Zusammenfassung
Hysterie gab es sicherlich chon längst, ehe das griechische Wort gebildet wurde, das in so merkwürdiger Art die Krankheit mit dem weiblichen Geschlechtsorgan verknüpft. Nicht nur, weil der Uterus als der Sitz der Hysterie galt, mußte die Hysterie nun fast zwei Jahrtausende dunkel und unbestimmt bleiben; auch die physiologisch-pathologischen Kenntnisse wurden ja bekanntlich erst im 19. Jahrhundert so weit entwickelt, daß eine Grundlegung der Geistes- und Nervenkrankheiten durch sie möglich war. Aber auch die rein klinisch symptomatologische Forschung hat es bis fast in die Neuzeit hinein zu keiner nur halbwegs zureichenden und brauchbaren Bestimmung der Hysterie gebracht. Nicht nur, daß die Herausarbeitung der organischen und funktionellen Nervenkrankheiten ja ganz neuen Datums ist, und daß ohne diese moderne Entwicklung eine praktische Definition der Hysterie im Einzelfalle uns heute ebenso unmöglich erscheint, wie etwa dem modernen Chirurgen die Chirurgie ohne die Voraussetzung der Asepsis. Auch innerhalb des Kreises dessen, was wir heute mehr weniger genau als „Neurosen“ bezeichnen, war nicht nur eine Unterscheidung von der erst im 19. Jahrhundert abgegrenzten Neurasthenie unmöglich; gerade im Altertum wurde viel der Hysterie Zugehöriges der Epilepsie zugezählt, und Gilles de la Tourette macht mit Recht die Bemerkung, daß die Epilepsie ihren heiligen Charakter (morbus sacer) zum großen Teil sicherlich der Beobachtung von Hysterischen verdankt.
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© 1914 Verlag von Julius Springer
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Lewandowsky, M. (1914). Geschichtliche Einleitung. In: Die Hysterie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91895-7_1
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