Zusammenfassung
Der medizinische Standard von morgen gründet auf der wissenschaftlichen Arbeit von heute, die ihren Preis hat, für den viele Patienten sich leider aber nicht interessieren. Dem Recht auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt in Gestalt des aktuellen Standards stehen kaum bewußte Pflichten gegenüber, wie ja überhaupt das gegenwärtige Medizinrecht sich im wesentlichen in den Pflichten des Arztes und den Rechten des Patienten als deren Gegenstück erschöpft. An arztethischen Diskursen und Postulaten herrscht kein Mangel; indessen bildet die Patientenethik kaum je den Gegenstand von Symposien oder Publikationen. Dabei hängt von der mitwirkenden Bereitschaft von Probanden und Patienten das allgemein erwartete Fortschreiten der Medizin in hohem Grade ab. Ohne die erforderliche Bereitwilligkeit Gesunder und Kranker können medizinische Experimente und klinische Studien1 nicht stattfinden. Auch auf den Leib Verstorbener sieht sich die Medizin seit alters angewiesen. Der anatomische Unterricht am Körper von Verstorbenen und die pathoanatomische Untersuchung Toter bleiben unverzichtbar, wenn die Medizin ihren wissenschaftlichen Rang behaupten und sich fortentwickeln soll. Die lebensrettende Transplantationsmedizin2 wartet auf die Bereitschaft Lebender, nach dem Tode die notwendigen Organe zu spenden. Die metallene Inschrift über dem Portal des alten Heidelberger Anatomischen Instituts: „Hic gaudet mors succurrere vitae“3 hat inzwischen Möglichkeiten gewonnen, an die ihr Urheber noch nicht denken konnte.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Laufs, A., Arztrecht, 51993, Rdnrn. 671 ff.
Uhlenbruck, W., in: Laufs, A., Uhlenbruck, W., Handbuch des Arztrechts, 1992, § 131.
Goerttler, K., Hic gaudet mors succurrere vitae. Hier freut sich der Tod, dem Leben zu helfen, Heidelberger Jahrbücher, XXXV (1991), S. 95 ff.
Vgl. die Beiträge im Schwerpunktheft der Zeitschrift MedR 1991, S. 223 ff. (= Heft 5, 1991).
Der Spiegel Nr. 49 v. 6.12.1993, S. 68 ff.
Transplantationskodex der Arbeitsgemeinschaft der Transplantationszentren in der Bundesrepublik Deutschland, 1987; vgl. Laufs, A., Arztrecht, 51993, Rdnm. 272 ff.
Die Rechtsposition der Erben als solcher beschränkt sich auf die vermögensrechtliche Sphäre, vgl. et- wa zum Einsichtsrecht in die Krankenunterlagen BGH, NJW 1983, S. 2627, 2628 f. = MedR 1984, 24 f.
Schreiber, H.-L., Wolfslast, G., Ein Entwurf für ein Transplantationsgesetz, MedR 1992, S. 189 ff.
LT-Drucks. BadWürtt. 11/2978 v. 24.11.1993, S.4.
Einschränkend, doch im Ergebnis gleich das BVerfG (E 30, S. 173, 194 = NJW 1971, S. 1645, 1647): „Die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, endet nicht mit dem Tode… Die Fortwirkung eines Persönlichkeitsrechts nach dem Tode ist jedoch zu verneinen.“
Zimmermann, R., Gesellschaft, Tod und medizinische Erkenntnis, NJW 1979, S. 569, 573.
Laufs, A., Schutz der Persönlichkeitssphäre und ärztliche Heilbehandlung, VersR 1972, S. 1, B.
MüKo-Schwerdtner, BGB, 31986, § 12, Rdnr. 194; Westermann, H. P., Das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach dem Tode seines Trägers, FamRZ 1969, S. 561 ff. Für das schweizerische Recht mit programmatischem Titel E. Knellwolf, Postmortaler Persönlichkeitsschutz — Andenkenschutz der Hinterbliebenen, iur. Diss., Zürich 1991.
MüKo-Schwerdtner, BGB, 31994, § 12, Rdnr. 193, der sich für eine „vorsichtige Analogie“ zu § 22 KUG ausspricht.
Maurer, H., Die medizinische Organtransplantation in verfassungsrechtlicher Sicht. Bemerkungen zum Entwurf eines Transplantationsgesetzes, DÖV 1980, S. 7, 9.
