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Zusammenfassung

Aufgrund der „unsichtbar gewordene[n] Unwahrscheinlichkeit“ (SozA 3: 26) der Kommunikation stellt sich mithin die Frage: Warum und wie ist Kommunikation trotzdem möglich? Dass es gelungen ist, die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation in Wahrscheinlichkeit zu transponieren und damit Kommunikation als soziale Operation sowohl zu ermöglichen als auch weiter zu entwickeln, verdankt sich evolutionär der Herausbildung verschiedener Kommunikationsmedien: gesprochene Sprache, Schrift, Buchdruck, Massenmedien, digitale Online-Medien, symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien wie Wahrheit, Geld Liebe und Macht, über deren jeweilige aktuelle Formen Kommunikation prozessiert.

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Notes

  1. 1.

    Luhmann zufolge waren es die symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien, um die herum sich die Funktionssysteme ausdifferenzierten und nicht umgekehrt, siehe auch Abschn. 8.3: Differenzierung: funktional differenzierte Gesellschaft, S. 174.

  2. 2.

    Es gibt in der Entwicklung der Kommunikation keine „Schnellstraße zum frohen Ende“ (SoSy: 14). Und eben deshalb – und entgegen Habermas – “bietet die Geschichte der soziokulturellen, auf Kommunikation gegründeten Evolution denn auch nicht das Bild eines zielstrebigen Fortschritts zu immer besserer Verständigung. Eher könnte man sie als eine Art hydraulisches Geschehen der Repression und Verteilung von Problemdruck begreifen. Wenn eines der Probleme gelöst ist, wird die Lösung der anderen umso unwahrscheinlicher. Die unterdrückte Unwahrscheinlichkeit weicht sozusagen in die anderen Probleme aus“ (SoSy: 219).

  3. 3.

    Dabei ist Sprache „nicht nur ein Mittel der Kommunikation, denn sie fungiert in psychischen Systemen auch ohne Kommunikation.“ (SoSy: 137) Wenn Selbstgespräche geführt werden, etwas geplant oder erinnert wird – dann erfolgt dies meist und größtenteils in sprachlicher Form. Es gilt aber auch: Auch Bewusstseinsprozesse müssen nicht unbedingt über das Sprachmedium verlaufen. Neben den sprachlich (= kognitiv) gefassten und prozessierenden Gedanken gibt es andere Formen – insbesondere affektive und sensorische –, über die unser Bewusstsein prozessiert. Luhmann: „Die Sprache überführt soziale in psychische Komplexität. Aber nie wird der Bewusstseinsverlauf identisch mit sprachlicher Form“ (SoSy: 368). Weder Bewusstseins- noch Kommunikationsprozesse sind in toto auf Wortsprache reduzierbar. Es lässt sich auch mit Hilfe von Farben und Formen (Bildern, Skulpturen etc.), instrumentalen Tönen (Musik), Bewegung (Tanz), Gesten oder Mimik kommunizieren. Allen Bewusstseins- und Kommunikationsprozessen bleibt allerdings gemein, dass sie an das Universalmedium Sinn als dem alles übergreifenden Medium gebunden sind, welch spezifische Sinnform auch immer kommuniziert bzw. interpretiert wird.

  4. 4.

    Damit reformuliert Luhmann die von dem Linguisten Ferdinand de Saussure eingeführte Unterscheidung zwischen Bezeichnendem (= Laut/Schrift) und Bezeichnetem (= Sinn). Das Bezeichnende kann prinzipiell alles Mögliche sein, nur die Sinnform kann es nicht „übersteigen“, zudem wird die Kontingenz eingeschränkt durch Tradition und kulturelle Muster (Nationalsprachen, Dialekte etc.), siehe auch GdG I: 208f.

  5. 5.

