Zusammenfassung
Carl Christian von Weizsäcker hat einmal gesagt, es mache den Charme der schweizerischen Wirtschaftspolitik aus, daß sie die Fehler der Anderen erst mit einigen Jahren Verspätung nachhole.2 Wenn dies richtig ist, dann kann es nicht überraschen, daß die folgenden Worte Ludwig Erhards heute von geradezu brennender Aktualität sind, obwohl er sie bereits vor 19 Jahren, zum 90.
Dies ist die leicht umgearbeitete und erweiterte Fassung einer Schrift, die im Mai 1990 unter dem Titel »Ordnungspolitische Sorglosigkeit als Wettbewerbsnachteil—schwindender Vorsprung der Schweiz« als Heft Nr. 6 der Schriftenreihe »Zeitthemen« des Arbeitskreises »Kapital und Wirtschaft«, Zürich, erschienen ist.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literature
Ludwig Erhard, Gedanken aus fünf Jahrzehnten. Reden und Schriften, herausgegeben von Karl Hohmann, Düsseldorf / Wien / New York (Econ) 1988, S. 1046.
Eucken hat Ordnungspolitik einmal so umschrieben: »Die Wirtschaftspolitik des Staates sollte auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein, nicht auf die Lenkung des Wirtschaftsprozesses: Staatliche Planung der Formen - ja; staatliche Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses - nein. Den Unterschied erkennen und danach handeln, das ist wesentlich.« Walter Eucken, Die Wettbewerbsordnung und ihre Verwirklichung, in: Ordo, Bd. 2, 1949, S. 93.
»Die in der Bundesrepublik als wirtschaftspolitisches Leitbild geltende Soziale Marktwirtschaft wird üblicherweise als konkrete Ausgestaltung des Ordoliberalismus aufgefaßt und dargestellt. Das ist nicht ganz richtig. Die Soziale Marktwirtschaft ist eine interventionistische (gelenkte) Marktwirtschaft und insofern von der ordoliberalen Marktwirtschaft zu unterscheiden, obgleich beide auf der wettbewerbsbestimmten Marktsteuerung beruhen.« Hans Besters, Neoliberalismus, in: Roland Vaubel / Hans D. Barbier, (Hrsg.), Handbuch Marktwirtschaft, S. 117. - Einzelne Kritiker darunter nicht zuletzt Nobelpreisträger F. A. von Hayek, halten die Formel »Soziale Marktwirtschaft« sogar für äußerst unglücklich: »Was eigentlich sozial heißt, weiß niemand. Klar ist nur, daß eine Soziale Marktwirtschaft keine Marktwirtschaft ist.« in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Feb. 1979, zitiert nach: Dieter Grosser et al., Soziale Marktwirtschaft. Geschichte - Konzeption - Leistung, Stuttgart (Kohlhammer) 1988, S. 3. Vgl. auch F. A. Hayek, The weasel word »social«, in: The Salisbury Review, Heft 1, 1983, S. 4f.
Vgl. Heinz Buhofer (Hrsg.), Liberalismus als Verjüngungskur, Zürich / Wiesbaden (Orell Füssli) 1987.
Vgl.dazu auch James M. Buchanan, Hemmnisse und Hindernisse marktwirtschaftlicher Reformen, Neue Zürcher Zeitung vom 27./28. Januar 1990, Seite »Themen und Thesen der Wirtschaft«.
Vgl. Mancur Olson, The Rise and Decline of Nations, New Haven (Yale University Press) 1982. Deutsche Übersetzung: Aufstieg und Niedergang von Nationen. Ökonomisches Wachstum, Stagflation und soziale Starrheit, Tübingen (Mohr) 1985.
Vgl. dazu Gerhard Schwarz (Hrsg.), Das Soziale der Marktwirtschaft, Zürich (NZZ) 1990.