Für eine typisierende Betrachtungsweise überzeugend Haas, L., NJW 1988, S. 2929, 2930.
Keller, R., Das Recht und die medizinische Forschung, MedR 1991, S. 11 ff.
Ethik-Kommission des Klinikums der Universität Heidelberg v. 25.11.1993 (LT-Drucks. BadWürtt. 11/2978, S. 3).
Laufs, A., Arztrecht, 51993, Rdnr. 690, zum Heilversuch.
Die ohnehin eine Einwilligung des Toten voraussetzt, vgl. die Rspr. zur Sektion: BGH, NJW 1990, S. 2313 und für die Lit.: Laufs, A., Arztrecht, 51993, Rdnrn. 267 ff.
BGH, NJW 1988, S. 231 of.
MüKo-Schwerdtner, BGB, 31994, § 12, Rdnr. 196.
Kern, B.-R., Fremdbestimmung bei der Einwilligung in ärztliche Eingriffe, NJW 1994, S. 753, 759.
Vgl. auch Staudinger-Dilcher, BGB, 121980, § 90 Rdnr. 21. Zur Ermittlung der entscheidungsbefugten Angehörigen wird § 2 Abs. 3 des Gesetz über die Feuerbestattung vom 15.5.1934 (RGBI. I 380) herangezogen. Danach gilt die Reihenfolge: Ehegatte, Kinder, Eltern, volljährige Enkelkinder, Großeltern.
Laufs, A., Arztrecht, 51993, Rdnrn. 276, 695.
Hart, D., Heilversuch, Entwicklung therapeutischer Strategien, klinische Prüfung und Human-experiment. Grundsätze ihrer arzneimittel-, arzthaftungs-und berufsrechtlichen Beurteilung, MedR 1994, S. 94 ff.
Laufs, A., Uhlenbruck, W. (Hrsg.), Handbuch des Arztrechts, 1992, § 130; Toellner, R. (Hrsg.), Die Ethik-Kommission in der Medizin. Problemgeschichte, Aufgabenstellung, Arbeitsweise, Rechtsstellung und Organisationsformen Medizinischer Ethik-Kommissionen, 1990.
Abgedruckt in: Deutsches ÄrzteBl. (Ausg. A) 1994, S. 53 ff.
Taupitz, J., Zum Umgang mit der Leiche in der Medizin. Das Recht im Tod aus dem Blickwinkel der geltenden Rechtsordnung. EthikMed 1994, S. 38; kritisch, eine Neufassung des § 168 StGB fordernd: Stentenbach, B., Der strafrechtliche Schutz der Leiche, iur. Diss., Köln 1993, S. 210 ff.
OLG München, NJW 1976, S. 1805, 1806.
KG Berlin, NJW 1990, 782; Dreher/Tröndle, StGB, 461993, § 168 Rdnr. 3, Lackner, StGB, 201993, § 168 Rdnr. 3.
Hirsch, G., Schmidt-Didczuhn, A., Transplantation und Sektion. Die rechtliche und rechtspolitische Situation nach der Wiedervereinigung, 1992, S. 15.
Geilen, G., JZ 1971, S. 41, 44; Zimmermann, R., NJW 1979, S. 574 f., Rieger, H.-J., Lexikon des Arztrechts, 1984, Rdnr. 1681; MüKo-Mertens, BGB, 21986, § 823 Rdnr. 137; MüKo-Schwerdtner, BGB, 31994 12, Rdnr. 195.
Krüger-Nieland, G., Verh. d. 45. DJT, Bd. IUC, 1965, S. C 34 ff.
BGH, JZ 1993, S. 516 m. Anm. D. Giesen.
Taupitz, J., EthikMed 1994, S. 38, 39.
Hubmann, H., Das Persönlichkeitsrechte, 1967, S. 340 ff., 266 ff.; Taupitz, J., EthikMed 1994, S. 38, 39, mit dem Hinweis, eine Lücke verbleibe, nachdem die Angehörigen nur in wenigen Fällen an einem etwa erzielten Gewinn teilhaben könnten. Zu denken wäre jedoch an das hinsichtlich des Rechts am eigenen Bild bewährte Mittel der Eingriffskondiktion; vgl. Lorenz, K., v. Canaris, C.-W., Lehrb. d. SchuldR, Bd. 2, 2. Halbbd., 131994, S. 536.
