Skip to main content

Religiöse Inklusion in das Mehr-Ebenen-System Kirche am Beispiel katholischer Liturgie

  • Chapter
  • First Online:
Sozialformen der Religionen im Wandel

Zusammenfassung

Der Wandel katholischer Liturgie wird exemplarisch anhand der Einführung und Gestaltung sogenannter Wort-Gottes-Feiern untersucht. Darunter sind katholische Gottesdienste zu verstehen, die von nicht-priesterlichen Pastoralmitarbeitern oder Gemeindemitgliedern selbstständig vorbereitet und durchgeführt werden. Dabei zeigen sich innerhalb katholischer Pfarreien verschiedene Veränderungen der Inklusion des religiösen Publikums in das Mehr-Ebenen-System Kirche. Die Aktivierung des Publikums beinhaltet für die katholische Kirche Effektivitäts- und Effizienzvorteile und für die Akteure eine Realisierung ihrer gesteigerten Inklusionsansprüche. Religiöse Individualisierung kann neben der Entkirchlichung auch einen Prozess kircheninternen Wandelns beschreiben.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Freilich erklärt Beck Individualisierungsprozesse, sowohl im Allgemeinen (bspw. 1986) als auch im Speziellen auf das religiöse Feld bezogen (2008), ursächlich durch strukturelle Veränderungen der postmodernen Gesellschaft. Auch die Folgen, die er ihnen zuschreibt beziehen sich auf Vergesellschaftungsdynamiken. Insofern ließe sich sein Ansatz auch auf der Makroebene verorten. Gemeint sind hier jedoch in erster Linie seine unmittelbar auf individuelles Handeln bezogenen Überlegungen (Freisetzung, Entzauberung, Re-Integration, Synkretismus), weshalb sein Ansatz zunächst der Mikroebene zugerechnet wird.

  2. 2.

    Der Begriff Pfarrei bedarf einer gewissen Erläuterung: Es handelt sich um die unterste Ebene der kirchlichen Organisationsstruktur. Im allgemeinen wie im religionssoziologischen Sprachgebrauch verbreiteter ist der Begriff (Pfarr-)Gemeinde, der im Zuge des II. Vatikanischen Konzils geprägt wurde, um die Bedeutung der Gemeindemitglieder stärker hervorzuheben. In das Kirchenrecht jedoch wurde der Begriff Pfarrgemeinde nie aufgenommen; hier wird ausschließlich der Begriff Pfarrei verwandt. Diese unterliegen seit einigen Jahren weitreichenden Veränderungen: Ausgelöst durch den zunehmend prekär werdenden Priestermangel kommt es zu vermehrten Kooperation und/oder Fusionen von Pfarreien, wobei im Untersuchungsgebiet durchschnittlich 5,5 ehemals eigenständige Pfarreien zu einer neuen (Groß-)Pfarrei fusioniert wurden. Diese nicht unumstrittene Strukturreform führt auch zur Schöpfung neuer Synonyme: statt einheitlich von Pfarreien zu sprechen, existiert in den untersuchten Diözesen ein breites Spektrum neuer Begrifflichkeiten („Gemeinschaft der Gemeinden“, „Seelsorgebezirk“, „Pastoralverbund“, „Pfarreiengemeinschaft“).

  3. 3.

    Die Grenzen der Diözesen verlaufen allerdings nicht völlig kongruent mit den politischen Grenzen der Bundesländer. Untersucht wurden die beiden Flächendiözesen Münster und Paderborn, das mittelgroße und nach wie vor eher feingliedrig organisierte Erzbistum Köln und die verhältnismäßig kleinen Diözesen Aachen und Essen, die jedoch eine vergleichsweise hohe Katholikenquote aufweisen. Insgesamt sind in den untersuchten Bistümer rund 7,6 Mio. Katholiken organisiert; die Katholikenquote liegt im Mittel bei 40 %.

  4. 4.

