Zusammenfassung
Wir müssen hier, da es sich um eine Wissenschaft und nicht urn eine Person handelt, unter Lüge jede Aussage verstehen, die objektiv unwahr ist, die also von der „Wirklichkeit“ eine unrichtige Vorstelhmg gibt. Hier begegnen wir der ersten Schwierigkeit: Was ist „wahr“ an den Tatbeständen der Massen des gesellschaftlichen Lebens ? Bekanntlich faßt die moderne Statistik jede statistische Masse, möge sie auch in größter Vollständigkeit erfaßt worden sein, als eine Musterprobe („sample“) aus einer unendlich großen Masse gleicher Wesensbeschaffenheit („Wesensform“) auf, eine Probe, die je nach ihrer absoluten Größe mehr oder weniger dem Einflusse der „Zufallsstreuung“ unterliegt, also eine von der Grundform abweichende Gestalt annimmt (S. 24ff.). Die Theorie berechnet auch die Grenzen, innerhalb deren sich das Schwanken abspielt. Für große Gesamtheiten, solche von 100 000 Fällen und mehr, wie sie dem amtlichen Statistiker beinahe immer entgegentreten, ist der Schwankungsspielraum so eng, daß die Abweichung des tatsächlichen Bildes von dem „wahren“ Bilde kaum nennenswert ist. Für kleine Gesamtheiten, wie sie der private Forscher, z. B. der Kliniker, häufig bildet, spielt diese Fehlermöglichkeit schon eine beträchtlichere Rolle. Hier ist die Gefahr einer falschen Aussage gegeben, allerdings mehr für den unerfahrenen Laien, als für den geschulten Statistiker, der die Zufallsfehlergrenzen berechnen und seine Folgerungen aus dem Material danach einrichten kann (S. 35).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1931 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Winkler, W. (1931). Trifft ein Vorwurf der Lügenhaftigkeit die statistische Wissenschaft?. In: Grundriss der Statistik I Theoretische Statistik. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft, vol 12. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90723-4_23
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-90723-4_23
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-88868-7
Online ISBN: 978-3-642-90723-4
eBook Packages: Springer Book Archive