Pathische Betroffenheit des Patienten — hat sie Auswirkungen auf hausärztliches Handeln?

Zusammenfassung

Bei Schipperges finden wir die Beschreibung der Kategorien pathischer Betroffenheit in der Welt des Kranken. Er meint damit Merkmale der Krankheit wie Niedergeschlagenheit, Ohmacht, Abgrund, Bedrohung, Loslösung, Erleichterung, Herausforderung, Wertsteigerung und schließlich Verwandlung. Dabei geht es um die Möglichkeiten und Grenzen leidender Erfahrung. Unsere Hypothese lautet: Die Matrix für das Kranksein und besonders für das chronisch Kranksein drückt sich aus in Wahrnehmungen, Merkmalen und Charakterisierungen, die der Patient seinem Leiden verleiht und die sein Krankheitsverhalten nachhaltig beeinflussen und gestalten, ja sogar seine Genesung hemmen können. Für den Arzt und besonders für den Hausarzt bedeutet dies die Frage, ob er in der Lage ist, diese Deutungen und Krankheitshypothesen — die pathische Betroffenheit des Patienten überhaupt wahrzunehmen und andererseits gemäß diesen das Leiden des Patienten zu lenken und zu steuern. Und es bedeutet, „den Patienten zu Hilfe zu kommen, wenn diese es nötig haben oder aber menschenfreundlich zu handeln, auch wo der Patient nicht mehr geheilt werden kann, und so auch wenigstens dem hoffnungslosesten Kranken beizustehen“(K.Jaspers). Die wichtigste Arbeit für uns war es zunächst, ein Meinungsbild unserer Patienten zur Frage nach der Beurteilung ihrer Krankheit, bezogen auf den zeitlichen Aspekt, sowie auf die Auswirkungen ihrer Krankheit auf die Lebensqualität zu erhalten. Es geht also um die Einschätzung von Bedeutungsinhalten von Krankheiten, die Patienten, ohne sie immer explizit auszusprechen, bewegen.