Zusammenfassung
Die Erfahrung hat schon früh gezeigt, daß Belastungen unterhalb der praktischen Dauerstandfestigkeit, die bei einsinniger Belastung eines Werkstoffs ohne Gefahr ertragen werden, bei lang dauernder Wechselbeanspruchung zum Bruch führen können. Es ist daher die wichtige Frage entstanden, welche Grenzbelastung, die Wechselfestigkeit, bei dieser Beanspruchung eben noch keinen Bruch bewirkt. Wie die wahre Kriechgrenze, so kann auch die wahre Wechselfestigkeit2 K wk , das ist die Belastungsgrenze, bei welcher auch nach unendlich langer Beanspruchungsdauer eben kein Bruch mehr erfolgt, experimentell grundsätzlich nicht ermittelt werden, sondern nur die praktische Wechselfestigkeit K WD , welche bis zu einer hinreichend hohen, den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Wechselzahl z0 (10 bis 50 Millionen) eben noch ohne Bruchgefahr ertragen wird3,4.
Gough (1926, 2); Moore und Kommers (1927, 1); 0. Föppl, E. Becker und v. Heydekampf (1929, 1); O. Graf (1929, 1); Herold (1934, 1); Späth (1934, 1); Oschatz (1936, 1); Cazaud und Persoz (1937, 1).
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Literatur
Wie in 25f verwenden wir die allgemeinen Größen „Kraft“ K, Verformung s und Verformungsgeschwindigkeit g = ds/dt. Vgl. Fußnote 1 auf S. 242.
In vielen Fällen stimmen, wie wir in b sehen werden, K wk und K wD mit großer Wahrscheinlichkeit überein.
Über den Einfluß der Frequenz vgl. b.
In dieser Bezeichnungsweise sollen die Indizes n und A die unten beschriebene Zusammensetzung der Lastamplitude aus Kπ und der Vorlast Kλ andeuten. Bei Zahlenangaben setzen wir für π und λ die Werte von Kπ und Kλ ein (z. B. K 1;5D ). Sprechen wir zur Unterscheidung von einer einsinnigen Dauerbeanspruchung allgemein von einer Wechselbeanspruchung, so verwenden wir wie zu Beginn die Bezeichnungen K w k und K w D . Kk und KD ohne obere Indizes bedeuten stets die wahre bzw. praktische Dauerstandfestigkeit.
Wir geben der Schwingungslast Kπ stets das Vorzeichen der Vorlast Kλ
In der Darstellung von Pohl (1932, 1) wird K° als Funktion von Kλ/K0 aufgetragen. Sie hat den Vorzug, daß gleiche Beanspruchungen die gleiche Abszisse haben (z. B. Kλ/K0 = 0,5 bei Ursprungsbeanspruchung), ist aber nicht so anschaulich wie die von Smith.
Je härter eine Maschine ist, um so empfindlicher spricht sie durch eine Lastabnahme auf plastische Verformungen des Werkstoffs an (vgl. 24c). Eine sehr harte Maschine ist daher für die Untersuchung der ersten auftretenden bleibenden Verformungen sehr wertvoll. Da bei den üblichen Dauer-Wechselversuchen möglichst konstante Lastwerte angestrebt werden, so sind die meisten Maschinen so weich, daß gegebenenfalls nur geringe Lastabnahmen eintreten, die durch Nachstellen wieder ausgeglichen werden.
Schon früher haben sich Hempel und Tillmanns (1936, 1; 2) mit dieser Frage befaßt. In (1936, 1) geben diese Verfasser eine kritische Zusammenstellung der früheren Versuchsergebnisse.
Wir benutzen für diese Grenze die Bezeichnung von Herold, definieren sie aber, wie aus dem Zusammenhang unmittelbar hervorgeht, als die Schwingungs-lastamplitude, bei welcher die Fließbedingungen dieselben sind wie bei der praktischen Dauerstandfestigkeit.
Demgegenüber hat die wahre Wechselfestigkeit K πλ k definitionsgemäß stets die Bedeutung einer Wechselbruchgrenze.
Immer ist das nicht der Fall. So haben Hempel und Tillmanns (1936, 1) an Stählen auch bei reiner Schwingungs-Zug-Öruckbeanspruchung verhältnismäßig große Dehnungsgeschwindigkeiten gemessen.
Das gilt nicht für die Bruchlast bei sehr kleinen Wechselzahlen, also für den Anfangsteil einer Wöhler-Kurve [vgl. Müller-Stock (1938, 1)], und auch nicht für die sog. „Schadenslinie“ [vgl. Thum (1939, 2)].
Den Zusatz praktisch lassen wir in diesem Abschnitt weg, da die Bedeutung der Größen als praktische Größen aus der Überschrift und aus den benutzten Zeichen hervorgeht.
Streng genommen sind die Dauerstand-und Schwingungsfestigkeitswerte bei derselben Beanspruchungsart (Zug, Biegung, Torsion) einander zuzuordnen. Da die Temperaturabhängigkeit in allen Fällen aber qualitativ dieselbe ist, so bleiben die geschilderten gegenseitigen Beziehungen bestehen.
Die hier angeführten, bei Schwingungsbeanspruchung gewonnenen Ergebnisse und die daraus gezogenen Folgerungen gelten vermutlich allgemein für die praktische Wechselfestigkeit, solange sie eine Wechselbruchgrenze ist.
Die gegenteilige Ansicht von Gough und Wood hat sich also als nicht richtig erwiesen.
Vgl. die Literaturangaben in 19a.
Die älteren Theorien sind in den in Fußnote 1 auf S. 253 zitierten Berichten beschrieben.
