Zusammenfassung
Krankheit und Kunst, Medizin und Literatur hängen auf vielfältige Weise zusammen; Katharsis wird seit der Antike mit dem Besuch von Tragödien verbunden. Bibliotherapie basiert auf der therapeutischen Kraft des Lesens, die heilsame Wirkung des Schreibens wird mit dem Ausdruck Graphotherapie bezeichnet. Goethe empfindet sich nach der Niederschrift des Werther erlöst „wie nach einer Generalbeichte, wieder froh und frei zu einem neuen Leben“. Jede Kunsttherapie hat eine rezeptive und produktive Form, heilsam kann die Aufnahme des Allgemeinen, ebenso aber auch die Entäußerung des Individuellen sein. Kafka erinnert mit Recht allerdings daran, daß Kunst jede Therapie im unmittelbar medizinischen Sinn überschreitet; Bücher seien wie „die Axt für das gefrorene Meer in uns“. Genialität und Wahnsinn werden seit der Antike in eine innere Verbindung gebracht. Hölderlin fühlt sich von „Apollo geschlagen“, als er im Herbst 1802 geistig gestört aus Frankreich in seine schwäbische Heimat zurückkehrt. Geisteskrankheit kann zur Produktivität in den Bereichen der Literatur wie Malerei anregen; über den Kunstcharakter dieser Werke sind die Auffassungen geteilt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Anz, T.: Gesund oder krank? Medizin, Moral und Ästhetik in der deutschen Gegenwartsliteratur, Stuttgart 1989.
Augstein, C: Medizin und Dichtung. Die pathologischen Erscheinungen in der Dichtung, Stuttgart 1917.
Benedetti, G.: Psychiatrische Aspekte des Schöpferischen und schöpferische Aspekte der Psychiatrie, Göttingen 1975.
Binet, L.,u. P. Vallerey-Radot: Médecine et littérature, Paris 1965.
Brody, H.: Stories of sickness, New Haven 1987.
Burger, H.A.: Arzt und Kranker in der deutschen schönen Literatur des 19. Jahrhunderts, in: W. Artelt und W. Rüegg (Hrsg): Der Arzt und der Kranke in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, S. 98-106.
Carsten, P.: Literarisches aus der Medizin. Medizinisches aus der Literatur, Berlin 1931.
Ceccio, J., Hg.: Medicine in literature, New York u. London 1982.
Engelhardt, D.v.: Medizin in der Literatur der Neuzeit. Bd. 1, Darstellung und Deutung, Hürtgenwald 1991.
Feder, L.: Madness in literature, Princeton, N.J., 1980.
Geyer, H.: Dichter des Wahnsinns. Eine Untersuchung über die dichterische Darstellbarkeit seelischer Ausnahmezustände, Göttingen 1955.
Granjel, L. S.: Medicos novelistas y novelistas medicos, Salamanca 1973.
Irle, G.: Der psychiatrische Roman, Stuttgart 1965.
Kudszus, W. (Hrsg.): Literatur und Schizophrenie, Tübingen 1977.
Peschel, E. R. (Hrsg.): Medicine and literature, New York 1980.
Rammelmeyer, A.: Arzt, Kranker und Krankheit in der englischen Literatur des 19. Jahrhunderts, in: W. Artelt u. W. Rüegg (Hrsg.): Der Arzt und der Kranke in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, S. 116-156.
Schmidt, P.: Gesundheit und Krankheit in romantischer Medizin und Erzählkunst, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts (1966) 197-228.
Trautmann, J., u. C. Pollard: Literature and medicine: Topics, titles and notes, Philadelphia 1975.
Vestdijk, S.: De zieke mens in de romanliteratuur, Amsterdam 1977.
Viebrock, H.: Arzt, Kranker und Krankheit in der englischen schönen Literatur des 19.
Jahrhunderts, in: W. Artelt u. W. Rüegg (Hrsg.): Der Arzt und der Kranke in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, S. 107-115.
Winau, R.: Arzt und Krankheit in dichterischen Werken um die Jahrhundertwende, in: G. Mann u. R. Winau (Hrsg.): Studien zur Medizingeschichte des 19. Jahrhunderts, Bd. 8, Göttingen 1977, S. 152-171.
Wöbkemeier, R.: Erzählte Krankheit. Medizinische und literarische Phantasien um 1800, Stuttgart 1990.
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1991 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this paper
Cite this paper
von Engelhardt, D. (1991). Der Kranke und seine Krankheit in der Literatur. In: Doerr, W., Schaefer, H., Schipperges, H. (eds) Der Mensch in seiner Eigenwelt. Veröffentlichungen aus der Forschungsstelle für Theoretische Pathologie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-84612-0_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-84612-0_3
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-54601-6
Online ISBN: 978-3-642-84612-0
eBook Packages: Springer Book Archive