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Die Große Form für die Gegenwart: Die documenta als Innovation von Ausstellungsformaten

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Beziehungsanalysen. Bildende Künste in Westdeutschland nach 1945

Part of the book series: Kunst und Gesellschaft ((KUGE))

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Zusammenfassung

Die Ausstellung von modernen Werken und Gegenwartskunst erfüllte während der Nachkriegszeit ab 1945 wichtige Aufgaben für die Neukonstitution der westdeutschen Kunstwelt. Dies ist einer der Gründe, warum die documenta eine so wichtige Position erlangen konnte. Zuwenig wird aber noch beachtet, dass Ausstellungen ihre Wirkung auch der Form, in der sie organisiert werden, verdanken. Im Beitrag wird daher eine relationale Analysemethode für Ausstellungsformate vorgestellt, um das Verhältnis zwischen der inneren Struktur von Ausstellungen und ihrer Bedeutung erzeugenden Ausstellungspraxis zu untersuchen. Daran anschließend wird das Konzept anhand einer die Trägerschaften von Gegenwartskunstausstellungen betrachtenden Typologie systematisiert. Dabei lassen sich für die Zwischenkriegszeit große Kunst- und Künstlergruppenausstellungen als zwei strukturell gegensätzliche, aber historisch gleichermaßen einflussreiche Ausstellungstypen herausarbeiten. Eine empirische Beziehungsanalyse des Umfeldes von Arnold Bode zeigt darauf aufbauend, dass Künstler, sowohl wenn sie sich aktiv an der Organisation beteiligten, als auch, wenn ihre Werke nur ausgestellt wurden, während der 1920er Jahre bereits Erfahrungen mit beiden Formaten sammelten. An diese Erfahrungshintergründe mit Ausstellungskonventionen wurde auch nach dem Bruch 1945 wieder angeschlossen. Für die documenta wird herausgestellt, wie sie Elemente beider Ausstellungstypen miteinander kombinierte, die bisherigen Ausstellungskonventionen damit wesentlich erneuerte und so zum geeigneten und zukunftsträchtigen Ausstellungsmodell, zur großen Form für die Gegenwart avancierte.

Er [Alfred Barr] kam am Kasseler Bahnhof an, der kaputt war, ging durch kaputte Straßen, und fragte sich, wo denn ›die documenta‹ sei. Natürlich waren viele entsetzt über die Ausstellungsbedingungen im Fridericianum. Es gab weder Feuchtigkeitsspender noch Sicherheitssysteme. […]

(Nele 2007, S. 12).

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Notes

  1. 1.

    Die Ausstellungen aus der Zeit des Nationalsozialismus werden hierfür nicht herangezogen, weil die ausgewählten Akteure an diesen Ausstellungen nicht beteiligt waren. Außerdem wären die veränderten politischen Rahmendingungen und die Kunstdoktrin zu berücksichtigen.

  2. 2.

    Vgl. die seit 2011 online verfügbare Datenbank: http://www.gdk-research.de.

  3. 3.

    Für Frankreich vgl. Schieder 2004 und für die USA Ruby 1999.

  4. 4.

    Dr. Ludwig Justi, damaliger Direktor der Berliner Nationalgalerie, initiierte ab 1930 in der Zeitschrift „Museum der Gegenwart“ ein programmatisches Sprachrohr für den Anspruch Kunst der Gegenwart im Museum zu zeigen. Vgl. Winkler 2002 und Grisebach 2006.

  5. 5.

    Vgl. zur Institution: Rehberg 1994; zur Konvention: Becker 1982.

  6. 6.

    Holt legt eine Typologie von Kunstausstellungen nach Trägerschaften vor : The Exhibition in an Artist’s Studio, The Official Exhibition of the State, The Exhibition by an artist of his own work, The Exhibition by a Society, The Museums Exhibition, die keine kooperative Ausstellungsorganisation berücksichtigt (Holt 1979). Mai typologisiert Großausstellungen, die er vorwiegend nach Themengebieten der Ausstellungen unterscheidet, in Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, die „Star- Ausstellung“, die kulturhistorische Ausstellung, Schatzkunst, Meisterwerke, die kunsthistorische Ausstellung nach Themenausstellung und Spezialistenausstellung, berücksichtigt aber die Trägerschaft nicht (Mai 1986). Meijers befasst sich mit dem Typus der „Ahistorischen Ausstellung“ in Museen (Meijers 1996).

  7. 7.

    Koch 1967. S. 6 f.

  8. 8.

    Vgl. dazu soziologisch Max Weber 1972, S. 3 f.

  9. 9.

    Vgl. dazu die Ausstellungskataloge, verzeichnet im Literaturverzeichnis. Die im nächsten Kapitel folgende Auswertung stützt sich auf die Informationen in den Katalogen, die namentliche Angaben zur Ausstellungsorganisation veröffentlicht haben.

  10. 10.

    Ebenso auf der Basis von Ausstellungskatalogen.

  11. 11.

    Vgl. zu einer Analyse der sozialen Trägerschaft der Kunstausstellungen Panzer 2014.

  12. 12.

    Vergleichbar ist die Praxis mit den Aktivitäten der Hessischen Sezession von 1946–1949 in Kassel. Vgl. Panzer in diesem Band.

  13. 13.

    Vgl. dazu die im Literaturverzeichnis aufgeführten Ausstellungskataloge, ergänzt um die Angaben aus Schmaling 2001, S. 651 ff.

  14. 14.

    Vgl. Panzer in diesem Band.

  15. 15.

    Den Zusammenhang zur Vorkriegsgeschichte stellt Herbordt her (Herbordt 1948). Schwarze bringt sie in Verbindung zur documenta: „Als Arnold Bode und Heinrich Dersch 1929 zusammen die ‚Neue Kunst‘ zusammenstellen durften, da steckten sie einen Rahmen ab, der zwar nicht deckungsgleich mit der Auswahl der deutschen Künstler für die documenta 1955 war, der aber schon einen wesentlichen Teil der Namen umfasste. In beiden Ausstellungen (1929 und 1955) vertreten waren: Albers, Baumeister, Feininger, Gilles, Heckel, Hofer, Kandinsky, Klee, Lehmann, Marcks, Mataré, Mueller, Nay, Pechstein, Purrmann, Rohlfs und Schlemmer. Berücksichtigt man, dass in der Ausstellung von 1927 ferner Dix, de Fiori, Kokoschka und Schmidt-Rottluff dabei waren, dann war 1927 und 1929 schon die Kerngruppe der deutschen Kunst der 20er Jahre versammelt, die auch die documenta von 1955 prägen sollte.“ Schwarze 2000, S. 28.

  16. 16.

    Schmaling 2011, S. 652; Kramm 1935.

  17. 17.

    Vgl. Ausstellungskataloge.

  18. 18.

    Vgl. Kimpel 1997, S. 148 f. Bode hegte das Selbstverständnis, anti-institutionell zu sein.

  19. 19.

    Vgl. Panzer in diesem Band mit Verweisen.

  20. 20.

    Vgl. Kimpel 1997, Klonk 2010, Schieder 2001, Wollenhaupt-Schmidt 1994.

  21. 21.

    Vgl. Rosebrock in diesem Band.

Ausstellungskataloge

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Panzer, G. (2015). Die Große Form für die Gegenwart: Die documenta als Innovation von Ausstellungsformaten. In: Panzer, G., Völz, F., Rehberg, KS. (eds) Beziehungsanalysen. Bildende Künste in Westdeutschland nach 1945. Kunst und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02917-3_9

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