    Es handelt sich um die beiden zentralen Orte liturgischer Handlungen im Altarraum einer katholischen Kirche. Der Ambo ist traditionell das Pult, von dem aus Lesungen gehalten, das Evangelium verkündet und gepredigt wird. Im Zuge der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils kam es im Übrigen zu einer Aufwertung des Ambos im neustrukturierten Kirchenraum.

  5. 5.

    Befragt wurden die insgesamt 724 Pfarreien der Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn. Die Rücklaufquote lag bei sehr zufriedenstellenden 47 %, sodass Daten über 339 katholische Pfarreien vorliegen.

  6. 6.

    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich zwei Funktionssysteme dieser dichotomen Heuristik nicht zuordnen lassen: Im System der Intimbeziehungen ist der Leistungs- gleichzeitig auch Publikumsrollenträger und im Wissenschaftssystem findet eine Inklusion des gesellschaftlichen Publikums nur indirekt statt, etwa über die Rezeption wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Massenmedien oder die Realisierung technischer Innovationen durch das Wirtschaftssystem.

  7. 7.

    Wohlgemerkt geht es um die Frage, ob die Kommunion in einer Wort-Gottes-Feier an die Gottesdienstbesucher gespendet werden darf. Eine Wandlung der ‚profanen‘ Opfergaben Brot und Wein in das ‚Heilige‘ Leib und Blut Christi (Konsekration) hingegen hat im katholischen Glauben sakramentalen Status und ist daher dem geweihten Priester vorbehalten. Allerdings können in einer von einem Priester durchgeführten Eucharistiefeier Hostien gleichsam ‚auf Vorrat‘ konsekriert werden. Dies ist langjährige Praxis der katholischen Kirche für den Fall, dass Gemeindemitglieder die Eucharistiefeier aus gesundheitlichen Gründen nicht besuchen können und die Kommunion daher zuhause in Empfang nehmen („Krankenkommunion“). Diese vorkonsekrierten und im Tabernakel aufbewahrten Hostien können dann auch im Rahmen einer Wort-Gottes-Feier gespendet werden.

Literatur

  • Apostolischer Stuhl (1963): Sacrosanctum Concilium. Konstitution über die heilige Liturgie. Rom. Online abrufbar unter www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacrosanctum-concilium_ge.html, Recherche vom 27.11.2013.

  • Apostolischer Stuhl (2003): Enzyklika Ecclesia de Eucharistia. Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls. Herausgegeben von der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn.

    Google Scholar 

  • Apostolischer Stuhl (2004): Instruktion Redemptionis Sacramentum. Über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind. Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls. Herausgegeben von der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn.

    Google Scholar 

  • Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Beck, Ulrich (2008): Der eigene Gott. Friedensfähigkeit und Gewaltpotential der Religionen. Frankfurt a. M.: Verlag der Weltreligionen.

    Google Scholar 

  • Blasi, Anthony J. (2009): A Market Theory of Religion. In: Social Compass 56 (2), S. 263–272.

    Article  Google Scholar 

  • Burzan, Nicole/Lökenhoff, Brigitta/Schimank, Uwe/Schöneck, Nadine (2008): Das Publikum der Gesellschaft. Inklusionsverhältnisse und Inklusionsprofile in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag.

    Google Scholar 

  • Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.) (2003): Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der christlichen Gemeinde. Impulse für eine lebendige Feier der Liturgie. Bonn.

    Google Scholar 

  • Deutsche Bischofskonferenz (DBK) (2007): Zum gemeinsamen Dienst berufen. Die Leitung gottesdienstlicher Feiern. 7. Aufl. Bonn.

    Google Scholar 

  • Deutsche Bischofskonferenz (DBK) (2013): Katholische Kirche in Deutschland. Zahlen und Fakten 2012/2013. Online abrufbar unter: www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchliche%20Statistik/Allgemein_-_Zahlen_und_Fakten/AH_263.pdf. Recherche vom 27.11.2013.

  • Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (2013): Zahlen und Fakten zum kirchlichen Leben. Online abrufbar unter www.ekd.de/download/zahlen_und_fakten_2013.pdf, Recherche vom 27.11.2013.

