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Die Arzt-Patient-Beziehung in der onkologischen Therapie

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Zusammenfassung

Wann immer zwischen Arzt und Patient darüber gesprochen werden muß, daß der Patient an einer bösartigen Erkrankung leidet und folglich behandelt werden muß, ergeben sich daraus für den Patienten sowie für den Arzt Konsequenzen besonderer Prägung und Schwere. Daß kein „Krebs“ dem anderen gleicht, gehört zum ärztlichen Grundwissen. Aber das Wissen darum, daß Ätiologie, Morphologie, Verlauf und Therapie verschiedener maligner Erkrankungen ganz unterschiedlich sind, schützt auch die meisten Ärzte vor dem Gefühl des Unheimlichen nicht, wenn sie eine solche Diagnose stellen. Waren es vor den Erfolgen der Hygiene und der antiinfektiösen Therapie besonders die schweren Infektionskrankheiten, die als Geißel der Menschheit gefürchtet und verflucht wurden, scheinen die Krebserkrankungen heute an deren Stelle getreten zu sein. Weltweit werden sie wie ein allen gemeinsamer Feind in einem aufwendigen Feldzug bekämpft. Aber wir wissen, daß abgesehen von einigen Krankheitsbildern, z. B. der akuten lymphoblastischen Leukämie der Kinder, dem Chorionkarzinom der Frau und den Seminomen des Hodens (International Union Against Cancer 1982), die Behandlungserfolge bei malignen Erkrankungen immer noch viel zu wünschen übrig lassen. Gerade das macht den Krebs ja so unheimlich, daß kein Krebsregister und kein Feldzug verhindern kann, daß weiterhin Krebszellen gesundes Gewebe infiltrieren, sich in Invasionen über den ganzen Körper ausbreiten. Diese Vorstellungen von ungehindertem heimlichem Wachstum, von unbemerkter Entdifferenzierung, von Anarchie im eigenen Körper sind besonders schwer zu ertragen und verursachen mehr Angst als beispielsweise der streng lokalisierte, „saubere“ Verschluß einer Koronararterie, der dem mechanistischen Erklärungsbedürfnis der modernen Medizin und Lebenswelt weit mehr entgegenkommt. Das hat zur Folge, daß Krebspatienten besonders leicht ins soziale Abseits geraten. Ärzte, ansonsten im Jahrhundert der naturwissenschaftlichen Medizin verwöhnt durch den Erfolg, können sich seiner in der Onkologie nicht sicher sein, und das verunsichert sie in ihrer Beziehung zum Patienten. Wegen ihrer Zweifel an der Wirksamkeit ihrer Heilmaßnahmen können sie den Zweifeln der Patienten nicht angemessen begegnen. Ärzte haben selbst Angst vor dem Tod und haben es, wenn sie ihre eigene Angst nicht bewältigt haben, um so schwerer, den Patienten in ihrer Angst vor dem Sterben zu helfen. Das kann zur Folge haben, daß sie Art und Schwere der Erkrankung vor dem Patienten verbergen, der dann seinerseits seine Beunruhigung verleugnen muß. Allgemein resultiert aus diesen Gegebenheiten, daß die Ärzte sich von ihren Krebspatienten emotional distanzieren.

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Möhring, P. (1984). Die Arzt-Patient-Beziehung in der onkologischen Therapie. In: Scheer, J.W., Brähler, E. (eds) Ärztliche Maßnahmen aus psychologischer Sicht — Beiträge zur medizinischen Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-69588-9_10

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