    Diese binäre Codierung der Sprache in einer Ja-/Nein-Fassung korrespondiert mit der „vierte[n] Art von Selektion“, also mit der „Annahme bzw. Ablehnung der mitgeteilten Sinnreduktion“ (SoSy: 203) Luhmann: „Alle Kommunikation eröffnet die zweifache Möglichkeit, angenommen oder abgelehnt zu werden. Aller (kondensierte und konfirmierte) Sinn kann in einer Ja-Fassung und einer Nein-Fassung ausgedrückt werden. (…) Dieselbe Einrichtung ist aber auch als Form der strukturellen Kopplung von Bedeutung und ist vermutlich deshalb entstanden. Denn die Bifurkation des Kommunikationscodes Sprache eröffnet zugleich dem Bewußtsein die Option für die eine oder die andere Seite der Form. Es kann sich mit diesem Minimum an Freiheitsgraden der Determination durch den Kommunikationsverlauf entziehen und sich der (für es selbst intransparenten) Selbstdetermination überlassen. Es sagt aus Gründen, die man nicht kennen kann, ja oder nein; nimmt an oder lehnt ab; unterstützt oder blockiert den weiteren Verlauf der Kommunikation; (…) Diese Sachlage ist durch den Code der Sprache universell auferlegt, unabhängig von Worten, Themen, Motiven, Kontexten. Sie ist immer gegeben und in jedem Moment. Sie ist in dieser Form eine unerläßliche Bedingung der strukturellen Kopplung unterschiedlicher Autopoiesen.“ (GdG I: 113).

  6. 6.

    Die von psychischen Systemen wahrgenommene (!) Welt kennt hingegen sehr wohl die Ja- und Nein-Fassung. Eine Wahrnehmung kann sehr wohl feststellen, dass etwas fehlt, dass etwas nicht vorhanden ist, aber dabei handelt es sich immer schon um eine mit Hilfe von Sprache und ihrer Negationsfähigkeit begriffene und fixierte Realität.

  7. 7.

    Als ein symbolisches Kommunikationsmedium stellt Sprache – evolutionär gesehen – die erste Anwendung einer fiktionalen Struktur dar.

  8. 8.

    Es gibt auch andere als durch Sprache vermittelte Formen der Erfahrung: etwa durch Farben, Formen, Töne, Gefühle, Geschmack – eben alle Sensorien, die über die Sinnesorgane zugänglich sind, um Reize in der Umwelt zu verarbeiten. Säuglinge, die noch nicht der Sprache mächtig sind, oder taubstumme Menschen, denen Sprache als Erkenntnisform nie zur Verfügung stand, nutzen sicherlich andere Möglichkeiten der Reizinterpretation, Reizordnung und -erinnerung.

  9. 9.

    Luhmann: „Statt von semiotischer Realität könnten wir auch von imaginärer, imaginierender, konstruierender, konstituierender usw. Realität sprechen“ (SoSy: 218, Anm. 44).

  10. 10.

    Womit sich Luhmann vom radikalen Konstruktivismus klar unterscheidet, vgl. Schmidt 1994a, 1994b.

  11. 11.

    Was ein psychisches System für die reale Realität hält, bleibt letztlich – entsprechend dem Autopoiesistheorem der Systemtheorie – sein Produkt. Wie ein System Informationen konstruiert, so konstruiert es auch seine Realität. Luhmann: „Was mit » Realität « gemeint ist, kann deshalb nur ein internes Korrelat der Systemoperationen sein (…). Realität ist denn auch nichts weiter als ein Indikator für erfolgreiche Konsistenzprüfungen im System. Realität wird systemintern durch Sinngebung (besser im Englischen: sensemaking) erarbeitet. Sie entsteht, wenn Inkonsistenzen, die sich aus der Beteiligung des Gedächtnisses an den Systemoperationen ergeben können, aufgelöst werden – zum Beispiel durch Konstruktion von Raum und Zeit als Dimensionen mit verschiedenen Stellen, an denen unterschiedliche Wahrnehmungen oder Erinnerungen lokalisiert werden können, ohne miteinander in Konflikt zu geraten. (…) Je komplexer ein System wird und je stärker es sich Irritationen aussetzt, um so mehr Varietät kann die Welt zulassen, ohne an Realität einzubüßen; und um so mehr kann das System es sich leisten, auch mit Negationen, mit Fiktionen, mit » nur analytischen « oder mit statistischen Annahmen zu arbeiten, die von der Welt wie sie ist, distanzieren“ (RdM: 19f.).

