Das Problem der sozialen Determiniertheit psychopathologischer Entwicklungen aus der Sicht der marxistisch-leninistischen Persönlichkeitstheorie — methodologische und sozialpolitische Aspekte

Zusammenfassung

Der derzeitige Stand der psychiatrischen und psychologischen Forschungsarbeit erlaubt es nicht, endgültig sichere Aussagen über die Verursachung und Formbestimmtheit psychopathologischer Entwicklungen verschiedener Art zu treffen. Die Unsicherheit und Relativität unseres Wissens um die spezifischen Wirkungen verschiedener sozialer Lebensbedingungen bei psychischen Erkrankungen könnte erstaunlich erscheinen, wenn in Rechnung gestellt wird, daß empirische Untersuchungen dazu bereits seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts betrieben wurden und seither kontinuierlich an Breite und Differenziertheit gewonnen haben. Da jedoch auch die seit noch längerer Zeit und in noch umfassenderer Weise durchgeführten Forschungen zu den biologischen Quellen psychischer Erkrankungen ebenfalls nur relativ bescheidene Resultate an gesichertem Wissen erbrachten, kann der genannte Ergebnisstand im sozialpsychiatrischen Arbeitsfeld nicht als Argument gegen die Legitimität entsprechender weiterer Versuche geltend gemacht werden. Die unzureichenden Resultate beider genannten Richtungen der Ursachenforschung hängen unseres Erachtens weitgehend mit solchen Bedingungen zusammen, wie a) einem außerordentlich hohen Grad an Komplexität der zu analysierenden Prozesse und b) spezifischen Schwierigkeiten der Erarbeitung richtiger methodologischer Konzepte in Bereichen, die die sinnvolle Integration in erheblichem Maße voneinander unterschiedener Begriffs- und Methodensysteme erfordern — einmal solcher der Neurophysiologie, Neurobiochemie u. a. mit denen der klinischen Psychopathologie; zum anderen soziologischer, psychologischer und klinischen Art.