Zusammenfassung
Anschließend an die zuvor entfaltete wissenssoziologische Perspektive kann nun eine Reihe von Zwischenergebnissen festgehalten und erörtert werden, die bereits ein wesentlich tieferes Verständnis der Wahrnehmung von Wandel erlauben. Hierzu zählen die kulturelle und situative Ausrichtung der Wahrnehmung; die Einnahme reflexiver Haltungen als Bedingung der Wahrnehmung von Veränderungen sowie die Voraussetzung des Erinnerns von Referenzpunkten, die Vergleiche zwischen mehreren Zuständen bestimmter Sachverhalte überhaupt erst ermöglichen. Des Weiteren behandelt dieses Kapitel subjektive und kollektive Formen der Wahrnehmung von Veränderung, den Stellenwert einiger den Objekten zugehöriger (materialer und dynamischer) Merkmale für die Wahrnehmbarkeit ihres Wandels sowie vergangenheits- bzw. zukunftsbezogene Zeithorizonte der Wahrnehmung von Veränderung.
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Notes
- 1.
Allerdings besitzen solche Erweiterungen von sozialen Speichern und Mengen der in ihnen gespeicherten Informationen durchaus Ambivalenz. Geoffrey Bowkers (2005, S. 15; 29 f.) interessante Arbeit über Erinnerungspraktiken in der Wissenschaft weist auf zwei auch über die Wissenschaft hinaus relevant erscheinende Punkte hin: Zum einen gehen immer wieder Informationen durch Wandel in der Informationstechnologie verloren (hier kann z. B. an Verluste im Zuge der Ablösung von Diafotografie oder Videokassetten durch digitale Medien gedacht werden). Zum anderen legen die technisch erweiterten Archive eine neue kulturelle Form des Erinnerns nahe, da sie dem erinnernden Abruf häufig eine gänzlich unstrukturierte Vielzahl an Einzelinformationen anbieten, die erst in einen Zusammenhang gebracht werden müssen, während zumindest einige andere Formen des Erinnerns bereits narrativ und insofern auch inhaltlich und zeitlich strukturiert waren (so z. B. die „erfundenen Traditionen“ (Hobsbawm und Ranger 1983) im Zuge der Etablierung von Nationalstaaten).
- 2.
Vgl. zu diesen Aspekten wieder Kuhn (1976).
- 3.
Komplementär hierzu verweist Koselleck auf die schnellen Verfassungswechsel, die dann im Zuge der Französischen Revolution folgten und zum verbreiteten Befund führten, dass hier „alle Möglichkeiten menschlicher Organisationsformen binnen zehn Jahren durcheilt worden seien“ (Koselleck 2000, S. 196). Die hohe Dynamik des Wandels erlaubte insofern nicht nur dessen Wahrnehmung, sondern führte darüber hinaus zu geschichtstheoretischer Reflexion. – Wir können vermuten, dass diese Erfahrung der schnellen Verfassungswechsel auch den Hintergrund darstellt, vor dem Hegels Beobachtung der Nichtwahrnehmung früheren langsamen Wandels erst möglich wurde.
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Rost, D. (2014). Zwischenresultate: Die Wahrnehmung von Wandel aus wissenssoziologischer Perspektive. In: Wandel (v)erkennen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03247-0_4
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