Es ist traditionell verankert und entspricht der allgemeinen Sitte, auch beruht es auf persönlicher Verbundenheit mit dem Verstorbenen, vgl. Schmidt-Didczuhn, A., Transplantationsmedizin in Ost und West im Spiegel des Grundgesetzes, ZRP 1991, S. 264, 266, es unterfällt der allgemeinen Handlungsfreiheit, vgl. BVerfG, NJW 1994, S. 783.
Bockenheimer-Lucius, G., Seidler, E., Hirntod und Schwangerschaft. Dokumentation einer Podiumsveranstaltung der Akademie für Ethik in der Medizin zum „Erlanger Fall“, 1993; vgl. auch Bockenheimer-Lucius, G. in: Medizinische Ethik 46 (Sonderbeilage ÄrzteBl. BadWürtt. 1993/1); außerdem interessant der Bericht über einen glücklich verlaufenen Fall: Siegel, K.-E., Wir durften nicht aufgeben, 1993.
Schreiber, H.-L., Notwendigkeit und Grenzen rechtlicher Kontrolle der Medizin, Göttinger Universitätsreden 71, 1984.
Steffen, E., Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 51992.
BGBl 11990, S. 2746 ff.; Keller, R., Günther, H.-L., Kaiser, P., Embryonenschutzgesetz. Kommentar, 1991
Laufs, A., Der Nervenarzt, 1985, S. 399 ff.; Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer, Entscheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes, Deutsches ÄrzteBl. (Ausg. A) 1991, S. 4396 ff.
BVerfGE 88, S. 203 = NJW 1993, S. 1751.
Beckmann, R., Die Behandlung hirntoter Schwangerer im Licht des Strafrechts, MedR 1993, S. 121 ff.
Giesen, D., Poll, J., Recht der Frucht/Recht der Mutter in der embryonalen und fetalen Phase aus juristischer Sicht, JR 1993, S. 177 ff.
Laufs, A., Arzt und Recht im Wandel der Zeit, MedR 1986, S. 163 ff.
§ 1 Abs. 1 S. 3 MuBO. Abgedruckt in: Deutsches ÄrzteBl. (Ausg. A) 1994, S. 53 ff.
BVerfGE 52, S. 131 = NJW 1979, S. 1925.
Bernat, E. (Hrsg.), Ethik und Recht an der Grenze zwischen Leben und Tod, 1993.
Zum Problemstand Mras, G., Untersuchung zum Maß ärztlichen Handelns. Das ärztliche Handeln im Zielkonflikt zwischen personellem Wohl und medizinischer Vernunft, 1993, S. 41 ff., 50 ff. Zur aktuellen Diskussion Birnbacher, D., Deutsches ArzteBl. (Ausg. A) 1994, S. 2121 f.
Hirsch, G., Schmidt-Didczuhn, A., Transplantation und Sektion. Die rechtliche und rechtspolitische Situation nach der Wiedervereinigung, 1992, S. 19 ff.
Hanack, E.-W., Der Kaiserschnitt an der Toten und der Sterbenden aus rechtlicher Sicht, Gynäkologe 1982, S. 96 ff., 101.
Stellpflug, M. H., Kaiserschnitt gegen den Willen der Schwangeren — ein Exkurs durch das angloamerikanische Recht, MedR 1993, S. 426 ff.
Das Reichsgericht und der,übergesetzliche Notstand’, ZStW 1929, S. 350 ff., 403.
Anders AG Hersbruck mit kritischer Anmerkung Schwab, D., FamRZ 1992, S. 1471 f.
Eberbach, W.H., Die zivilrechtliche Beurteilung der Humanforschung, 1982, S. 180 f.; Fischer, G., Medizinische Versuche am Menschen, 1979, S. 61; Heuermann, P., Verfassungsrechtliche Probleme der Schwangerschaft einer hirntoten Frau, JZ 1994, S. 133 ff.
§ 6 S. 1 MuBO. Abgedruckt in: Deutsches ÄrzteBl. (Ausg. A) 1994, S. 53 ff.
Abgedruckt in: MedR 1992, S. 206 f.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1994 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Laufs, A., Peris, D. (1994). Tote im Dienste der Lebenden aus juristischer Sicht. In: Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 38. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-79348-6_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-79348-6_8
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-58551-0
Online ISBN: 978-3-642-79348-6
eBook Packages: Springer Book Archive