Systematik und Phylogenie der Algen

Zusammenfassung

a) Allgemeines. Die Systematik der Algen weist im gegenwärtigen Zeitpunkt Symptome einer Ideenstagnation auf. Die in der Vergangenheit mit dem Lichtmikroskop gewonnenen Resultate über Form und Genese der bekanntgewordenen Arten haben frühzeitig zu Vorstellungen geführt, die als Grundlage für die Ausgestaltung natürlicher Systeme dienten. Eine Erweiterung der morphologischen Analyse bahnt nun die Elektronenmikroskopie an, die eine Einsicht in die Struktur bis auf molekularer Ebene gestattet. Das bedeutet zwar einen großen Fortschritt, der aber eine Ergänzung durch biochemische und genetische Untersuchungen erfordert. Die einseitige Wertung oder Überbewertung eines Merkmales, welches in den Vordergrund phylogenetischer Spekulationen gestellt wird, führt zwangsläufig zu formalistischen Schlußfolgerungen. Die phylogenetische Methodik muß sich auf die induktiv gewonnenen Forschungsergebnisse der verschiedensten botanischen Teildisziplinen stützen, um deduktive Schlüsse zu ziehen, welche das evolutive Geschehen unserem Verständnis nahe bringen. Ein System, welches die stammesgeschichtlichen Beziehungen widerspiegeln soll, darf niemals statischen Charakter haben und kann auch praktisch nie als definitiv gelten. Unerwartete Befunde machen immer wieder Korrekturen und Änderungen der bis dahin entwickelten Vorstellungen notwendig.