Untersuchungen für andere Länder zeigen, daß sich 50% der Haushalte nach der Einkommensumverteilung etwa gleich stellen wie zuvor. Nur die Umverteilungsbürokratie hat durch diese sinnlose Aufgabe ihr Auskommen erhalten. Ungewiß ist ferner, ob die nach der Umverteilung besser Gestellten auch gleichzeitig die sozial Benachteiligten sind. An einem konkreten Beispiel, nämlich der Hochschulausbildung, zeigt dies auch Dominique Merz, Hochschulwesen: Wer finanziert wem die Ausbildung?, in: René L. Frey / Robert E. Leu, Der Sozialstaat unter der Lupe. Wohlstandsverteilung und Wohlstandsumverteilung in der Schweiz, Basel / Frankfurt (Helbing & Lichtenhahn) 1988, S. 249ff., insbesondere S. 304. Ihrzufolge bezahlen die verschiedenen Einkommensschichten in der Eltemgeneration über ihre Steuerlastanteile etwa das, »was sie an kostenbewerteten staatlichen Hochschulbildungsleistungen …, erhalten. Eine substantielle Umverteilung von Einkommen findet dafür von den Steuerpflichtigen ohne zu den Steuerpflichtigen mit studierenden Kindern, die trotz aller Bildungsexpansion schwergewichtig aus den oberen Einkommensschichten stammen, statt.«
Vgl. Gerhard Schwarz, Die schleichende Einengung von Freiräumen, in: derselbe (Hrsg.), Wo Regeln bremsen. Deregulierung und Privatisierung im Vormarsch, Zürich (NZZ) 1988, S. 127ff.
Vgl. Gerhard Schwarz, Die Natur als Lehrmeister der Wirtschaft. Gedanken zur Verwandtschaft von marktwirtschaftlichen Ordnungen und Ökosystemen, in: Wirtschaft jenseits von Umweltzerstörung. Beiträge zu einem ökologischen Ordnungsrahmen für die Gesellschaft, Zürich (NZZ) 1982, S. 82ff.
Vgl. dazu die ausgezeichnete Arbeit von Gordon A. Craig, Geld und Geist. Zürich im Zeitalter des Liberalismus 1830–1869, München (C. H. Beck) 1988.
Franz Böhm, Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, Stuttgart 1937.
Leonhard Miksch, Wettbewerb als Aufgabe. Grundsätze einer Wettbewerbsordnung, 2. Aufl., Godesberg 1947, S. 12.
Walter Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Rowohlt: Hamburg 1959, S. 37. - Es ist allerdings problematisch, Wettbewerb mit einer bestimmten Marktform gleichzusetzen, wie dies Eucken zum Teil getan hat. Ein solches Vorgehen widerspricht nämlich dem dynamischen Konzept des »Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren« im Sinne Hayeks. Die Aufgabe der Ordnungspolitik ist deshalb eine doppelte, nämlich »alle öffentlichen Praktiken preiszugeben und alle privaten Strategien zu unterbinden, die den Wettbewerb beschränken oder ihn auf ein vorgegebenes Leitbild einengen und dieses verwirklichen wollen. Dabei ist zu beachten, daß das Ergebnis des dynamischen Wettbewerbs offen und nicht quantitativ bestimmbar ist. Insofern ist es unmöglich, von tatsächlich beobachteten Marktergebnissen … auf die Wirksamkeit des Wettbewerbs zu schließen ‖ Wie die persönliche Freiheit ist auch der Wettbewerb nur negativ abgrenzbar ‖« Hans Besters, a.a.O., S. 110.
Dagegen wird, wie viele Beispiele belegen, die Einführung einer Marktwirtschaft durch eine im politischen Bereich nicht freiheitliche, autoritäre Ordnung unter Umständen sogar begünstigt. Vgl. Peter L. Berger, The Capitalist Revolution. Fifty Propositions about Prosperity, Equality, and Liberty, New York (Basic Books) 1986. Vgl. zur These von der Interdependenz der Ordnungen auch Gerhard Schwarz, Limitations to the Interdependence of Systems, in: Kurt Dopfer / Karl F. Raible (Hrsg.), The Evolution of Economic Systems, London (Macmillan) 1990, S. 32ff.
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1991 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Schwarz, G. (1991). Die ordnungspolitische Verwahrlosung der Schweiz. In: Radnitzky, G., Bouillon, H. (eds) Ordnungstheorie und Ordnungspolitik. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-76826-2_10
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-76826-2_10
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-76827-9
Online ISBN: 978-3-642-76826-2
eBook Packages: Springer Book Archive