  12. 12.

    Der Konstruktivismus spricht von Viabilität, vgl. von Foerster 1985, 1994, 1997, von Glaserfeld 1987, 1998, auch Schmidt 1994a, 1994b, Watzlawick 1991, 1994, dazu auch Simon 2011.

  13. 13.

    Und das bedeutet denn auch, dass man der Gegenwart nie habhaft werden kann, denn selbst wenn der aktuelle Moment bezeichnet wird, ist er in dem Moment schon wieder vergangen. Die Gegenwart kann somit immer nur als momentan aktualisierte Einheit der Differenz von Vergangenheit und Zukunft gefasst werden. Es handelt sich gewissermaßen um gegenwärtige Zukünfte und gegenwärtige Vergangenheiten.

  14. 14.

    An solchen Beispielen wird deutlich, dass es nicht die Zeit an sich gibt, sie ist vielmehr ein Medium, in das unterschiedlichste Formen geprägt werden, z. B. als Konvention, wenn von MEZ die Rede ist.

  15. 15.

    In den Literaturwissenschaften wird zwischen speaking/reading time und acting time unterschieden.

  16. 16.

    In der Lyrik oder auch der experimentellen Prosa gibt es solche Ausnahmen: „er isst und isst und isst und isst …“. Dies wird solange gelesen, bis das Essen vorbei ist.

  17. 17.

    Oder des Fühlens im Fall der Blindenschrift.

  18. 18.

    Vgl. insgesamt GdG I: 249ff., Luhmann 1993c.

  19. 19.

    Die in den mittelalterlichen Schreibwerkstätten per Hand abgeschriebenen Bibeln bilden gewissermaßen den Übergang von der gerichteten handschriftlichen Kommunikation hin zu einem größeren Adressatenkreis: Die Bibel wurde handschriftlich kopiert, ein Sinnvorschlag war nun in duplizierter Form synchron an unterschiedlichen Orten rezipierbar. Die Schrift bleibt allerdings handschriftlich, sie wird nicht technisch erstellt. Revolutioniert wurde die schriftliche Kommunikation als Verbreitungsmedium erst durch die Druckpresse, die die Schrift zu einem Massenmedium werden ließ.

  20. 20.

    Die Mitteilungsträger sind z. B. Papier, Kassetten, CDs, PCs, Server. Nur wenn sie zerstört werden, geht die Information verloren.

  21. 21.

    Wenn Luhmann von Duplizierung spricht, so ist darunter keine eins-zu-eins-Äquivalenz zu verstehen, sondern lediglich, dass es neben akustischen nun auch optische Zeichen gibt, eine zweite (= duplizierte) Form, die dasselbe bezeichnet, Luhmann: „Auch gibt es keine Punkt-für-Punkt Äquivalenz zwischen mündlicher und schriftlicher Kommunikation. Selbst im Falle phonetischer Schriften können die Lauteinheiten nicht als optische Einheiten repräsentiert werden. Es geht nicht um eine Repräsentation von Einheiten, sondern um eine Neukonstruktion von Differenzen. Nicht die Laute, die Unterschiede der Laute werden schriftlich fixiert.“ (GdG I: 255).

  22. 22.

    Weitere mit der Kommunikation verbundene Differenzen sind die Medium/Form-Differenz sowie die Differenz zwischen Information/Mitteilung und Verstehen, siehe auch Kap. 3: Kommunikation: differenzialistisch, S. 23ff., Kap. 4: Kommunikation: analytisch, S. 31ff.

  23. 23.

    Es handelt sich mithin um einen ähnlichen Prozess wie er bei der nonverbalen Kommunikation zu beobachten ist: Auch Gebärden, Gesten und Mimik werden erst nach der Evolution von Sprache zu nonverbalen Kommunikationsmedien gekürt.

  24. 24.

    Dass der Verfasser einer schriftlichen Information bei der Rezeption anwesend ist, stellt eher die Ausnahme dar. Autorenlesungen sind ein solcher Fall. Aber damit wird die Funktion der Schrift gerade aufgegeben, indem sie vertont, also wieder in akustische Zeichen – die Lesung – umgewandelt wird.

