Zusammenfassung
Die Herausgeber des Sammelbandes Frank Ragutt und Tim Zumhof führen zunächst in den Stellenwert und Stand des metaphorologischen, geschichtsphilosophischen und anthropologischen Werkes Hans Blumenbergs für die erziehungswissenschaftliche Reflexion ein und geben anschließend einen ersten Überblick über die versammelten Beiträge. Für ihre Einfürung gehen die Herausgeber von einer prinzipiellen Unbegrifflichkeit der Erziehung und Bildung aus, die als unabweisbare Daseinsphänomene einer orientierenden metaphorischen Hintergrüdigkeit bedürfen, und zeigen auf, wie die Begriffe von der Erziehung und Bildung im Zuge der sich rationalisierenden Pädagogik im Ausgang des humanistischen Zeitalters ihre substrukturelle, metakinetische Energie im Denken entfalten.
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Lange Zeit existierte nur ein einziges Foto von Blumenberg, das in der Öffentlichkeit, in Buchkatalogen und Zeitungen kursierte. Das Portrait zeigt ihn elegant gekleidet, Lippe und Kinn mit Daumen und Zeigefinger umspielend sowie mit dem Blick eines aufmerksamen Beobachters. Als das Bild im Januar 2012 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zusammen mit einer zweiseitigen Würdigung erschien, machte ein Leser darauf aufmerksam, dass es spiegelverkehrt abgedruckt sei. Das war kein Versehen, denn der Suhrkamp Verlag, der das Foto bereitgestellt hatte, druckte es selbst stets spiegelverkehrt ab. Blumenberg kommentierte dies schon damals süffisant: „Bei Suhrkamp muss ich immer nach links schauen“ (Zill 2013, S. 84). Denn das Bild wurde in der FAZ schon 1982 zusammen mit dem Proust’schen Fragebogen abgedruckt. Als Georg Hensel und Volker Hage eine Sammlung aller Fragebögen in Buchform publizieren wollten, wurde ein neues Bild eingesetzt – es zeigte allerdings nicht den Philosophen Hans Blumenberg, sondern den Filmkritiker und Regisseur Hans C. Blumenberg. Auf die Bildverwechslung antwortete der Philosoph abermals mit ironischem Unterton: „Seit der Veröffentlichung des falschen Bildes sei ‚der Zustrom der Zeitgenossenschadenfreundlichkeiten stetig‘. Er aber habe darauf mit dem Hinweis reagiert, ‚die Verwechslung besteht nicht im Bild, sondern in der Legende dazu‘. Er sei nämlich im Buch gar nicht enthalten, was man an verschiedenen Antworten im Fragebogen, die besser zu einem Filmkritiker als zu ihm passen würden, mühelos sehen könne“ (Zill 2013, S. 90).
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Ragutt, F., Zumhof, T. (2016). Die Lesbarkeit des Werks. Einleitende Bemerkungen zur pädagogischen Lektüre der Werke von Hans Blumenberg. In: Ragutt, F., Zumhof, T. (eds) Hans Blumenberg: Pädagogische Lektüren. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03477-1_1
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