Zusammenfassung
Angesichts der rasanten Entwicklung der medizinischen Wissenschaft, ihrer zunehmenden Spezialisierung, immer komplizierterer Untersuchungs- und neuen diagnostischen und therapeutischen Behandlungsmethoden sowie angesichts der fortschreitenden Perfektionierung der Technik hat sich der Abstand zwischen dem, was „man weiß“, d. h. dem Allgemeinwissen, und dem „Stand der jeweiligen Wissenschaft“ enorm ausgeweitet. Eine riesige Lücke klafft zwischen dem, was der Richter an Kenntnissen für die zu entscheidenden Sachverhalte mitbringt, und dem, was er wissen muß, um die Verantwortung für seine Entscheidung tragen zu künnen.1 Dadurch bedingt haben im Strafprozeß der Richter, im Er-mittlungsverfahren der Staatsanwalt und gegebenenfalls der Verteidiger immer häufiger auf Gutachten zurückzugreifen, um sich die nötige Sachkunde zu ver-schaffen. Auf diese Weise wird der Sachverstandige „weitgehend eine den Tather-gang ermittelnde und die Entscheidung vorprogrammierende Institution“ 2, aus dem „Richtergehilfen“ oder neutralen „Richterberater“ ist de facto in den zentra-len Fragen des Falles der „Gerichtsherr“ geworden. Die Autorität des Richters, die auf der staatlichen Gewaltenteilung, seiner Unabhängigkeit und Bindung an Recht und Gesetz beruht, wird de jure zwar nicht angetastet, aber doch erheblich relativiert. Denn überall da, wo es um Spezialwissen geht, beherrscht der die Szene, der über dieses Wissen verfügt, und das ist eben der Sachverständige.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Vgl. Meyer KH (1976) in: Loewe E, Rosenberg W (Hrsg) StPO, 23. Aufl. De Gruyter, Berlin, Rdnr. 10 ff. vor § 72; Kaufmann A (1985) Das Problem der Abhängigkeit des Strafrichters vom medizinischen Sachverständigen. Juristenzeitung 23:1065.
Krauß D (1971) Richter und Sachverstandiger im Strafverfahren. ZStW 73:320.
Kaufmann A, a.a.O., S 1071.
Schmidt E (1957) Lehrkommentar zur StPO, Teil II. Schwarz, Göttingen, Rdnr 7 vor § 72.
BGHSt 7:239.
Vgl. Kleinknecht T, Meyer K (1987) StPO, 38. Aufl. Beck, Mlinchen, Rdnr 6 zu § 73.
Vgl. BGHSt 23:311 = JR (1971) 116 mit Anmerkung Peters K.
BVerfG NJW (1979) 305.
Lürken G (1968) Auswahl und Leitung des Sachverständigen im Strafprozeß. NJW 21/25:1162
Schimanski W (1986), Die Ablehnung des medizinischen Gutachters. Sozialgerichtsbarkeit 10:408.
Lurken G, a.a.O., S 1162.
Schmidt E, a.a.O., Rdnr. 1 zu § 78.
Schwarz E (1956) Festschrift für Pfenninger. S 151.
BGH MDR (1984) 660.
OLG Frankfurt MDR (1983) 849.
Haddenbrock S (1972) Strafrechtliche Handlungsfähigkeit und áSchuldfähigkeit“ (Verant-wortlichkeit); auch Schuldformen. In: Göppinger H, Witter H (Hrsg) Handbuch der forensi-schen Psychiatrie, Bd II, Teil C, Springer, Berlin, Heidelberg, New York, S 863.
So mit Recht Franzki H (1988) Das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen. Frauenarzt, 3:290.
Brettel HF (1986) Das ärztliche Gutachten. In: Forster B (Hrsg) Praxis der Rechtsmedizin. Thieme, Stuttgart, S 659.
Janssen W (1970) Kriminalistik, 24. Jahrg., Heft 9, S 436.
So mit Recht Krauß D (1985) Schweigerecht und Schweigepflicht des ärztlichen Sachverständigen im Strafprozeß, ZStW 97:85.
Dahs H, Dahs H (1984) Die Revision im Strafprozeß. Beck, München, Rdnr 220.
Schmidt E, a.a.O., Rdnr 1 zu § 80.
Vgl. Heinitz E (1969) Festschrift für Engisch. Thieme, Stuttgart, S. 694.
Meyer K (1976) In: Loewe/Rosenberg, a.a.O. § 76, Rdnr 2, m.w.N.; anders Krauß D (1985) ZStW 97:86 ff.
Schreiber HL (1979) Chirurg 203.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1990 Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York
About this chapter
Cite this chapter
Ulsenheimer, K. (1990). Stellung und Aufgaben des Sachverständigen im Strafverfahren. In: Christel, F., Gerhart, H. (eds) Der Sachverständige im Strafrecht Kriminalitatsverhutung. Forensia-Jahrbuch, vol 1. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-84123-1_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-84123-1_1
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-52248-5
Online ISBN: 978-3-642-84123-1
eBook Packages: Springer Book Archive