Zusammenfassung
Vor allem aber bezieht diese Horizontbildung ihre Dynamik aus einer Macht, die irgendwie in das Leben „hereinsteht“, es „zukünftig“ macht, ja, wie Heidegger meint, das eigentliche zeitbildende Phänomen im menschlichen Dasein darstellt: in dem „Zurücklaufen“ vom Tode findet der Zeitcharakter des Lebens seine eigentliche Begründung, sei es, daß das Dasein in der „Entschlossenheit zu seiner eigensten Möglichkeit“, eben dem Tode, „existiert“, sei es, daß es sich diese eigenste Möglichkeit in der Flucht vor ihr und in der Alltäglichkeit verdeckt. Es kann kein Zweifel sein, daß hier wieder der Kern einer bedeutsamen psychologischen Fragestellung liegt. Diese Auffassung Heideggers gibt dem „Rücklaufcharakter“ seelischer Abläufe durch das Zurücklaufen vom Tode ihr eigentliches Gewicht. Wir fragen nicht, ob sie „richtig“ ist, sondern ob sich ein angemessener Horizont bilden läßt, unter den das seelische Sein, das in dieser Auffassung „gemeint“ ist, gestellt werden kann, so daß sie psychologisch fruchtbar wird und geeignet, Wesen und Eigenart seelischer Abläufe zu erleuchten. Die Heideggersche Antwort auf die Frage, wovon das Dasein „zurückläuft“, kann dabei je nach der weltanschaulichen Haltung gebilligt oder als unzutreffend, einseitig, ja anstößig empfunden werden — darauf kommt es hier nicht an. Zur Erörterung steht lediglich die psychologische Relevanz dieser Antwort; insbesondere könnten wir fragen, ob sie uns Wesentliches von den in der psychotherapeutischen Tätigkeit erfaßten seelischen Abläufen erschließt. Das ist in der Tat so.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1939 Julius Springer in Berlin
About this chapter
Cite this chapter
Meinertz, J. (1939). Vom Wesen des Todes als einer „horizontbildenden“ Macht. In: Psychotherapie — eine Wissenschaft!. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99221-6_9
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-99221-6_9
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-98408-2
Online ISBN: 978-3-642-99221-6
eBook Packages: Springer Book Archive