Zusammenfassung
Warum beschäftigen sich so viele Menschen mit dem Themenkreis ‘Expertensysteme’? Bei manchen ist es völlig klar: Sie planen oder bauen solche Programme oder sie interessieren sich für neue Software-Entwicklungstechniken. Aber was bringt Manager dazu, die leidlich desinteressiert sind am Aufbau von betriebseigenen Data Dictionaries, an der Einführung von Unix oder an Programmiersprachen wie Smalltalk, C++ oder Object Pascal, sich intensiv über das Potential der Expertensystemtechnik zu informieren. Warum veranstalten IG-Metall, Kirchen, die deutsche Landwirtschaftsgesellschaft und der Bundestag Symposien und Anhörungen zum Thema Expertensystemtechnik, wenn der ganze aktuelle Markt für KI-Technik gerade ein drittel Prozent des bundesdeutschen DV-Marktes ausmacht und weniger Umsatz bringt als der Verkauf eines einzigen gerüsteten Tornado-Jagdbombers? Es muß eine tieferliegende Faszination von der Vorstellung oder vom bloßen Wort eines maschinell fixierten Experten ausgehen. Vielleicht sind alle kritischen Einwände gegen den Stand und das Potential der Expertensystemtechnik hinfällig, und auch Bobrows Warnung, daß der bloße Wille, ein Expertensystem bauen zu wollen, keine Garantie für die erfolgreiche Konstruktion bietet, mag erfolglos bleiben gegenüber der heroischen Vorstellung der Unsterblichkeit, die Michie und Johnston [228] mit Expertensystemen verbinden: „Tiere müssen oftmals eingeschläfert werden, und das gleiche gilt für Roboter. Was Expertensysteme betrifft, so stellt sich hier aber eine interessante Frage.
‘Expertensysteme’ ist eine schrecklich falsche Bezeichnung, da kaum etwas an ihnen expertenhaft ist.
Roger Schank
Es gäbe noch viel zu diesem Thema zu sagen; ich möchte jedoch nur hervorheben, daß der Kult, der mit den Experten betrieben wird, ganz offensichtlich sowohl profitabel ist (für jene, die ihn propagieren) als auch betrügerisch. Natürlich muß man von den KI-Forschungthemen so viel wie möglich lernen; natürlich sollten diese Forschungsgebiete so gewissenhaft wie möglich erforscht werden. Aber es wäre sehr bedenklich und höchst gefährlich, wenn sie nicht aufgrund ihrer Verdienste und ihrer tatsächlichen, nicht vorgeblichen Leistungen akzeptiert und beurteilt würden.
Noam Chomsky96
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Literatur
Zitiert nach Noam Chomsky, Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen, Suhrkamp, Ffm, 1969. Gäbe es Informatiker, die von Chomsky nicht nur einen mathematischen Formalismus übernommen haben, sondern ein theoretisches Verständnis ihrer Arbeit entwickelten, so würden sie vielleicht bemerken, daß das Zitat in einem Wort nicht stimmt: Wir haben das Wort ‘KI-Forschungsthemen’ an die Stelle der Worte ‘Sozial- und Verhaltens Wissenschaften’ gesetzt.
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Coy, W., Bonsiepen, L. (1989). Ein Schluß. In: Erfahrung und Berechnung. Informatik-Fachberichte, vol 229. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-75217-9_12
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