Zusammenfassung
Der Druck auf viele ländlich bezeichnete Räume ist aktuell sehr hoch. Die letzten Jahrzehnte sind geprägt durch tiefgreifende Wandlungsprozesse, wie unter anderem dem Rückgang der wirtschaftlichen Bedeutung des primären und sekundären Wirtschaftssektors. Diese Umbrüche lassen sich jedoch nicht nur im wirtschaftlichen Bereich feststellen, sie sind Bestandteil einer weitaus größeren Veränderung und betreffen auch weitere Bereiche wie Politik, Kultur oder Gesellschaft. Flexibilisierung, Pluralisierung und Individualisierung stehen als übergeordnete Begriffe für diese Entwicklung. Der Beitrag ist eine Annäherung, postmoderne Tendenzen in ländlich bezeichneten Räumen zu beschreiben und diese als Chance für die Raumentwicklung zu erkennen. Da sich das Ende beziehungsweise das Ausmaß dieser Prozesse noch nicht abschätzen lässt, gibt es bislang kaum konkrete Antworten. Das Ergebnis wird neben einer möglichen Weiterentwicklung auch aufzeigen, welche neuen Fragen gestellt werden müssen.
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Notes
- 1.
Ausgangspunkt ist eine konstruktivistische wissenschaftstheoretische Position (vgl. Egner 2010, Kühne 2013).
- 2.
Ein nie vorher dagewesener Zugang zu Wissen und das dadurch erlangte Selbstbewusstsein tragen dazu bei, dass die Gesellschaft eine aktive Rolle in politischen Entscheidungsprozessen spielen will. Diese Macht war in der Moderne fast ausschließlich Politikern und Experten zugesprochen.
- 3.
Inglehart erklärt sich dadurch auch die Abwendung der Gesellschaft von der politischer Autorität; denn Angst beziehungsweise Stress begründen die Suche nach Autorität und Regeln.
- 4.
In diesem Zusammenhang sei auch der Zwischenstadt-Diskurs erwähnt, der diese Entwicklung verdeutlicht (vgl. Sieverts 1997).
- 5.
Geprägt durch unter anderem Bevölkerung, Nutzung, Vegetation, Klima, Topographie.
- 6.
Beispiel Niederbayern: Obwohl mehr als die Hälfte der Gesamtfläche Landwirtschaftsfläche ist (2011: 54,3 %, 1980: 59 %), sind mittlerweile weniger als 1 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig (BLSD 2013) und der Anteil der Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft liegt bei 1,9 % (StÄBL 2012).
- 7.
Es entsteht sogar eine Nutzungskonkurrenz zwischen ökologisch bewirtschafteter Fläche und Fläche für erneuerbare Energien durch die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung (Wehde 2001, S. 89).
- 8.
Elemente aus der Vormoderne bzw. aus der Anfängen der Moderne (vgl. Kühne 2013a, S. 105).
- 9.
Die Begriffe beziehen sich hier auf ländlich bezeichnete Räume und nicht auf verdichtete Agglomerationen.
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Linke, S. (2015). Postmoderne Tendenzen in ‚ländlich bezeichneten Räumen‘ – Chancen und Herausforderungen für die Raumentwicklung. In: Kühne, O., Weber, F. (eds) Bausteine der Regionalentwicklung. RaumFragen: Stadt – Region – Landschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02881-7_8
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