Lungentuberkulose

Zusammenfassung

Die Tatsache, daß es in diesem auf die Klärung zeitgenössisch wichtiger Fragen der pathologischen Anatomie ausgerichteten Buche ein eigenes Kapitel „Lungentuberkulose“ gibt, wo doch viele Ärzte in Deutschland meinen, die „Tuberkulose als Krankheit“ sei erledigt, bedarf zwar keiner Rechtfertigung, aber einer Vorbemerkung. Es gehört zu den erfreulichsten Tatsachen, daß die Lungentuberkulose seltener geworden ist. In Deutschland starben 1875 (im Ge- biet des damaligen Deutschen Reiches) auf 100000 Einwohner 323, heute - 1975 - (im Gebiet der Bundesrepublik) auf 100000 Einwohner 5 Menschen an „Lungenschwindsucht“ (Lock 1981). Wenn auch Fragen der Epidemiologie und der Veränderung des pathoanatomischen Erscheinungsbildes an anderer Stelle (S. 522) eine besondere Berücksichtigung finden, so müssen doch folgende Tatsachen schon hier angemerkt werden:

• 1. Klinische und pathologisch-anatomische Diagnose, besonders der Lungentuberkulose, stimmen vielfach ganz und gar nicht überein (H. Otto 1977).

• 2. Die klinisch tätigen Ärzte haben heute ein vielfach ungenügend differen- ziertes „Tuberkulosebewußtsein“ (Sighart und Neumann 1979).

• 3. Die offenen Lungentuberkulosen, die wir auch heute noch mit einiger Regelmäßigkeit autoptisch feststellen, betreffen entweder alte Menschen, die ihre Krankheit vor Jahrzehnten erworben hatten, oder sogenannte Gastarbeiter, also Personen, deren Heimat oder völkische Bindung außerhalb des deutschen Sprachgebietes liegt.

• 4. Wir wenden uns also besonders an die Ärzte auch des Auslandes und der „Dritten Welt“, um die seit Jahrhunderten mit großer Regelmäßigkeit auf- tretenden, gleichsam klassischen Hauptmanifestationsformen der Lungentuberkulose nach ihrer Wertigkeit zu verstehen.

• 5. Die wesentlichen Erscheinungsbilder heute sind die gleichen, wie seit eh und je (Jentgens 1981), aber geändert haben sich

  • a) die Epidemiologie, soziale und wirtschaftliche Lebensbedingungen des heutigen Menschen;

  • b) die immunologischen Prämissen und

  • c) der zeitliche Ablauf der Ereignisabfolge der morphologischen Veränderun- gen bei der Tuberkulose. Geändert haben sich schließlich auch

  • d) die therapeutischen Möglichkeiten.