Zusammenfassung
VON allen geistigen Leistungen Kants ist sein Versuch über die „Vernunft in der Weltgeschichte“ vielleicht der folgenschwerste, so wie auch bei Marx die Geschichts- und Gesellschaftslehre wichtiger ist als seine Darstellung des Kapitals. Und genau wie bei Marx zwischen der ganz in die Zergliederung der einen besonderen Wirtschaftsstufe versenkten Auffassung des „Kapitals“ und dem stürmischen Entwicklungsgebilde der weltgeschichtlichen Skizze des „Kommunistischen Manifestes“ in Auffassung und Behandlungsweise ein gewisser Widerspruch klafft, so, und sogar noch stärker, klafft ein Widerspruch zwischen Kants Darstellung von der Entwicklung der menschlichen Vernunft in dem geschichtlichen Aufstieg der Gattung und seiner Auseinandertrennung der reinen und der praktischen Vernunft in ihre Vermögens- und Willenskräfte, wie sie nach seiner Auffassung beim ausgereiften Einzelmenschen in einer wissenschaftlich aufgeklärten Zeit zu finden sind. Denn da ist für ihn so gut wie nichts von Entwicklung, sondern ein dauernd und immer gegebenes System von Vernunftkräften, das man in seiner Reinheit nur vom Stoff der Lebenserfahrung, sozusagen im geistigen Experiment, zu isolieren braucht, um es ein für allemal in unabänderlicher Vollständigkeit herauspräparieren zu können.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Plenge, J. (1918). Organisation und Freiheit. In: Die Geburt der Vernunft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-94478-9_2
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