  • Gabriel, Karl (2010): Gemeinden im Spannungsfeld von Delokalisierung und Relokalisierung. Theoretische Überlegungen und empirische Bezüge. In: Evangelische Theologie 70 (6), S. 427–496.

    Article  Google Scholar 

  • Gebhardt, Winfried/Engelbrecht, Martin/Bochinger, Christoph (2005): Die Selbstermächtigung des religiösen Subjekts. Der „spirituelle Wanderer“ als Idealtypus spätmoderner Religiosität. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft (2), S. 133–152.

    Google Scholar 

  • Gerhards, Jürgen (2001): Der Aufstand des Publikums. Eine systemtheoretische Interpretation des Kulturwandels in Deutschland zwischen 1960 und 1989. In: Zeitschrift für Soziologie 30 (3), S. 163–184.

    Google Scholar 

  • Goldstein, Warren S. (2009): Secularization Patterns in the Old Paradigm. In: Sociology of Religion 70, S. 157–178.

    Article  Google Scholar 

  • Heiser, Patrick/Kurrat, Christian (Hrsg.) (2012): Pilgern gestern und heute. Soziologische Beiträge zur religiösen Praxis auf dem Jakobsweg. Berlin/Münster: Lit.

    Google Scholar 

  • Hero, Markus/Krech, Volkhard/Zander, Helmut (Hrsg.) (2008): Religiöse Vielfalt in Nordrhein-Westfalen. Empirische Befunde und Perspektiven der Globalisierung vor Ort. Paderborn: Schöningh.

    Google Scholar 

  • Innaccone, Lawrence (1992): Religious Markets and the Economics of Religion. In: Social Compass 39 (1), S. 123–131.

    Article  Google Scholar 

  • Knoblauch, Hubert (2009): Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Luckmann, Thomas (1960): Neuere Schriften zur Religionssoziologie. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 12, S. 315–326.

    Google Scholar 

  • Pickel, Gert (2010): Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 62, S. 219–245.

    Article  Google Scholar 

  • Schützeichel, Rainer (2004): Von der Buße zur Beratung. Über Risiken professionalisierter Seelsorge. In: Rainer, Schützeichel/Thomas, Brüsemeister (Hrsg.): Die beratene Gesellschaft. Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Beratung. Wiesbaden: VS Verlag, S. 111–140.

    Chapter  Google Scholar 

  • Stichweh, Rudolf (1988): Inklusion in Funktionssysteme der modernen Gesellschaft. In: Renate, Mayntz/Bernd, Rosewitz/Uwe, Schimank/Rudolf, Stichweh (Hrsg.): Differenzierung und Verselbständigung. Zur Entwicklung gesellschaftlicher Teilsysteme. Frankfurt a. M.: Campus, S. 261–293.

    Google Scholar 

  • Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland (Synode) (1976): Beschlüsse der Vollversammlung. Offizielle Gesamtausgabe. Freiburg, Basel, Wien: Herder.

    Google Scholar 

  • Volkmann, Ute (2008): Leser-Reporter. Die neue Macht des Publikums? In: Michael, Jäckel/Manfred, Mai (Hrsg.): Medienmacht und Gesellschaft. Zum Wandel öffentlicher Kommunikation. Frankfurt a. M.: Campus, S. 219–240.

    Google Scholar 

  • Voß, G. Günter/Rieder, Kerstin (2006): Der arbeitende Kunde. Wenn Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden. Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Wolf, Christof (2008): How Secularized is Germany? Cohort and Comparative Perspectives. In: Social Compass 55 (2), S. 111–126.

    Article  Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Patrick Heiser .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2014 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Heiser, P. (2014). Religiöse Inklusion in das Mehr-Ebenen-System Kirche am Beispiel katholischer Liturgie. In: Heiser, P., Ludwig, C. (eds) Sozialformen der Religionen im Wandel. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00096-7_9

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-00096-7_9

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-00095-0

  • Online ISBN: 978-3-658-00096-7

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics