Zusammenfassung
Das Thema der folgenden Gedankengänge ist nicht willkürlich formuliert. Die darin angebotene zeitliche und inhaltliche Akzentuierung entspricht einer geistesgeschichtlich bedingten Grenzsituation menschlicher Erkenntnis. Zwischen etwa 1620 und 1720, im sogenannten Jahrhundert des deutschen Barock, wählen drei Generationen dieses Thema für ihre Dichtungen, ohne daß ihr Fragen eine gültige Antwort erfährt: So wird das Nachdenken über den Tod zu einem Problem, dem der Einzelne sich in den verschiedenen Abschnitten seines Erdendaseins nähert und entsprechend verschiedene Lösungen in poetischer Form niederlegt. Diese Verschiedenheit der Lösungsmöglichkeiten der Todesproblematik, die bis zu krasser Antithetik führt, läßt den Umfang und den Tiefgang der Problematik erkennen. Konsequente Lebensbejahung führt zeitweise zu konsequenter Todesverneinung und umgekehrt. Der Zuruf: „gedenke zu leben“ läßt das „memento mori“ verstummen. Aber die Wirklichkeit mit den Leiden des Dreißigjährigen Krieges und der sich stets wiederholenden Pestjahre führt letztlich doch, besonders nach der Lebensmitte, zur ernsthaften Reflexion über den Tod und damit zur persönlichen Auseinandersetzung mit dem Glauben. Die geschichtliche Position des Barockjahrhunderts zwischen Reformation und Aufklärung (Rationalismus) wirkt sich aus. Die Werte von Glaube und Vernunft werden an der Gesetzlichkeit des Todes gemessen. „Erlerntes“ aus der philosophischen Tradition der Stoa steht gegen „Erlebtes“ aus der täglichen Begegnung mit dem Tod. Bekenntnisfreudigkeit zum christlichen Glauben führt in beiden Konfessionen zu einer Jenseitszugewandtheit, die die diesseitige Lebensführung bestimmt und die Angst vor dem Sterben überwinden hilft. Der triumphierende Tod erscheint dann in Wort- und Bildkunst des deutschen Barock als ein besiegbarer. Der Einzelne ist zu einer Entscheidung aufgerufen, vor allem der Dichter. Traditionelles Christentum gewinnt individuelle Züge in der Begegnung mit dem Tod.
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Literatur
Rehm, W., Orpheus. Der Dichter und die Toten. Düsseldorf 1950
Wentzlaff-Eggebert, F. W., Das Problem des Todes in der deutschen Lyrik des 17. Jahrhunderts. Leipzig 1931
Ders., Deutsche Mystik zwischen Mittelalter und Neuzeit. 3. Auflage, Berlin 1969
Ders., Der triumphierende und der besiegte Tod in Wort- und Bildkunst des Barock. Berlin 1975
Höpel, I., Emblem und Sinnbild. Vom Kunstbuch zum Erbauungsbuch. Frankfurt a. Main 1987
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© 1989 Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt
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Wentzlaff-Eggebert, FW. (1989). Das Problem des Todes in der deutschen Dichtung des Barock. In: Jansen, H.H. (eds) Der Tod in Dichtung Philosophie und Kunst. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-86172-7_16
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Publisher Name: Steinkopff
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