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Das Shifting-Baseline-Syndrom (SBS) – Einführung in ein heuristisches Konzept

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Wandel (v)erkennen
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Zusammenfassung

In seiner Kritik an der häufig unreflektierten und historisch nicht weit genug zurück reichenden Forschung zum Wandel maritimer Ökosysteme prägte der Meeresbiologe D. Pauly den Begriff des „Shifting-Baseline-Syndroms“. Andere Autoren und Autorinnen, die ebenfalls vorwiegend in naturwissenschaftlichen Disziplinen beheimatet sind, übertrugen dieses Konzept, das sich zunächst auf die Praxis der Wissenschaft bezog, dann vom wissenschaftlichen Kontext auf Arbeitstätigkeiten wie z. B. die Fischerei. Ein sorgfältiger Blick auf diese Arbeiten liefert Ansatzpunkte und Perspektiven für die Entwicklung einer umfassenderen, sich auf die Sozialwissenschaften stützenden Untersuchung des Verkennens und Erkennens von Wandel.

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Notes

  1. 1.

    Ainsworth et al. (2008), Baum und Myers (2004), Dayton et al. (1998), Knowlton und Jackson (2008), Papworth et al. (2009), Pinnegar und Engelhard (2008), Roberts (2007), Sáenz-Arroyo et al. (2005), Sale (2011), Sheppard (1995), Turvey et al. (2010); in Öffentlichkeitsarbeit: http://www.shiftingbaselines.org.

  2. 2.

    Die Meeresforschung scheint aufgrund ihrer besonders schwierigen Beobachtungsbedingungen durch einen spezifischen Mangel an historischer Tiefe geprägt zu sein (Knowlton und Jackson 2008, S. 215).

  3. 3.

    Genauer gefasst handelt es sich hierbei nämlich um einen Alterskohorteneffekt. Der Generationenbegriff zielt in der Regel – insbesondere sofern Karl Mannheim (1928) gefolgt wird – auf generative Abfolgen und nur unter bestimmten Bedingungen zustande kommende Generationenlagerungen und -selbstverständnisse. In diesem Sinne ist er spezifischer und voraussetzungsvoller als der eher technische Begriff der Alterskohorte, der im hier angesprochenen Zusammenhang passender wäre. Da die entsprechenden Arbeiten zum SBS allerdings den Kohortenbegriff kaum nutzen, lässt sich bei deren Darstellung eine Übernahme des unscharfen Generationenbegriffs nicht ganz vermeiden.

  4. 4.

    Der kollektive Aspekt der Institution Wissenschaft wurde insbesondere von Merton (1985) in sehr klarer Weise umrissen. Seit Jahrhunderten ist er im Bild der „Zwerge auf den Schultern von Riesen“ ausgedrückt, das die Erkenntnisvermögen einzelner immer in Beziehung zu vorangegangenen Erkenntnisleistungen anderer setzt – und insofern zugleich auf den hohen Stellenwert von Gedächtnis und Erinnerung für die wissenschaftliche Praxis hinweist.

  5. 5.

    Max Planck sprach – wie Thomas S. Kuhn (1976, S. 164) in seinen Überlegen zu Umbrüchen in der Wissenschaft aufgreift – in seiner wissenschaftlichen Selbstbiografie von der bemerkenswerten Erfahrung, dass eine „neue wissenschaftliche Wahrheit sich nicht in der Weise durchzusetzen [pflege], daß ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, daß die Gegner allmählich aussterben und daß die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist“ (Planck 1948, S. 22). Aufgrund dieser allmählichen Durchsetzung von wissenschaftlichen Revolutionen spricht Kuhn – in der Tat passend für die Thematik des SBS – auch von der „Unsichtbarkeit von Revolutionen“, so lautet die Überschrift des entsprechenden Kapitels. Die Rede ist also von einer möglichen Nicht-Wahrnehmung auch revolutionären Wandels (hier freilich eines wissenschaftlichen Paradigmas).

  6. 6.

    Einen Fall wohl schon extrem rapider Verschiebung von Referenzpunkten berichten Turvey et al. (2010, S. 785) vom chinesischen Yangtze, an dem lokale Fischer bereits vor dem endgültigen Verschwinden bestimmter Fischarten aus dem Fluss diese schon nicht mehr kennen. – Solch rasches Vergessen, das sich sogar auf Gegenwärtiges bezieht, dürfte in den spezifischen Relevanzen von Fischern, die sich von denjenigen der Biologen unterscheiden, begründet sein: den Wissenschaftlern geht es um Wissen über Flora und Fauna, den Fischern um regelmäßiges Fangen von Fischen.

  7. 7.

    Kahn beschreibt „generational amnesia“ wie folgt: „I think we all take the natural environment we encounter during childhood as the norm against which we measure environmental degradation later in our lives. With each ensuing generation, the amount of environmental degradation increases, but each generation in its youth takes that degraded condition as the nondegraded condition – as the normal experience.“ (Kahn 2002, S. 106)

  8. 8.

    Die Autoren beziehen sich hinsichtlich „change blindness“ eher lose auf die umfangreichen experimentellen Studien zu solchen Grenzen visueller Wahrnehmung von Veränderungen von Simons und Rensink (2005).

  9. 9.

    Sale skizziert dort die besondere Schwierigkeit des Wahrnehmens von exponentiell verlaufendem Wandel.

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© 2014 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Rost, D. (2014). Das Shifting-Baseline-Syndrom (SBS) – Einführung in ein heuristisches Konzept. In: Wandel (v)erkennen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03247-0_2

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-03247-0_2

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-03246-3

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