Zusammenfassung
Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr. Diese paradoxale und humorvolle Redensart soll zum Ausdruck bringen, dass man das Offensichtliche nicht findet, obwohl es eigentlich direkt vor der Nase liegt. Es ist kein Zufall, dass Aufklärer wie Christoph Martin Wieland und seine Zeitgenossen diese Formulierung oft benutzt haben und diese aus dem 18. Jahrhundert überliefert ist. Das war die Zeit, in der sich die Philosophie mit der Erkenntnistheorie beschäftigte und somit Grundlagen für die bahnbrechenden Neuerungen des Denkens im 19. Jahrhundert und das Entstehen der modernen Wissenschaften legte. Es ist auch die Zeit vor der alles umwälzenden Urbanisierung Deutschlands. Bis dahin war Deutschland ein eher agrarisches Land, in dem die meisten Städte als Residenz- und Handelsstädte gegründet worden waren. Die industrielle Revolution und die nationale Einheit prägten die Gesellschaft erst im 19. Jahrhundert maßgeblich, weshalb die Entwicklung der modernen Stadt in Deutschland im Vergleich zu England, Frankreich, Norditalien oder den Niederlanden wesentlich später einsetzte. Wie wenig bis dahin das Leben in der Stadt prägend war, kann auch an der zitierten Redewendung deutlich werden. Die Metaphorik entspringt dem urdeutschen Lebensgefühls, der romantischen Idee vom Leben im Wald und in der Natur.
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Eckardt, F. (2014). Wie erforscht man eine Stadt?. In: Stadtforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00824-6_1
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