch Frauen gehören, da sie aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung oft nicht in die von Männern geprägten gesellschaftlichen Maßstäbe passen.

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Notes

  1. 1.

    Hier wird „Gesellschaft“ heuristisch verstanden. Sie beschreibt eine Gruppe von Menschen, welche aufgrund des Wohnortes, den gleichen politischen Vorgaben und Gesetzen unterworfen sind. Sie haben keine emotionale Verbindung untereinander, wie es, nach dem hier vertretenen Verständnis, Mitglieder einer „Gemeinschaft“ haben. Die Gesellschaft ist demnach eine abgegrenzte Anzahl von Personen, die trotz unterschiedlicher Merkmale zusammengefasst wurde. Sie leben in bestimmten Beziehungen miteinander verknüpft und interagieren direkt oder indirekt. Hierzu gibt es unzählige unterschiedliche Auffassungen: So bedeutet für Marx Gesellschaft die Gesamtheit der Verhältnisse zwischen den Menschen (ders. 2000). Tönnies hingegen ist Ende des 19. Jahrhunderts der Auffassung, dass Gesellschaft eine genau definierte Gruppierung von Personen ist (ders. 2005). In der kommunikationstheoretischen Konzeption von Niklas Luhmann betrifft die Gesellschaft die Summe aller Ereignisse, welche füreinander kommunikativ zugänglich sind (ders. 1775). Nassehi greift die Systemtheorie von Niklas Luhmann auf und versucht deren Möglichkeiten für die Sozialforschung anwendbar zu machen. Der Gesellschaftsbegriff sollte von seinen substantialistischen Elementen zugunsten eines operativen Verständnisses losgelöst werden (ders., siehe u. a. 1993 [1], 1993 [2], 2003, 2009, 2011). Für Nassehi ist Gesellschaft ein Ordnungssystem „[…] in der Sprecher auf Publika treffen und Publika auf Sprecher. Es ist dies jener virtuelle Raum, in dem sich das Ganze der Gesellschaft als ‚Gesellschaft‘ inszenieren lässt, als Sphäre, die als Öffentlichkeit offenkundig nicht für das Ganze steht, aber für das Ganze gehalten wird“ (ders. 2009, S. 33). Gesellschaft ist demnach ein Raum der kollektiven Gestaltbarkeit, oder im Luhmannschen Sinne „[…] als semantische Figur ein Ausdruck der Konzentration der gesellschaftlichen Selbstbeschreibung auf die Sozialdimension“ (ders., S.33, 34). Im Zusammenhang mit der Entstehung der Nationalstaaten entstand dann die Idee der „prinzipiellen rechtlichen Gleichheit der Menschen und ihre sozial, insbesondere wirtschaftlich erzeugte Ungleichheit“ (Nassehi 2009, S. 35). Seither ist es, trotz allem sich hier auftuenden kontroversen Untersuchungsmaterials, die bereits oben beschriebene Menschengruppe, welche den gleichen Gesetzen unterstellt ist.

  2. 2.

    In den Publikationen, die sich für das Frauenrecht einsetzten, die vor fast 200 Jahren veröffentlicht wurden, waren die Frauen der Meinung, dass sie grundsätzlich gleich sind und ihnen daher auch die gleiche Würde zusteht wie den Männern. Sie waren der Auffassung, dass die Differenzen zwischen den aufklärerischen Idealen der Freiheit, Gleichheit oder Selbstverwirklichung und der Ziele der Geschlechtergerechtigkeit und des Staates überwindbar sind. Ihr Ziel war unter anderem auch eine Würdigung und gleichwertige Anerkennung der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Vgl. u. a.: de Gouges 1979, 1995, 2000.

  3. 3.

    Hinsichtlich der Ausdrucksformen innerhalb der Geschlechterproblematik zeigen die hier zu untersuchenden Belange, dass die Problematik zwischen den Geschlechtern nur im Ganzen betrachtet werden kann. „Sex“ und „Gender“ können nicht voneinander getrennt werden, denn die Ausdrucksformen in beiden Bereichen hängen eng miteinander zusammen. So fließen beispielsweise männlich konnotierte herablassende Bemerkungen über die Sexualität gegenüber Frauen auch in die kulturelle Prägung der Frauen mit ein. Daher wird hier das „kulturelle“ Geschlecht (gender) und das „biologische“ Geschlecht (sex) zwar wohl als different betrachtet, aber es wird die Meinung vertreten, dass dies nicht durchgängig voneinander getrennt werden kann und in dieser Arbeit nicht angemessen ist. Während beim „kulturellen Geschlecht“ eine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern schwierig ist, aber machbar sein könnte, so muss meist, wie auch im Fall der „Reproduktion“, das „biologische“ Geschlecht mit einbezogen werden, wodurch eine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern dann wieder als ebenso unmöglich erscheint wie die Trennung dieser beiden Bereiche. Eine getrennte Untersuchung ist hier daher nicht möglich.

