Zusammenfassung
Das 18. Jahrhundert ist besonders in seiner zweiten Hälfte durch das Bestreben gekennzeichnet, die Medizin zu einer „Wissenschaft des Lebens“ zu vervollständigen.1 Es entsprach der zeitgenössischen Denkstruktur, auch in der Medizin ein System zu schaffen, das den Zusammenhang und die Verwandtschaft der Krankheiten untereinander überschaubar sowie Erkrankung und Krankheit aus einer eigenen Wurzel erklärbar machen sollte. Diesem Versuch stand entgegen, daß der physiologische und pathophysiologische Erkenntnisstand der Zeit eine solche Zusammenschau noch nicht erlauben konnte. Es entstanden zwar eine große Zahl von pathogenetischen Systemen, die sich meist auf eine der rasch aufeinanderfolgenden Einzelentdeckungen in der Physiologie oder in den Naturwissenschaften stützten, sich aber mit ihren jeweiligen Verab-solutierungstendenzen zwangsläufig im Wege standen.
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Anmerkungen
So gekennzeichnet durch Andreas Röschlaub: kritische Bemerkungen über J. Browns System der Medizin. Neues Magazin für die klinische Medizin Bd. 1, Nürnberg 1817, S. 112.
Christoph Wilhelm Hufeland: Ideen über Pathogenie und Einfluß der Lebenskraft auf die Entstehung und Form der Krankheiten. Jena 1795. Vgl. auch ders.: Mein Begriff von der Lebenskraft. Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunde. Bd. 2, Stück 4 (1798), 785–796.
Vgl. hierzu Eduard Seidler: Friedrich Casimir Medicus (1736–1808), Arzt und Botaniker in Mannheim. Therapie des Monats 13 (1963), 132–137.
Paul Diepgen: Vitalismus und Medizin im Wandel der Zeiten. Klin. Wschr. 31 (1931), 1433–1438.
Theodor G. A. Roose: Grundzüge der Lehre von der Lebenskraft. 2. Aufl. Göttingen-Braunschweig 1800. Hieraus auch die Zitate des nächsten Absatzes, 1.c. 2–30.
1.c. 70. Zum folgenden vgl. Hans Driesch: Der Vitalismus als Geschichte und Lehre. Natur- und kulturpolitische Bibliothek Bd. 3, Leipzig 1905. S. auch Paul Diepgen: Vorromantische Medizin. Aschoff-Vorlesungen der Freiburger Med. Gesellschaft Reihe I, 107–141. Freiburg 1941.
Viel diskutiert war die Auffassung von Johann Christian Reil, die Lebenskraft sei „ein subjektiver Begriff, die Form, nach welcher wir uns die Verbindung zwischen Ursache und Wirkung denken“, also ein Produkt des komplizierten Zusammenwirkens der bekannten physikalischen und chemischen Kräfte. In: Von der Lebenskraft. Reils Archiv für die Physiologie 1 (1796), 8–162.
Zu den folgenden Zitaten vgl. Hufelands Pathogenie (1795) sowie seine Abhandlung: Mein Begriff von der Lebenskraft. S. Anm. 2.
„Sie begreift also nicht allein das, was manche Autoren den Bildungstrieb nennen, aber im weitesten Umfang, sondern auch die immer fortdauernde Wiedererzeugung des Ganzen.“ Hufeland (1795), 65.
„Es gibt also Leben auch ohne Äußerung desselben, ohne Bewegung. Es ist genug, wenn noch Reizfähigkeit da ist, oder wenn sie auch selbst fehlt, wenn nur ihre Wiedererwekkung noch möglich ist“ . Hufeland (1795), 110.
Vgl. hierzu Roose (1800), 265: „Neue Benennungen alter Begriffe sind in den Wissenschaften, was das Papiergeld in den Staaten ist. Niemand als der Verbreiter davon kann dabei gewinnen“ .
Mittels der Lebenskraft wird aber auch der Krankheitsreiz überwunden und Heilung herbeigeführt. „Heilkraft der Natur ist daher… die Lebenskraft selbst, auf einen besonderen Zweck angewendet“ .
Über den Begriff der Lebensschwäche und sein Fortwirken noch in der naturwissenschaftlich argumentierenden Medizin vgl. Eduard Seidler und Hermann Hilpert: Zur Begriffsgeschichte der „Lebensschwäche“ . Fortschritte der Medizin 86 (1968), 35–38.
Vgl. hierzu Hufeland (1795), Vorrede, sowie ders.: Erklärung. Med.-chir. Zeitung Bd. 2, Salzburg 1798, 287.
System der practischen Heilkunde. 2 Bde. Wien 1802–1803. Bd. 1, 170–189.
Hufeland (1795), 122.
Zitiert nach der 4. Auflage, Berlin 1838.
Vorrede, VII.
1.c. S. 68f.
Die folgenden Zitate aus dem Kapitel „Natur und Kunst“, 1.c. 1–7.
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Seidler, E. (1985). Christoph Wilhelm Hufelands „Ideen über Pathogenie und Einfluß der Lebenskraft auf die Entstehung und Form der Krankheiten“ (1795). In: Schipperges, H. (eds) Pathogenese. Veröffentlichungen aus der Forschungsstelle für Theoretische Pathologie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-70512-0_6
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