Zusammenfassung
Wenn man die theoretischen Grundbegriffe betrachtet, wie sie sich als Ergebnis der experimentellen und cytologischen Vererbungsforschung vor unseren Augen entwickelt haben, so muß einem vor allem die Tatsache auffallen, daß die Trennung der Begriffe Erbanlage und Eigenschaft oder, noch schärfer ausgedrückt, die Trennung der Begriffe des Erblichen und des Nichterblichen eine ganz außerordentliche Zuspitzung erfahren hat. Diese Trennung zwischen dem eigentlichen erblichen Wesen und der rasch vergänglichen Erscheinung des einzelnen Individuums hat sich bei den Fortschritten der experimentellen Erblichkeitsforschung immer mehr als notwendig herausgestellt, weil ohne sie eine klare Verständigung über die wichtigsten vererbungsbiologischen Probleme unmöglich ist. Noch zu Darwins Zeiten ahnte man kaum, daß die Frage nach der Trennung des Erblichen vom Nichterblichen so weittragende theoretische Bedeutung erlangen könnte. Wie naiv mutet uns heute Darwins Vererbungshypothese, die sog. Pangenesishypothese an, nach der jeder einzelne Körperteil Keimchen (gemmules) produzieren sollte, die in den Zeugungsorganen zusammenströmten, um sich dort zusammenzusetzen und so die Grundlage des Individuums der nächsten Generation zu bilden! Auch Darwin glaubte eben noch, daß die Vererbung eine Übertragung von teils angeborenen, teils erworbenen Eigenschaften sei; so flössen bei ihm die Begriffe des Erblichen und des Nichterblichen und die Begriffe des Angeborenen und des Erworbenen noch ineinander.
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Siemens, H.W. (1923). Die vererbungsbiologischen Grundbegriffe. In: Einführung in die Allgemeine und Spezielle Vererbungspathologie des Menschen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-92270-1_5
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