Zusammenfassung
Gegenüber den Anschauungen aus früherer Zeit, welche die Ursache der Infektionskrankheiten im wesentlichen in der unbelebten Außenwelt, speziell in einem verseuchten Boden, schlechten Ausdünstungen usw. suchten, hat die fortschreitende Erkenntnis von den Mikroorganismen als Krankheitserreger einen erheblichen Wandel der Anschauungen geschaffen. Wir wissen heute, daß für die meisten Infektionskrankheiten der erkrankte Mensch (bzw. für die auf den Menschen übertragbaren Tierseuchen das erkrankte Tier) mit seinen Ausscheidungen die wichtigste Ansteckungsquelle darstellt; insbesondere ist dies der Fall für die obligaten Mikroparasiten, welche außerhalb ihres Wirtsorganismus überhaupt nicht dauernd zu existieren und sich zu vermehren vermögen. Immerhin müssen wir auch bei diesen der parasitischen Lebensweise streng angepaßten und natürlich noch viel mehr bei den fakultativen Mikroparasiten mit der Möglichkeit rechnen, daß sie — wenn auch nicht außerhalb des erkrankten Körpers Wachstum und Vermehrung stattfindet — dennoch sich längere Zeit in der Außenwelt lebend und infektionstüchtig erhalten können. Eine solche Möglickheit liegt um so näher, als wir gesehen haben, daß selbst obligate Mikroparasiten (wie z.B. die Tuberkelbazillen) in der künstlichen Kultur mit Existenzbedingungen sich begnügen können, die von denen des menschlichen Körpers sehr verschieden sind und sogar in völlig eiweißfreiem Substrat üppig zu gedeihen vermögen. Andererseits findet beständig eine Abgabe von krankheitserregenden Mikroorganismen durch die Ausscheidungen des erkrankten Körpers an die Außenwelt statt, und die Frage drängt sich von selbst auf, ob und wie lange diese Mikroorganismen in der Außenwelt sich lebensfähig zu erhalten vermögen, welche Bedingungen eine solche Erhaltung begünstigen und durch welche Faktoren und nach wie langer Zeit das Absterben der Krankheitserreger in den verschiedenen äußeren Medien zustande kommt. In den vorangegangenen Kapiteln haben wir einerseits als Bedingungen für das Wachstum der Mikroorganismen das Vorhandensein bestimmter Nährstoffe, eines bestimmten Feuchtigkeitsgrades und Temperaturbereichs, desgleichen einer je nach den Arten der Mikroben wechselnden chemischen Reaktion des Nährbodens sowie des Zutritts oder der Fernhaltung des Luftsauerstoffs kennen gelernt. Andererseits haben wir als entwicke-lungshemmende oder keimtötende Faktoren, die in der freien Natur eine Rolle spielen, die Einwirkung des Sonnenlichts, der Austrocknung und der Konkurrenz der Saprophyten erkannt. Es soll im folgenden in Kürze betrachtet werden, wie sich diese der Entwickelung der Mikroparasiten teils förderlichen, teils entgegenstehenden Faktoren in den wichtigsten äußeren Medien, welche die Umgebung des Menschen ausmachen, je nach der Art des Mediums und der Natur des im einzelnen in Frage -kommenden Krankheitserregers gestalten.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Gotschlich, E., Schürmann, W. (1920). Existenz und Nachweis der Mikroparasiten in der unbelebten Natur. In: Leitfaden der Mikroparasitologie und Serologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99451-7_7
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