Raumbezogene Identifikation

Zusammenfassung

Im Zuge der unaufhaltsamen Dynamik von Modernisierungs- und Globalisierungsprozessen innerhalb postindustrieller Gesellschaften werden die Quellen der Orientierung vielfältiger. Gleichzeitig mit dem damit verbundenen Wertewandel zerfällt das Gefüge der gebauten Umwelt in eine Addition von teils in sich gestalthaften, andererseits aber auch gestaltschwachen oder gestaltlosen Bereichen und Elementen (Sieverts 1983, 119; Durth 1988, 41ff.). Der Verlust ihrer Unverwechselbarkeit bedroht nach Befunden der ökologischen Psychologie in Verbindung mit einer stärkeren Ausdifferenzierung und Pluralität der Lebensstile die Ausbildung raumbezogener Identität (Graumann 1990; Lipp 1984). Im vermeintlichen Widerspruch dazu manifestieren sich in zunehmendem Ausmaß Bindungen von Individuen an ihre jeweiligen Lebenswelten. Die hierzu inzwischen vorliegenden Veröffentlichungen aus unterschiedlichen Disziplinen umschreiben jenes mentale Phänomen territorialer Aneignung begrifflich beispielsweise als Ortsbezogenheit, Regionalismus, Regionalbewußtsein, Regionalität, regionale Identität oder Territorialität und die räumliche Bezugsebene als Heimat, Umwelt, Region oder Satisfaktionsraum. Standen im vorigen Kapitel Einstellungs- und Orientierungsmuster über den konkreten lebensweltlichen Bezugsrahmen im Vordergrund, richtet sich die Aufmerksamkeit nachfolgend auf das emotional-affektive Verhältnis der Individuen zum Raum. Derartige Person-Umwelt-Interaktionen fokussieren nach den vorliegenden Befunden nicht den “Raum als solchen” sondern seine zugeschriebene Bedeutung und Symbolik für den einzelnen (vgl. hierzu z.B. Weichhart 1990; Neumeyer 1992). Er fungiert damit primär als Kulisse und Erlebnishintergrund raumbezogener Identifikation (vgl. hierzu Abschn. 1.2.2).