Zusammenfassung
Die Geschichte der Kryptologie lehrt, daß der unbefugte Entzifferer von den Fehlern des Gegners lebt (vgl. 11.2.5). Dumme Chiffrierfehler werden von Chiffriersekretären (cipher clerks) begangen. Taktische und strategische kryptologische Fehler unterlaufen hingegen den Nachrichtenführungsstäben bis hin zu deren Generälen und Direktoren. Dazu gehören auch politische Fragen der Organisation. Die Aufsplitterung der Dienste in Deutschland vor und während des 2. Weltkriegs, nicht zuletzt eine Folge der Rivalitäten zwischen Ribbentrop, Göring und Himmler (Sonderdienst Dahlem in der Abteilung Pers Z des Auswärtigen Amtes, Chiffrierabteilung (Chi) im Oberkommando der Wehrmacht, B-Dienst der Kriegsmarine, Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums, Amt VI E des Reichssicherheitshauptamts) war äußerst nachteilig; die Briten konzentrierten andrerseits von Anfang an ihre Dienste unter dem Foreign Office in der Government Code and Cypher School und sogar die Militärs fühlten sich nicht schlecht bedient, von den Geheimdiensten M.I.6 (unter Stewart Menzies, alias ‘C’) und OSS (unter David Bruce) nicht zu reden; die Beteiligten saßen alle in Churchills geheimer “London Controlling Section” (LCS).
„Die ungenügende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklung der eigenen Verfahren, die fehlerhafte Herstellung und Verteilung von Schlüsselunterlagen, unvollständige Schlüsselvorschriften, übersehene Möglichkeiten der Kompromittierung bei der Einführung von Schlüsselverfahren und viele andere Ursachen können dem unbefugten Entzifferer die Möglichkeiten zur Entzifferung fremder Geheimschriften liefern.”
Erich Hüttenhain1, 1978
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Literatur
Dr. Erich Hüttenhain (26.1.1905-1.12.1990) hatte in Münster Mathematik (bei Heinrich Behnke) und Astronomie studiert, er war dann Assistent bei Lindov. 1936 wurde er Referent in der Chiffrierabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW); er war zuletzt Leiter der Gruppe IV Analytische Kryptanalyse in der Hauptgruppe Kryptanalyse des seit 1922 dort tätigen Ministerialrats Wilhelm Fenner. Nach dem Krieg leitete Hüttenhain eine Dienststelle der Bundesregierung in Bad Godesberg, das Bundesamt für Fernmeldestatistik, und später die Zentralstelle für das Chiffrierwesen. Sein Nachfolger war Dr. Otto Leiberich.
“A person engaged in classified work was told only enough to enable him to carry out his duties.” (Brian Johnson 1978)
Für eine seriöse Darstellung siehe etwa Jürgen Rohwer und Eberhard Jäckel (Hrsg.), ‚Die Funkaufklärung und ihre Rolle im 2. Weltkrieg’, Stuttgart 1979.
Ihre Fähigkeiten können damit illustriert werden, daß ihr eines Tages auffiel, daß in einem ENIGMA-Chiffrat ein langer Teiltext kein L enthielt. Dies überhaupt zu bemerken, war unerhört. Sie zog aber auch den raffinierten Schluß, beim Klartext handle es sich um einen langen Füller mit lauter /l/, was sich bestätigte und zum Sieg der britischen Flotte über die italienische am 28. März 1941 bei Kap Matapán vor Griechenland beitrug.
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Bauer, F.L. (1997). Abschließende Bemerkungen. In: Entzifferte Geheimnisse. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-97972-9_22
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