Im folgenden sind einige noch nicht veröffentlichte Ergebnisse über den Zusammenhang zwischen wahrer Kriechgrenze und wahrer Wechselfestigkeit bei von Null verschiedener Vorlast enthalten, die gemeinsam von U. Deh linger und A. Kochendörfer gewonnen wurden.
Die bei den Stählen beobachteten Änderungen der praktischen Schwingungs-festigkeit unterhalb TʹR können unberücksichtigt bleiben, da sie sicher durch langsam verlaufende Umwandlungs-und Ausscheidungsvorgänge, durch welche der Zustand des Materials als solcher geändert wird, verursacht werden.
Einen geringen Beitrag zu der Breite der letzten Linien gibt die Kleinheit der kohärenten Bereiche (Teilchenkleinheit). Die eindeutige Trennung der Verbreiterung in diese beiden Anteile gelang erstmals Dehlinger und Kochendörfer (1939, 1; 2).
Bei der Biegung sind diese Eigenspannungen zum Teil dadurch bedingt, daß die äußere Formänderung inhomogen ist (vgl. 25e). Sicher ist aber für ihre Größe auch die leichtere Verformbarkeit einer Oberflächenschicht von Bedeutung.
Dagegen hängt mit ihr sicher die bei einem Walzgrad von etwa 30% liegende Unstetigkeit in der Verformung der Körner [vgl. Davidenkow und Bugakow (1931, 1)] zusammen. Daraus ist zu schließen, daß bis zu diesem Walzgrad die Verformung der Körner unter Ausbildung starker elastischer Verzerrungen der Gleitlamellen (Spannungsverfestigung) erfolgt und erst dann bei nahezu gleichbleibender Spannungsverfestigung ihre plastische Formänderung in größerem Ausmaße einsetzt, ähnlich wie bei freiem Zug unterhalb und oberhalb der Streckgrenze. Damit steht die schon lange bekannte Erfahrungstatsache in Einklang, daß die durch Verbreiterung der Röntgenlinien nachweisbaren Eigenspannungen zweiter und dritter Art bis zu diesem Walzgrad rasch, oberhalb desselben aber nur noch sehr wenig zunehmen.
Zusatz bei der Korrektur: Kürzlich haben Glocker und S cha a ber (1941, 1) an unlegierten Stählen gewonnene Ergebnisse mitgeteilt, welche diese Erwartungen voll bestätigen, und die frühere Feststellung, daß die Schwingungsfestigkeit K π0 D (= K π0 k ) eine Verformungsgrenze darstellt, ergänzen. Diese Ergebnisse lauten: Die durch Linienverschiebungen röntgenographisch gemessenen makroskopischen elastischen Spannungen in einer Oberflächenschicht fallen bei Beanspruchungen unterhalb K π0 D gegenüber den aus dem angebrachten Drehmoment berechneten Spannungen (Sollwerten) zunächst ab, nehmen aber dann wieder zu und behalten von einer bestimmten Wechselzahl an die Sollwerte dauernd bei. Oberhalb K π0 D tritt auch zuerst eine Abnahme und eine folgende Zunahme der gemessenen gegenüber den berechneten Spannungen auf, aber die Sollwerte werden nie mehr erreicht und von einer bestimmten Wechselzahl an fallen die gemessenen Spannungen bis zum Bruch dauernd ab. Diese Befunde zeigen, daß bei jeder Beanspruchung zunächst eine plastische Verformung in der Öberflächenschicht einsetzt, die aber unterhalb K π0 D (infolge der Spannungsverfestigung) einmal zum Stillstand kommt, dagegen oberhalb K π0 D (unter vorübergehendem Anstieg der atomistischen und der Spannungsverfestigung) dauernd fortschreitet, bis durch einen Riß eine Schädigung des Werkstoffes eintritt.
Unterhalb der Grenztemperatur TʹR der Rekristallisation. Auf die Besonderheiten bei höheren Temperaturen kommen wir weiter unten zu sprechen.
Dabei verkörpern P den plastischen Anteil der Verformung, F1 die davon abhängige Spannungsverfestigung, F2 die davon unabhängige elastische Dehnung einer Probe.
Die auf F2 wirkende Kraft ist ebenfalls gleich Kσ.
Wir wollen für die folgende Anwendung allgemein annehmen, daß P vor dem Anlegen der Last bereits verfestigt sein kann.
Denn um so größer muß die Anspannung sein, damit die Gleitgeschwindigkeit einen bestimmten Wert annimmt.
Dabei ist vorausgesetzt, daß unterhalb der jeweiligen Streckgrenze Kσ0 + Kτ die Gleitgeschwindigkeit Null ist, was wegen des dynamischen Einflusses und der Entfestigung streng nur am absoluten Nullpunkt zutrifft. Wir nehmen mit Orowan diese Voraussetzung zunächst als gültig an und werden auf die Bedeutung der genannten Faktoren weiter unten zu sprechen kommen.
In unserer Ausdruckweise, daß die Spannungsverfestigung nicht abnimmt Über die Unzulässigkeit dieser und der folgenden Voraussetzung siehe weiter unten.
Diese Annahme ermöglicht eine einfache Durchführung der Rechnung. Bei nichtlinearen Kurven bleiben die Verhältnisse grundsätzlich dieselben.
Es ist überraschend, daß dieser grundlegende Punkt von Orowan, der zuerst die Unzulänglichkeit der reinen Erholungstheorie betont und experimentell belegt hat, übersehen wurde.
Die Gesamtverformung s nimmt also unbegrenzt zu.
Eine Erhöhung der wahren Schwingungsfestigkeit ist also nicht möglich.
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Kochendörfer, A. (1941). Wechselbeanspruchung metallischer Werkstoffe. In: Plastische Eigenschaften von Kristallen und metallischen Werkstoffen. Reine und angewandte Metallkunde in Einzeldarstellungen, vol 7. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99299-5_5
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