Psychiatrische und neurologische Erkrankungen

Zusammenfassung

Im Widerspiel zwischen Persönlichkeit, Schicksal und Umwelt kann die adäquate Erlebnisverarbeitung mißglücken oder ganz unmöglich werden. Die psychische Dynamik entgleist dann unter Umständen ins Krankhafte und es entstehen pathologische Sofortreaktionen wie Stupor, Erregung, stürmische Verzweiflung, die bald wieder abklingen, oder chronische seelische Fehlentwicklungen mit „fortschreitenden ungünstigen Strukturveränderungen in gewissen psychischen Dispositionen“ (Binder 1951), die oft genug einen verderblichen Kreislauf in Gang setzen. Diesbezüglich können bestimmte Aussagen gemacht werden, seitdem man Erscheinungen der letzten Zeit, besonders jene der Entwurzelung, der Unsicherheit, der beschnittenen Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten des Daseins und der chronischen über-mäßigen Belastungs- und Konfliktsituationen mittels tauglicher Methoden erforscht hat. Dabei wurde vor allem auch die Bedeutung sozialer Bedingungen als pathogene Faktoren zur Selbstverständlichkeit, der man sich nicht durch Vorurteile entziehen darf und die eine ganzheitliche Medizin berücksichtigen muß. Man kennt, um nur wenige Beispiele aufzuzählen, unter solchen Voraussetzungen entstandene Kümmerentwicklungen, denen jede tragende Beziehung zur Welt unmöglich ist; depressive Fehlentwicklungen mit dauernder Verdüsterung, welche Zuwendung an Aufgaben verhindert; neurasthe- nische Entwicklungen mit ständigem Versagen oder Ausweichen in süchtiges Verhalten; hypochondrisch-depressive Entwicklungen mit fast ausschließlicher Einengung auf die eigene Leiblichkeit; reizbar zornmütige Entwicklungen, die zur unerträglichen Verfeindung mit der Umgebung, paranoische Entwicklungen, welche zur unbeeinflußbaren Mißtrauenshaltung gegenüber der wahnhaft falsch beurteilten Umwelt führen. Psychoneurotische Persönlichkeitsverbiegungen können eine normale Bewältigung elementarer Lebensaufgaben unmöglich machen.