Zusammenfassung
Das Anliegen der Gestalttheorie ist seit jeher von Psychologen mit anderen theoretischen Traditionen gründlich mißverstanden worden. Dies mag zum Teil damit zusammenhängen, daß die Gestalttheoretiker in ihren goldenen Zwanziger-Jahren zunächst mehr darauf aus waren, ihren neuen Ansatz zu erweitern und zu sichern, als ihn anderen systematisch zu vermitteln. Entscheidend jedoch war, daß die weitere Entwicklung der Gestalttheorie und ihre Rezeption in der Fachwelt unter dem Einfluß der darauf folgenden historischen Ereignisse stark beeinträchtigt wurde. Das Jahr 1933 markiert einen jähen Einschnitt in einer bis dahin ungestörten theoretischen Entwicklung und das Ende einer in freier Auseinandersetzung mit anderen Ansätzen in der deutschen Psychologie möglichen Bewährung. Die Wahlheimat der emigrierten Gestalttheoretiker, die Vereinigten Staaten, mit ihrer rein quantitativ erdrückenden Übermacht an empiristisch-behavioristischem Denken boten insgesamt keinen aufnahmebereiten Boden für die inhaltlich und vielleicht auch vom Stil ihrer Selbstdarbietung her fremdartigen Gestaltbegriffe. Die der emigrierten Schule entstammenden neuen Ideen fanden zwar mancherorts und partiell große Resonanz, wurden im allgemeinen aber doch mehr kolportiert als gelehrt, d. h. verkürzt, entstellt und abgetan. Die Gestalttheorie hatte in dieser Situation nicht die Kraft, sich ihrer eigenen Fehlrezeption entgegenzustellen. Sie mußte sich damit abfinden, lediglich in einigen Colleges Amerikas Fuß zu fassen und zu überleben.
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© 1975 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, Darmstadt
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Ertel, S., Kemmler, L., Stadler, M. (1975). Einleitung. In: Ertel, S., Kemmler, L., Stadler, M. (eds) Gestalttheorie in der Modernen Psychologie. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-72312-4_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-72312-4_1
Publisher Name: Steinkopff
Print ISBN: 978-3-7985-0400-4
Online ISBN: 978-3-642-72312-4
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