Zusammenfassung
Empathie ist zum Modethema avanciert (siehe kritisch dazu Slaby 2013). Auch der Management- und Unternehmensbereich ist auf den Wirkfaktor Empathie aufmerksam geworden. Vor diesem Hintergrund rekonstruiert der vorliegende Beitrag aus diskursanalytischer Perspektive einen sich in den letzten Jahren zunehmend abzeichnenden Empathie-Diskurs in der Unternehmenswelt. Als besonders anwendungsbezogener Auswuchs dieses Diskurses wird das so genannte „Design Thinking“ als Empathie-Programm in den Blick genommen. Es handelt sich dabei um eine praxisorientierte, empathie-geleitete Kreativmethode, die innovative Lösungen hervorbringen soll. Ziel des Beitrages ist es zu zeigen, welches diskursive Wissen über Empathie vermittelt wird und welche programmatischen Anforderungen an die Empathie der Mitarbeiter damit verbunden sind. Dabei kann sich auf umfangreiche, emotions-, arbeits- und kultursoziologische Forschungsarbeiten zum Thema Emotionalität in Organisationen gestützt werden. Autorinnen wie Hochschild (2006), Fineman (2000), Sieben (2007) oder Illouz (2006) haben Emotionen in der Arbeitswelt unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten untersucht. Auch die Arbeitssoziologie hat unter der Chiffre der „subjektivierten Arbeit“ gezeigt, wie persönlichkeitsgebundene Fähigkeiten emotionaler Natur im Arbeitsalltag immer wichtiger werden. Vielfach wird hier auch die Empathie erwähnt, allerdings meist als Subdimension von Gefühlen und nicht als eigenständiges Phänomen (eine Ausnahme bilden Terpe und Paierl 2010). Der vorliegende Beitrag baut auf diesen Studien auf und nimmt dezidiert den Gegenstandsbereich der Empathie in den Blick.
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Eine Häufigkeitsanalyse in der Datenbank WorldCat ergab, dass seit den 1970er Jahren die Anzahl der Empathie-bezogenen Publikationen für den Bereich „Business and Economics“ kontinuierlich angestiegen ist.
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Diskurse werden in diesem Beitrag verstanden als Äußerungen, die versuchen, bestimmte Bedeutungen, Sinnzusammenhänge, symbolische Ordnungen sowie Wissens- und Handlungsformen zu erschaffen. Demzufolge bilden sie die Welt nicht ab, sondern konstituieren und konstruieren ihren Sinngehalt durch Bedeutungszuweisungen (Fairclough 1998, zitiert in Keller 2011, S. 156).
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Wenn im Folgenden von „Empathie-Diskurs“ gesprochen wird, ist damit der Empathie-Diskurs im Unternehmensbereich gemeint.
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Die beiden Begriffe sind Reddys „emotional regime“ und „emotional refuge“ entlehnt (Reddy 2001).
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Hochschild prägte die Begriffe „Gefühlsregeln“ (hier synonym verwendet: „Emotionsnormen“), „Verhaltensregeln“ und „deep acting“- sowie „surface acting“-Strategien. Gefühlsregeln bestimmen, wie sich der Mensch emotional zu verhalten hat und wie er seinen Gefühlen Ausdruck verleihen kann oder soll. Als Strategie der Gefühlsarbeit nennt Hochschild das „deep acting“ (Tiefenhandeln) (Hochschild 1979). Dadurch soll ein Gefühl tatsächlich gefühlt (oder gerade nicht gefühlt und in ein anderes verwandelt) werden. „Deep acting“ steht im Gegensatz zum „surface acting“ (Oberflächenhandeln), das sich eher als Strategie für das Einhalten von Verhaltensregeln empfiehlt und durch reine Verhaltensmodifikation, durch Körpersprache oder Mimik vollzogen wird (Hochschild 2006).
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Die Beliebtheitslisten bei Amazon ergeben sich größtenteils aus den Verkaufszahlen, woraus sich auf die Verbreitung der jeweiligen Texte schließen lässt. Die Sortierung nach Relevanz bei JSTOR richtet sich danach, ob „Empathie“ im Titel oder im Volltext vorkommt.
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Dazu gehören in den USA vor allem das 2005 gegründete Hasso Plattner Institute of Design an der Stanford University, kurz d.school, sowie das Schwesterninstitut School of Design Thinking in Potsdam, das seit 2007 tätig ist. Auch an vielen anderen akademischen Einrichtungen, wie beispielsweise der Hochschule für Medien und Kommunikation in München, an der Universität St. Gallen in der Schweiz, der Singapore Polytechnic oder an der kanadischen Rotman School of Management sind in den vergangenen Jahren Design-Thinking-Programme und -Initiativen gestartet, in denen Studierende aus allen Fachrichtungen Mastertitel oder Zertifikate erwerben können.
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Diese Gegensätze lassen sich bis zu den Ergebnissen aus der wissenschaftlichen Empathie-Forschung zurückverfolgen. Aus Platzgründen muss auf eine detaillierte Darstellung der interdisziplinären Empathie-Definitionen verzichtet werden (für eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Forschungstendenzen siehe Terpe und Köppen 2011). Es sei nur so viel gesagt, dass die Widersprüchlichkeit dieser Definitionsangebote sich in den Deutungsmustern des Managementdiskurses über Empathie spiegeln.
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Laut Reckwitz (2012) stellt Design eine der drei Säulen des „ästhetischen Kapitalismus“ dar. Seit den 1980er Jahren erhalte das Design den Status einer Generaldisziplin der Kreativökonomie (Reckwitz 2012, S. 180). Auch Häußling (2010) beschreibt, wie der Designer und seine Denk- und Handelsweisen für den Manager und die Unternehmensführung der modernen Netzwerkgesellschaft aufgrund seines kreativen Denkens und seiner Fähigkeit zur Komplexitätsverarbeitung immer wichtiger werden.
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Klassifikationen werden hier im Sinne Kellers (2011, S. 246) als „kontingente Modelle der Wirklichkeitskonstitution durch Gruppenbildung“ verstanden.
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Design Thinking wurde in den 1970er Jahren geprägt und fußt auf der Erfahrung von Designern im Produkt- und Ingenieursdesign. Der Prozess soll Menschen dazu verhelfen, wie ein Designer zu denken und sie zu einer „innovativen“ Lösung zu leiten (Cross 2007; Brown 2008; Plattner et al. 2009; Lockwood 2010).
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Köppen, E. (2015). Empathie im Unternehmen: Regime und Refugium. In: Kleres, J., Albrecht, Y. (eds) Die Ambivalenz der Gefühle. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01654-8_6
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