Zusammenfassung
Wenn man das ärztliche Schrifttum über die Nierenmißbildungen über ein Jahrhundert verfolgt, dann kann man feststellen, daß sich die Bedeutung dieser Frage immer mehr verschoben hat. Ursprünglich wurden die Mißbildungen der Niere fast nur bei Obduktionen gefunden, und so blieb die Beschreibung derartiger Fälle im allgemeinen den Pathologischen Anatomen vorbehalten. Aus dem Gebiet der Nierenmißbildungen hob sich dann bald die Cystenniere dadurch heraus, daß man die Vererblichkeit des Leidens feststellte. Etwa von der Jahrhundertwende an, als die Harndiagnostik wesentlich vorangekommen war, trat die Cystenniere mehr in das Blickfeld des Klinikers. Mit der Entwicklung der Röntgenkunde vollzog sich dann wieder insofern eine gewisse Wandlung, als die Schilderung der Nierenmißbildungen jetzt durchweg urologischen Fachzeitschriften vorbehalten blieb. Mit der Entwicklung der Darstellungstechnik der Harnwege begannen aber auch die Chirurgen Interesse zu zeigen, weil diese oder jene Mißbildung operativ angreifbar war. Im Laufe der letzten Jahre ist eine große Anzahl von Einzelfällen aller möglichen Mißbildungen beschrieben worden, und seitdem für uns die Darstellung der Harnwege zu einer Methode des Alltags geworden ist, sahen auch wir viele Mißbildungen in allen möglichen Formen und sahen, daß Fehldiagnosen von Mißbildungen sehr häufig sind und sahen ferner, daß wegen der häufigen Fehldiagnosen die Heilbehandlung oft ganz unglaubliche Irrwege gegangen ist. Es erschien uns deshalb reizvoll, das ganze Gebiet der Nierenmißbildungen vom Standpunkte des Internisten zu beleuchten. Eine Bearbeitung schien uns deshalb besonders wünschenswert zu sein, weil die verfeinerte Diagnostik der letzten Jahre uns neue Kenntnisse vermittelt hat, die auch für die Praxis Bedeutung haben, weil ferner die erbbiologische Betrachtungsweise die Frage der Nierenmißbildungen aus der Tiefe eines Raritätenkabinetts zu einer ärztlichen Frage von allgemeiner Bedeutung emporgehoben hat. Auf dem Gebiete der Erbforschung ist zwar noch vieles unklar, aber wir sehen doch immerhin, welche Wege zu gehen sind, und es ist ja eine ebenso wichtige Aufgabe in der Medizin nicht nur Vorhandenes zu sichten und zu ordnen, sondern auch neue Wege zu zeigen.
Aus der Medizinischen und Nervenkinik der Universität Gießen (Direktor: Prof. Dr. Reinwein).
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Büttner, H.E. (1936). Die klinische Bedeutung der wichtigsten Nieren- und Harnleitermißbildungen. In: Czerny, A., Müller, F., v. Pfaundler, M., Schittenhelm, A. (eds) Ergebnisse der Inneren Medizin und Kinderheilkunde. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90691-6_5
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