  4. 4.

    Womit eine Form von Entscheidungsfreiheit gemeint ist (siehe Teil II).

  5. 5.

    Siehe unter anderem Hall 1990, Rössler 2001.

  6. 6.

    Unter Gerechtigkeitstheorien werden hier Theorien verstanden, welche systematisch zu bestimmen trachten, was Gerechtigkeit ist, wie sie begründet werden und was sie sein kann. Sie versuchen darüber hinaus auch zu begründen, wie Gerechtigkeit in einer Gesellschaft aussehen soll. Vielfach suchen Gerechtigkeitstheorien beziehungsweise die Autoren, die diese Theorie vertreten, nach einer Gerechtigkeit, die für alle gelten kann. Dies wird auch als Egalitarismus bezeichnet. Im Konkreten beschäftigt sich der Egalitarismus (lat. aequalitas, die Gleichheit) mit der Frage wie durch Herstellung von Gleichheit die Widersprüche einer Gesellschaft aufzulösen wären. So ist die Gleichheit des persönlichen Besitzes eines der Ziele mancher Egalitarismusformen. Eine andere Strömung des Egalitarismus fordert die Gleichheit der Chancen für jedes Individuum in der Gesellschaft. Der Terminus Egalitarismus wird auch hinsichtich des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern, der Menschenrechte oder der Bildung angewandt. Fraglich ist, inwiefern der Egalitarimus Differenzen berücksichtigen kann. Der Begriff des Egalitarismus bezieht sich in der aktuellen feministischen Diskussion auf hierarchische Strukturen im Geschlechterverhältnis; es wird der egalitären Theorie vorgeworfen, dass sie politisch strategisch handle, das heißt im Namen von Gleichheit kulturelle Dominanz und Unterordnung legitimiert. Siehe unter anderem Ackermann 1980, Dworkin 1981 (1 und 2), 1984, 1995, 2000; Rawls 1975; Nagel 1992.

  7. 7.

    Unter einem kommunitaristischem System (lat communitas, also die Gemeinschaft), wird hier eine Weltanschauung verstanden, die die soziale Rolle in der Familie beziehungsweise der jeweiligen Gemeinschaft in den Vordergrund stellt. Das Individuum ist hierfür verantwortlich und betrachtet das Leben innerhalb der Gemeinschaft als seine wichtigste Lebensaufgabe. Dieser Ansatz entwickelte sich um 1980 als Reaktion auf die „Theorie der Gerechtigkeit“ von John Rawls. Siehe hierzu unter anderem Barber 2003; Etzioni 2001; MacIntyre 1998, 1999, 2001; Sandel 1984, 1993, 1998; Taylor 1997, 2001.

  8. 8.

    Vgl. Teil II.

  9. 9.

    Witwen haben in Indien meist kaum noch Perspektiven, da sie als Unglücksbringerinnen verachtet werden und aufgrund ihrer geringen Ausbildung auch kaum aus ihrer misslichen Lage hinaus können. Bis heute werfen sich manche Witwen bei der Verbrennung ihres Mannes unter religiösen Vorgaben ebenfalls ins Feuer (u. a. siehe Fisch 1998).

  10. 10.

    George Herbert Mead unterscheidet zwischen Bewusstsein und Identität. Demnach beeinflusst das eine bei Veränderung nicht notwendigerweise das andere (ders. 1995).

  11. 11.

    Diese Aussage trifft Taylor zwar im Zusammenhang mit der Diskriminierung von ethnischen Minderheiten, doch an dieser Stelle wurde eine seiner theoretischen Aussagen auf die Diskriminierung von Frauen übertragen (Taylor 1997).

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© 2015 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Schnebel, K. (2015). Einleitung. In: Selbstbestimmung oder Geschlechtergerechtigkeit. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04209-7_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-04209-7_1

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-04208-0

  • Online ISBN: 978-3-658-04209-7

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