  25. 25.

    Die Unterscheidung ist nicht grenzscharf, da auch die alten Massenmedien sich bei der Produktion von Filmen etc. der digitalen Technik bedienen. Vor allem nutzen sie zunehmend auch das Internet, um Ihre Sendungen oder Berichte zu verbreiten. Trotzdem lassen sich markante Unterschiede zwischen den alten Massenmedien und den neuen Online-Medien feststellen, siehe auch Abschn. 5.2.2 : Massenmedien, S. 75, und Abschn. 5.2.3: Online-Medien, S. 82.

  26. 26.

    Zur Frage, ob es sich in vorsprachlicher Zeit bei Gestik und Mimik schon um Kommunikation handelte, siehe auch Kap. 6.1: Gebärden, Mimik, Laute, S. 92.

  27. 27.

    Grundsätzlich zum Begriff der Kommunikation aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive siehe Merten 1977, 2008, Pürer 2003, Meyer-Löblich 2006 sowie aus soziologischer Sicht Schützeichel 2004, Baecker 2007a, Reichertz 2010b.

  28. 28.

    Seit Neuestem ist dies auch dreidimensional möglich.

  29. 29.

    Siehe auch Abschn. 6.4.4: Geschriebene Sprache, S. 118.

  30. 30.

    Inwieweit die Kompetenz, Informationen ins Netz stellen und das Internet adäquat nutzen zu können, zu einer „digitalen Spaltung“ der Gesellschaft (knowledge gap) führt, siehe Marr & Zillien 2010.

  31. 31.

    Die von den alten Massenmedien betriebene Massenkommunikation verliert mit ihrer Online-Verbreitung zwar partiell ihre Einseitigkeit, doch von einer Interaktion oder gar einem Dialog zwischen Sender und Empfängern zu sprechen übersieht, dass auch die neuen interaktiven Elemente inszeniert wirken, denn die direkte Kommunikation mit ihren Lesern, Zuhörern und Zuschauern bleibt den alten Massenmedien nicht nur ob der großen Zahl weiterhin versperrt, vielmehr sichert die strukturelle Entkoppelung vom Publikum weiterhin die hohen Freiheitsgrade der Kommunikation, derer die Massenmedien für ihre Ausdifferenzierung als Funktionssystem bedürfen, siehe auch Abschn. 7.3: Differenzierung: Funktionssystem der Massenmedien, S. 149.

  32. 32.

    Speziell zu Facebook und den Interaktionsformen in sozialen Netzwerken siehe Ellison et al. 2007, Lewis & West 2009, Kneidinger 2010, Miller 2012.

  33. 33.

    Zur Frage, wie diese Nutzungsform auch das Fernsehen verändert, indem es Sendungen online stellt, siehe Hasebrink 2001, Kloppenburg et al. 2009, Kors 2010, Jandura & Ziegler 2011.

  34. 34.

    Zum Spielen im Netz siehe Jöckel & Schumann 2010.

  35. 35.

    Zum Wissensmanagement und E-Learning siehe auch Döbler 2010.

  36. 36.

    Zur Nutzung des Internets im Alltag vgl. Schweiger 2007, Röser 2007a, 2007b, Röser & Peil 2010, Neverla 2010, Pfaff-Rüdiger 2009, Meyen & Pfaff-Rüdiger 2009. Zur Funktion des Internets, reale und virtuelle Identitäten zu konstruieren bzw. aufzubauen siehe Döring 2003, 2009, 2010, Jahraus 2003, 2010, Bargh et al. 2002, Misoch 2004, Valkenburg & Peter 2008.

  37. 37.

    Diese Zurechnungen betreffen nicht das innere Geschehen der beteiligten Systeme, sondern es handelt sich um Beobachtungen ihres beobachtbaren Verhaltens (vgl. GdG I: 333).

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Thye, I. (2013). Kommunikationsmedien. In: Kommunikation und Gesellschaft - systemtheoretisch beobachtet. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00439-2_5

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